Beeindruckende Aufführung des Münchner Ensembles „Theater … und so fort“ bei den 18. Wasserburger Theatertagen aufgeführt

Michael Weller ist ein preisgekrönter und auch bereits für einen Oscar nominierter Autor. Unter anderem stammt der Text des Musicals „Hair“ aus seiner Feder. Bei den Wasserburger Theatertagen wurde nun sein Stück „bitte nicht stören“ vom Münchner „Theater … und so fort“ aufgeführt. 

Es geht um die Begegnung von Lindy und Adam. Sie ist eine attraktive Enddreißigerin, hat einen erfolgreichen Mann geheiratet, der jetzt Senator werden will, sie hat zwei Kinder, die wohl aus dem Gröbsten heraus sind und trifft, elf Jahre, nachdem sie eine Affaire mit einem erfolgreichen Geschäftsmann hatte, diesen Mann, Adam, in einem Hotelzimmer wieder. Sie sprechen miteinander, niemand hat wohl etwas über ihre seinerzeitige Affaire erfahren. Doch sie spüren beide, sie begehren einander nach wie vor und so schleichen sich schlüpfrige, leicht frivole Bemerkungen in ihren sonst geistvollen Dialog. Sie sind beide verheiratet, haben beide Familie. Im Laufe des Dialogs kommt es heraus. Sie sind beide unglücklich in ihrem Leben und stellen sich nun viele Fragen: Wer ist diese Person, die ich immer noch begehre? Kenne ich diese Person, bei der ich mich seit Jahren erstmals wieder lebendig fühle, wirklich? Wird diese Begegnung Konsequenzen haben? Wenn ja, welche? Will ich diese Konsequenzen?

Sie will ihm einen Kuss geben und fragt gleichzeitig: „Oder sollen wir erst ein Buch lesen, um zu entspannen?“

Beide haben große Sorge, dass es falsch sein könnte, wenn sie sich einander hingeben. „Ich komme nicht einmal mit einem ganz normalen Abend zurecht“, sagt er und sie entgegnet, dass es sehr schwierig sei, neben der Ehe eine Affaire zu haben und niemand dürfe etwas bemerken. Sie beschließen, ihre Begegnung zu beenden und im Theater gibt es eine Pause.

Nach der Pause liegen sie gemeinsam, erfüllt von ihrer innigen Begegnung, nackt im Bett. Und sofort misstrauen sie einander. „Du weißt so wenig von mir“, gesteht sie ihm und sie denken gemeinsam darüber nach, inwieweit ihre Affaire auch Schuld und Sühne nach sich ziehen werde. Und plötzlich kommt alles aus ihnen heraus. Lindy empfindet es noch mehr als Verrat mit Adam zu reden als mit ihm zu schlafen. Sie gesteht, manisch-depressiv zu sein, „durchaus im bipolaren Sinn“. Ihrer Ehe wolle sie entkommen. Und ihr Mann sei überhaupt gar nicht erfolgreich und werde wohl auch nicht Senator sein können, er habe versagt.

Und dann gestehen sich beide: Intimität braucht Mut. Eine Nacht nach über 10 Jahren. Sie sagt ihm: „Verlange von mir, dass ich meine sachen packen soll und wir gehen! Ich will Dich!“ Und er sagt den Satz „Pack Deine Sachen und komm“ und sie will und zögert, hat Angst vor ihrer eigenen Courage, sodass er leicht ironisch anmerkt: „Wir könnten die Leute verärgern, die uns unglücklich machen!“ Er will seine Familie verlassen und mit Lindy einen Neuanfang wagen, doch sie traut sich nicht. „Gib mir fünf Tage Zeit“, sagt sie schließlich und so endet das Stück. Ob sie mit ihm gehen wird, bleibt offen.

Conny Krause und Heiko Dietz spielen das Liebespaar, das sich nicht traut, sich zueinander zu bekennen, in sehr eindringlicher, überzeugender Weise. Stereotype Verhaltensweisen wie die des vernunftgeleiteten, nachdenklichen, stets besonnenen Mannes und der teils hysterischen, verführen wollenden Lindy, die dann doch wieder Rücksicht nimmt auf ihre soziale Umgebung. Er geht den Mut zum Risiko ein, der ihr dann letztlich fehlt, obwohl sie immer wieder dorthin provoziert. Sie hatten eine gemeinsame Zukunft vor sich, die aber keine Realität wurde und auch am Ende dieses Stückes wohl keine werden kann.

Die große Liebe und deren Erfüllung als Illusion ist das Thema dieses Abends. Es ist ebenso wohl ein immerwährendes Thema wie die Tatsache, dass wir einander nicht unbedingt kennen, nur weil wir uns lieben.

Eine große Gratulation an das „Theater … und so fort“ aus München. Es war ein ausgesprochen gelungener Theaterabend, den das Wasserburger Publikum genießen durfte.

 

PETER RINK / Fotos: Christian Flamm