Küchenchef Florian Neumayer über die Schulter geschaut - Essen für die Buben und Mädchen, das satt macht und gesund ist
Die Küche im Kinderdorf verköstigt täglich rund 250 Kleinkinder, Kinder und Jugendliche sowie Mitarbeitende aus dem Caritas-Kindergarten, der Schule und der Einrichtung in Irschenberg selbst. Neben einer ausgewogenen Ernährung sieht das Kinderdorf darin auch einen Bildungsauftrag: Die nachkommende Generation fit zu machen – mit Lebensmitteln, dem Kochen und dem gesunden Essen.
Die Herausforderung, vor der Florian Neumayer als Küchenchef (Foto) seit sechs Jahren steht, ist es, jeden Tag ein Mittagsmenü zusammenzustellen, das all seinen Gästen im Alter zwischen zwei und über 60 Jahren schmecken soll und gleichzeitig gesund ist.
Ein Mittagessen für 250 Kinder, Jugendliche und Mitarbeitenden – das heißt für alle das Gleiche und keine Wahlmöglichkeit. Das macht ihm die Aufgabe nicht leichter. Doch der in Rosenheim geborene Koch ist überzeugt: „Wie in einer Familie bekommen bei uns alle das Gleiche. Wir sind keine Kantine mit Auswahlmöglichkeiten. Das wäre nicht lebensnah.“
Wenn man Kinder fragt, was sie sich zum Essen wünschen, dann entspricht deren Wunsch nicht zwangsläufig der Form der gesunden Ernährung, wie sich die meisten Eltern diese vorstellen. Dennoch hat das Kinder- und Jugendparlament des Caritas-Kinderdorfs die Mädchen und Buben in der Jugendhilfeeinrichtung, im sozialpädagogischen Förderzentrum und der heilpädagogischen Tagesstätte mit Hilfe eines Fragenbogens an der Entwicklung eines abwechslungsreichen Speiseplans beteiligt.
Dabei ging es nicht nur um die Partizipation der Betreuten sondern auch um die Beteiligung der Belegschaft in den Kinderdorfhäusern und der Verwaltung in Irschenberg.
Die Essen entsprechen den Vorgaben der so genannten „Bremer Checkliste“, die Kindertagesstätten als Orientierung für die Gestaltung des täglichen Mittagessens und des Wochenspeiseplans dient.
Entwickelt vom Bremer Leipniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS GmbH) sieht diese innerhalb einer Fünf-Tage-Woche jeweils ein qualitativ hochwertiges Fleischgericht, ein Eintopf- oder Auflaufgericht, ein vegetarisches Vollwertgericht, ein Seefischgericht und ein Wunschessen der Kinder vor.
Außerdem sollte es zwei- bis dreimal frisches Obst als Nachtisch geben, zwei- bis dreimal Rohkost oder frischen Salat und mindestens zweimal frische Kartoffeln. Der 39-jährige Koch und Vater von zwei Kindern legt Wert darauf, die Mädchen und Jungen neben der regionalen Küche auch neugierig auf Gerichte aus anderen Kulturen zu machen.
Dass nach dem Kindergarten oder der Schule eine frisch gekochte, warme Mahlzeit auf dem Tisch steht, ist für einige Kinder im Kinderdorf eine Erfahrung, die sie in ihren Herkunftsfamilien nicht machen durften.
Neumayer, der auch eine Ausbildung in der ayurvedischen Küche absolviert hat, ist es zudem wichtig, dass sie eine große Bandbreite an Nahrungsmitteln und verschiedene Geschmacksrichtungen kennenlernen sowie eine Wertschätzung für Lebensmittel entwickeln.
Da wird auch schon einmal mit dem Küchenteam statt Fischstäbchen ein ganzer Fisch auf die Teller gezaubert. Sie sollen das ganze Produkt sehen und unter Anleitung lernen, es zu essen. Alltagspädagogik nennen das die Verantwortlichen im Caritas Kinderdorf. Die Kinder und Jugendlichen auf ein selbstbestimmtes Leben vorzubereiten. Dazu gehören auch das gemeinsame Einkaufen in der Nachbarschaft, das Kochen in den Wohngruppen am Abend und an den Wochenenden sowie das tägliche Frühstück. So wird Familie vorgelebt Tag für Tag.
Neben dem Mittagessen erhalten die 12 Kinderdorffamilien aus der Küche z. Z. schon einmal einen Seelentröster in Form einer Obst- und Früchteschale oder eines Kasten Limonade vor die Türe gestellt. Die kleine Zugabe zwischendurch soll den Kindern und Jugendlichen in den Häusern den Alltag mit all den Einschränkungen und Kontaktbeschränkungen durch die Pandemie ein bisschen erleichtern.
Das positive Ergebnis der Befragung, wie den Mädchen und Jungen das Mittagessen aus der Gemeinschaftsküche schmeckt, wie abwechslungsreich es ist, welche Lebensmittel sie mehr oder weniger oft serviert bekommen möchten, wird ernst genommen.
Es gibt eine gute Orientierung. Der motivierte Küchenchef wird ihnen aber auch zukünftig immer wieder neue Variationen der Zubereitung bekannter Nahrungsmittel offerieren und sie mit neuen Kompositionen überraschen. Denn er will, dass jeder selbst entscheidet, ob etwas schmeckt oder nicht. Und dazu muss er erst einmal die Chance bekommen, es kennenzulernen.
Besonders beliebt sind laut Umfrage die Aktionswochen, wie eine WM- oder Kartoffelwoche, und – wenig überraschend – die Wunschessen, die es einmal pro Woche gibt. Dann können sich die Geburtstagskinder ihr Lieblingsmenü für diesen Tag wünschen. Da gibt es auch schon einmal Chicken-Nuggets mit Pommes Frites oder eine süße Mehlspeise als Hauptgang.
Auch das wird dann an diesem Tag allen 250 Speisenden serviert. So, wie es in einer Familie üblich ist …
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