Momentaufnahmen der heimischen Lebensart aus den 1950er Jahren: Eine Ausstellung im Bauernhausmuseum
Wissen, was man beim »Rossboinklaum« macht oder was ein »Britschhaferl« ist: Diese und noch viele weitere Mundartbegriffe hebt Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler aus dem reichen Schatz des bairischen Dialekts – bei »ausgesprochen bayerisch«, einer Ausstellung mit Fotografien von Paul Ernst Rattelmüller im Bauernhausmuseum Amerang.
Seinen fundierten, dabei aber immer auch mit einem Augenzwinkern unterhaltsam präsentierten Erläuterungen – sie stehen in dieser Ausstellung den Fotos gegenüber. Als einer der Amtsvorgänger Göttlers hat Paul Ernst Rattelmüller bereits ab den 1950er-Jahren bäuerliches Leben, Sitten, Feste und religiöse Bräuche im Jahresverlauf in Oberbayern bildlich festgehalten. Noch bis zum Sonntag, 7. November, zu sehen. Dann schließt das Museum um 17 uhr seine Pforten zur Winterpause …
Alltagsleben früher
Es sind keine perfekt inszenierten Hochglanzfotografien für Tourismusbroschüren, sondern der liebevolle Blick auf die oberbayerische Heimat, weit entfernt von jedem kitschigen Klischee. Im Zusammenspiel mit den Texten Norbert Göttlers gehen sie in dieser Ausstellung eine ungewöhnliche Symbiose ein und eröffnen gerade in der Gegenüberstellung überraschende und unbekannte Einblicke in Land und Leute.
Rund 8000 Farbdiapositive Rattelmüllers sind im Archiv des Bezirks Oberbayern erhalten und in der Zwischenzeit digitalisiert worden. Sie dokumentieren das in den Nachkriegsjahren mühsame, oftmals in schwerer Handarbeit zu bewältigende Bauernleben ebenso wie die Fertigkeiten von Handwerkern, die heutzutage fast vergessen sind. Auch damals noch im Jahreslauf fest verwurzelte oberbayerische Bräuche wie das Frauentragen, Glockenlaufen, Maibaumaufstellen oder der Ochsenritt in Bichl sind im Bild festgehalten – und das alles ohne Eintritt zahlendes Publikum, auf noch ungeteerten Straßen oder vor Häusern ohne Satellitenschüsseln.
Ein frischer, unverfälschter und liebevoller Blick
Die Fröhlichkeit beim Musimachen, Hochzeitfeiern oder im ausgelassenen Faschingstreiben wirkt auch heute noch ansteckend. Grad raus und unverstellt, lebensfroh und tiefgründig wird in der Ausstellung keine sentimentale Rückschau auf die »gute alte Zeit« gehalten, sondern es werden die Menschen einer Region, ihre Lebensart und ihre Bräuche in den Fokus gerückt. Gezeigt wird, was damals wie heute so »ausgesprochen bayerisch« ist.
Idee: Dr. Norbert Göttler, Bezirk Oberbayern | Kuratorin: Dietlind Pedarnig, Allitera Verlag
Zur Ausstellung erschienen: Ein Buch und ein Wochenkalender 2022.
Beide Artikel sind im Museumsladen erhältlich.
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