Leiter des Staatliche Gesundheitsamt Rosenheim warnt vor Explosion der Fallzahlen - Der Wochenbericht

Weiter steigende Infektionszahlen im Rahmen der Corona-Pandemie – das meldet das Staatliche Gesundheitsamt Rosenheim in seinem heutigen Wochenbericht für Stadt und Landkreis. „Der bereits in der Vorwoche feststellbare Anstieg der Fallzahlen hat sich in der vergangenen Woche erneut sprunghaft erhöht. Insbesondere die dramatische Überschreitung des Wertes der 7-Tage-Inzidenz in der Stadt Rosenheim von 200 neu Infizierten auf 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen gibt Anlass zu höchster Sorge und findet Ausdruck in der seit Mittwoch, 17. März, gültigen geänderten Allgemeinverfügung mit weitergehenden Verschärfungen der Corona-Regelungen“, so Dr. Wolfgang Hierl, Leiter des Gesundheitsamtes.

Auch der Landkreis Rosenheim hat seit gestern die kritische Marke von 100 in der Sieben-Tage-Inzidenz überschritten.

Aktuelle Lage

Das Staatliche Gesundheitsamt Rosenheim weist darauf hin, dass seit Mitte Februar ein anhaltender und ungebremster Anstieg des Infektionsgeschehens in der Region besteht. In der Stadt Rosenheim wurde der niedrigste Wert der 7-Tage Inzidenz am 18. Februar mit 36,2 erreicht und liegt aktuell bei 207,7. Im Landkreis Rosenheim stieg dieser Wert von 42,5 am 13. Februar auf 106,8 am 18. März.
Seit dem letzten Wochenbericht wurden dem Gesundheitsamt Rosenheim täglich zwischen 11 und 87 neue Fälle gemeldet, dies bedeutet wiederum eine Zunahme im Vergleich zum letzten Wochenbericht.

Besorgniserregende Varianten

Zunehmend gewinnen die besorgniserregenden Varianten des Coronavirus auch in der Region an Bedeutung: Nachdem nunmehr viele Labors das Testverfahren einer variantenspezifischen PCR-Untersuchung (vPCR) etabliert haben, werden dem Gesundheitsamt zunehmend bestätigte Fälle der britischen Variante (B1.1.7.) gemeldet. Bislang wurden dem Gesundheitsamt 738 Fälle einer bestätigten besorgniserregenden Variante gemeldet. Seit dem letzten Wochenbericht wurden 256 Fälle der britischen Variante von zuvor positiv in der PCR getesteten Personen gemeldet. Bislang ist in der Rosenheimer Region weiterhin lediglich ein bestätigter Fall der Südafrika-Variante aufgetreten, über den bereits berichtet wurde. Die brasilianische Mutation wurde nicht nachgewiesen.
Für Verdachtsfälle sowie bestätigte Fälle einer besorgniserregenden Variante gelten strengere Infektionsschutzmaßnahmen: Neben einer 14-tägigen häuslichen Quarantäne, die nicht verkürzt werden kann, ist für die Beendigung der Quarantäne zusätzlich ein negatives Testergebnis erforderlich. Diese Maßnahmen gelten auch für die engen Kontaktpersonen der Kategorie I.

Infektionsschutzmaßnahmen

Trotz steigender Fallzahlen kann das Gesundheitsamt weiterhin die positiv Gemeldeten tagesaktuell telefonisch und schriftlich über ihre Infektion informieren und die erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen anordnen. Auch die engen Kontaktpersonen können zeitnah kontaktiert und ebenfalls eine häusliche Quarantäne angeordnet werden.
Der Anteil der besorgniserregenden Varianten an allen positiven PCR-Ergebnissen ist seit dem letzten Wochenbericht ebenfalls gestiegen und lag in der letzten Woche bei über 60 Prozent. Die britische Variante löst damit das ursprüngliche Virus immer stärker ab, was eine rapide steigende Anzahl von Neuinfektionen zur Folge hat. Die besorgniserregenden Varianten können den Verlauf der Pandemie verschlimmern, zu einer schnelleren Verbreitung der Infektionen, zu schwereren Verläufen, zu erhöhter Sterblichkeit und zu einer Überlastung der Intensivstationen führen. Unklar ist momentan die Datenlage, ob von einzelnen Varianten auch eine schlechtere Schutzwirkung der Impfung resultieren kann.
Dr. Wolfgang Hierl: „Es ist augenscheinlich, dass sich die Region Rosenheim inmitten der dritten Welle befindet. Die Infektionen breiten sich explosionsartig aus und die Fallzahlen gehen durch die Decke. Die Diskussion über weitere Lockerungen kommt zur Unzeit. Auch wenn der überwiegende Teil der ersten Prioritätsgruppe der Coronavirus-Impfverordnung – insbesondere die Bewohner von Heimen – bereits geimpft sind, so gibt es weiterhin eine sehr große Zahl vulnerabler Personen aufgrund Alters oder schwerer chronischer Grunderkrankungen.“
Allein in der Altersgruppe zwischen 70 und 80 Jahren leben in Stadt und Landkreis etwa 31.000 Menschen. Die dominierende britische Variante bewirkt nicht nur eine schnellere Infektionsübertragung sondern sie ist von der Schwere der Erkrankungen auch gefährlicher. In einer aktuellen Studie hat sich nun bestätigt, dass das Sterblichkeitsrisiko bei Patienten, die mit B.1.1.7 infiziert sind, im Mittel um 64 Prozent höher ist.
Der Leiter des Gesundheitsamtes weiter: „Es ist nachvollziehbar, dass nach einem Jahr Pandemie eine körperliche und auch seelische Belastungsgrenze in der Bevölkerung erreicht ist. Die Einschränkung sozialer Kontakte, häufige Anpassungen im Bereich Schule und Kita, Homeoffice und das Fehlen vieler lieb gewonnener und notwendiger Routinen im täglichen Leben tun ihr Übriges. Die Belastungen fordern uns allen eine seit Jahrzehnten in dieser Form so noch nicht dagewesene und bis dato nicht vorstellbare psychische und physische Zähigkeit ab. Aus infektiologischer Sicht aber darf an weitere substanzielle Lockerungen, die unweigerlich eine sprunghafte Zunahme von Infektionen mit sich bringen, erst gedacht werden, wenn die vulnerablen Gruppen in der Bevölkerung weitgehend durch eine zweimalige Impfung geschützt sind. Andernfalls riskieren wir viele schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe. Das ist für mich ethisch nicht zu vertreten.“
Bedeutsam hierbei sei die Tatsache, dass fast die Hälfte aller Neuinfektionen im privaten Umfeld Familie und Freundeskreis stattfinden. Hierl: „Jeder Einzelne ist gefordert, vernünftig, diszipliniert und vor allem liebevoll mit sich und seinen Mitmenschen umzugehen. Das ist für mich gelebte Solidarität. Nur gemeinsam können wir Bürgerinnen und Bürger aus Stadt und Landkreis Rosenheim die aktuelle Krise bewältigen und wir werden sie bewältigen und zwar gemeinsam.“
„Ich appelliere an die Verantwortung jeder Bürgerin und jedes Bürgers, die bekannten AHA-L-Regeln einzuhalten, sich impfen zu lassen und auf Reisen derzeit zu verzichten. Wir haben die Waffen, den unsichtbaren Feind zu bekämpfen und zu besiegen, aber nur ein konsequentes, rücksichtsvolles und mitmenschliches Agieren wird uns alle aus dieser dunklen Zeit herausführen“, bewertet Dr. Wolfgang Hierl, Leiter des Staatlichen Gesundheitsamtes Rosenheim, die Lage.

Infektionsquellen

Infektionsübertragungen ereignen sich weiterhin überwiegend im privaten Umfeld, das ca. 46 Prozent der bekannten Infektionsursachen ausmacht. Etwa 9 Prozent fallen auf den Arbeitsplatz. Vereinzelt (zirka 3 Prozent) kommt es zu Infektionserkrankungen in Einrichtungen wie Kliniken, Pflege- und Behindertenheimen. Als Lichtblick sieht das Gesundheitsamt, dass kaum mehr Infektionen bei Bewohnern von Heimen auftreten. „Dies ist ein großer Erfolg der Impfungen in den Einrichtungen“, so Hierl. Es ereignen sich auch wieder einzelne Fälle und Ausbrüche in Schulen und Kitas (zirka sechs Prozent).

Impfungen

Insgesamt sind zirka 39.300 Impfungen seit Impfstart vor allem in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern sowie dem gemeinsamen Impfzentrum von Stadt und Landkreis Rosenheim auf der Loretowiese erfolgt. 25.579 davon waren Erstimpfungen, 13.681 Zweitimpfungen. Insgesamt 8.454 dieser Impfungen wurden in stationären Einrichtungen sowie betreuten Wohnformen in Stadt und Landkreis Rosenheim verabreicht.
Es wird darauf hingewiesen, dass für die Impfung gegen COVID-19 eine Registrierung unter https://impfzentren.bayern zu erfolgen hat. Es darf sich bereits jeder impfwillige Bürger registrieren, unabhängig von der Priorisierung nach der Coronavirus-Impfverordnung und der jeweiligen Mobilität. Besteht ausnahmsweise keine Möglichkeit zur Internetnutzung, ist auch eine telefonische Registrierung bei der Impfhotline unter der Rufnummer 08031/ 365 8899 möglich.

Fallzahlenentwicklung

Seit dem letzten Wochenbericht mit Stand vom vergangenen Freitag wurden dem Gesundheitsamt 411 neue Fälle (letzte Woche: 297) für Stadt und Landkreis Rosenheim gemeldet. Bisher sind insgesamt 14.446 Fälle von COVID-19 in Stadt und Landkreis Rosenheim aufgetreten (Landkreis: 11.307, Stadt: 3.139). Mittlerweile wurde bei mindestens 12.914 Personen eine ‚Genesung‘ dokumentiert.
478 Personen (477) sind bis zu diesem Zeitpunkt an der Erkrankung gestorben (Landkreis: 425, Stadt: 53). Von den Verstorbenen waren 16 (15) Personen unter 60 Jahren. 328 (328) Verstorbene waren über oder gleich 80 Jahre alt. Dem Gesundheitsamt wurde eine Person gemeldet, die seit dem letzten Wochenbericht verstorben ist. Die Person war unter 60 Jahre, sie war nicht in einem Heim untergebracht.
Bislang wurden dem Gesundheitsamt 738 Fälle (Landkreis 557, Stadt 181) (letzte Woche: 482) einer bestätigten, besorgniserregenden Variante gemeldet. In einem Fall handelt es sich um die südafrikanische Variante (B1.351), über den bereits berichtet wurde, in allen anderen Fällen um die britische (B.1.1.7). Hiervon wurden dem Gesundheitsamt seit dem letzten Wochenbericht 256 Fälle gemeldet. Alle Fälle sind bei der Gesamtfallzahl von COVID-19-Fällen enthalten.
100 (103) COVID-19-Patienten werden aktuell in Stadt und Landkreis Rosenheim stationär behandelt. Hiervon befinden sich 16 Patienten (17) mit schweren Verläufen auf einer Intensivstation.
Die 7-Tage-Inzidenz (Fälle pro 100.000 Einwohner während der letzten 7 Tage) liegt für die Stadt Rosenheim bei 207,71, für den Landkreis Rosenheim bei 106,76 (79,98).
 
Übersicht über Fälle in Gemeinschaftseinrichtungen:
 
 
Übersicht über Infektionsumfeld für den Zeitraum 12. bis 18. März bei neu gemeldeten Fällen:
 
 

Der Altlandkreis (Rosenheimer Gebiet) im Überblick

 

Die Zahlen von vergangener Woche

Die aktuellen Zahlen im Landkreis Rosenheim