Walderdbeerlikör, Tegernauer Käse, Greinbier und Portionsbutter: Werke von Hugo Bayer

Bürgermeister Michael Kölbl und Stadtarchivar Matthias Haupt freuten sich dieser Tage über einen besonderen Zuwachs der Bestände des Stadtarchivs:
Von der Erbengemeinschaft Hugo Bayer konnte dessen graphischer Nachlass erworben werden, welcher nun als Kulturgut dauerhaft im Stadtarchiv gesichert, verwahrt und auch für die Öffentlichkeit weitergehend ausgewertet werden kann.

Hugo Bayer wurde 1915 in Freising geboren. Als er fünf Jahre alt war, zog die Familie nach Wasserburg um. Dort besuchte Bayer die Volksschule und das Gymnasium, bevor er 1932 nach Berlin übersiedelte, um dort in den Priesterdienst zu treten. Die katholische Kirche verwehrte ihm allerdings diesen Wunsch aufgrund seiner Schwerhörigkeit. Dennoch war Bayer bis 1943 Mitglied des Salvatorianer-Ordens. Er studierte Kunst- und Gebrauchsgraphik an der Meisterschule für Graphik und Buchgewerbe in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Bayer nach Wasserburg zurück, gründete eine Familie und war als freischaffender Maler und Graphiker tätig. Schnell wurde er zum örtlichen Marktführer und arbeitete langjährig für zahlreiche regionale Firmen, wie beispielsweise die Molkereien Meggle und Bauer, die Brennerei Otto Sigl sowie die Brauereien Grein und Bruckbräu.
Foto: Regina Schürer übergibt Bürgermeister Kölbl den Nachlass im Namen der Erbengemeinschaft.
 
Bayers Nachlass enthält Werke und Dokumente aus allen wichtigen Schaffensphasen des Graphikers und Malers: Kalligraphisch gestaltete Textblätter sowie Motive mit religiösem Kontext, u.a. aus seiner Studienzeit, Werbematerialien wie Plakate, Prospekte, Briefköpfe und Logos für Firmen aus seiner Tätigkeit als freischaffender Graphiker.
Bayer beherrschte neben seinem eigentlichen Handwerk – der Graphik – auch ausgezeichnet verschiedene Schrifttypen sowie den Linolschnitt, indem er äußerst geschickt seine Plakatentwürfe umsetzte. Aufgrund dieser vielfältigen Begabung trat er nicht nur als Werbegraphiker in Erscheinung, sondern darüber hinaus als Buchillustrator und Gestalter von kalligraphischen Texten, Grußkarten sowie Andachtsbildern, die große Verbreitung fanden. Die Firmenlogos, die er zum Beispiel für Meggle oder Bauer entwarf, sind mittlerweile international bekannt. Anhand des Nachlasses, der Arbeiten aus seiner langjähriger Tätigkeit für die Unternehmen umfasst, lässt sich ein Stück regionaler Wirtschaftsgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ablesen.
Bayers Graphiken zeugen von einer Vielseitigkeit, denn als Auftragsarbeiten waren sie selbstverständlich auf die Bedürfnisse und Erwartungen des jeweiligen Auftraggebers zugeschnitten. Gleichzeitig lässt sich jedoch häufig der individuelle Stil des Künstlers in seinen stilisierten Figuren, der kontrastreichen Farbgestaltung und der kraftvollen Linienführung erkennen. Zudem zeugten seine Arbeiten von einem (Kunst-)Handwerk, das inzwischen fast vollständig durch digitale Anwendungen ersetzt wurde und somit beinahe ausgestorben ist.

Von links: Produktverpackung mit Stadtsilhouette und Kleeblattbutterproduktattrappe für die Firma Meggle, Gestaltungen für die Firma Bauer, ein Plakatentwurf für die Süddeutsche Zeitung, die Produktattrappe ‚Tegernauer Portions-Edamer‘ und Plakatgestaltungen (hier zum Wasserburger Frühlingsfest) gehören unter anderem zum Nachlassbestand.
Dass auch ein Interesse der Öffentlichkeit an Bayers Werken besteht, konnte die Sonderausstellung Hugo Bayer. 50 Jahre Graphik in Wasserburg im Städtischen Museum im Jahr 2006 und deren Resonanz in den Medien zeigen.
Der übernommene Bestand wird nun in der nächsten Zeit im Stadtarchiv genauer erschlossen. Sicher wird er daraufhin auch nochmals ausführlicher vorgestellt.