Bauausschuss setzt auf Klimaschutz durch erneuerbare Energien in der Altstadt
Denkmalschutz und Klimaschutz vereinen, darin ging es in einem Bürgerworkshop in Wasserburg. Professor Georg Sahner vom Büro „G. A. S.“ stellte in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses die Ergebnisse des Bürgerforums vor und das Gremium war sich einig, Modellprojekte für die Gewinnung von regenerativen Energien zu starten.
Drei Themenblöcke diskutierten die Bürger beim Workshop. Dabei ging es um die Bedeutung der Wasserburger Altstadt, die Akzeptanz von Photovoltaikanlagen sowie ergänzende Maßnahmen zur Deckung des Strombedarfs.
„Das intensive Altstadtleben wird von den Bürgern geschätzt“, fasste Sahner die Beiträge zum Workshop zusammen. Gleichzeitig sei das Interesse groß, auch hier erneuerbare Energien umzusetzen. Nun gelte es, Hilfestellungen anzubieten, um Klimaschutz in der Wärme- und Stromgewinnung zu ermöglichen. Beratungsangebote und gegebenenfalls eine Änderung der Gestaltungssatzung seien hier nötig. Dabei gehe es nicht um Einschränkungen. Die Stadt solle besser „zeigen, wie Bürger etwas umsetzen können – und nicht, was sie nicht dürfen“, so Sahner.
Deshalb will Wasserburg nun ein Pionierprojekt starten: Im Altstadtbereich sollen regenerative Energien realisiert werden. „Wir brauchen PV-Anlagen“, betonte Christian Stadler (Grüne) und schlug vor, mittels Musterprojekten zu zeigen, welche optischen Voraussetzungen diese in Wasserburg erfüllen müssten.
Neben der solaren Energiegewinnung solle die Stadt laut Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann weitere klimaneutrale Stromerzeugung wie Blockheizkraftwerde nicht außenvor lassen. „Wir sind auf einem guten Weg“, betonte sie, aber: „Man kann mehr machen als PV auf dem Dach“.
Im nächsten Schritt solle abgefragt werden, „ob jemand Interesse hat, bei so einem Projekt mitzuwirken“, so Bürgermeister Michael Kölbl. Daraufhin soll das Modellprojekt auf den Weg gebracht werden. Dem Vorschlag stimmte der Bauausschuss einstimmig zu. „Wenn Projekte da sind, mit denen wir starten können, kommt das Thema wieder in den Bauausschuss“, schloss der Rathaus-Chef.
Verständnisfrage: Wie viele Bürgerinnen und Bürger haben an den Workshops teilgenommen? Und verstehe ich das richtig, die Mehrheit ist dafür, aber es hat sich aktuell noch niemand unter den Teilnehmern gefunden, der ein Projekt angehen möchte? Waren denn dann überhaupt Altstadthaus-Eigentümer bei diesen Workshops dabei? Vielleicht hat dazu ja jemand Infos. Danke!
Also der Workshop war nicht übermäßig stark besucht, inhaltlich wurde jedoch sehr konstruktiv gearbeitet. Und es waren auch Eigentümer von Altstadthäusern dabei. Sehr wahrscheinlich werden sich darunter auch welche befinden, die sich jetzt bereit erklären werden, auf ihrem Dach eine Musteranlage verwirklichen zu wollen. Allerdings ist auch nicht jedes Dach für eine solche Musteranlage gleichermaßen geeignet. Während es z.B. bei „normalen“ PV-Anlagen vorteilhaft ist, wenn das Dach nicht einsehbar ist, sollten im Gegensatz dazu die Musteranlagen von irgendwo im öffentlichen Raum gut zu sehen sein. Auch sollten alle Hauseigentümer in der Altstadt die Möglichkeit haben, sich für ein solches Musterprojekt zu bewerben. Deshalb wird dazu nochmal öffentlich aufgerufen.
Danke für die Infos.
Photovoltakanlagen schön und gut, nur was ist mit der entsorgung des giftes? Gut zu wissen das die mehrheit dafür ist, ich als altstadtbewohner war weder eingeladen noch wuaste ich was darüber.
Die Einladung stand in den Wasserburger Heimatnachrichten Nr. 17, auf der Website der Stadt und auch in der Wasserburger Stimme: https://www.wasserburger-stimme.de/blog/2021/09/30/mitdenken-mitreden-mitgestalten-2/
So als ob man nichts besseres zutun hat wie täglich auf die seite der stadt zuschauen und die heimatnachrichten liest doch auch niemand.
Es waren in der Altstadt mit vielen Plakaten und in der Heimatnachrichten eine Aufforderung zum mitmachen.Es war schade das nicht mehr Leute dabei waren.
‚wer Interesse hat bei dem Projekt mitzuwirken‘ Darf das jedermann sein oder nur Stadthausbesitzer die so was umsetzen wollen?
Am Workshop ‚Vereinbarkeit von Denkmalschutz und erneuerbaren Energien‘ habe ich als Eigentümer eines Altstadthauses teilgenommen.
Leider ging es inhaltlich fast ausschließlich um Strom aus PV-Anlagen in der Altstadt und für einige der Teilnehmer v.a. darum, wie man solche Anlagen verhindern kann. Eine in Zukunft vollständige Deckung des Strom- und Wärmebedarfs durch erneuerbare Energien (Klimaschutzbeschluss) wurde nicht angesprochen. Das Heizen unserer Gebäude macht aber den mit Abstand größten Anteil am Energiebedarf aus.
Die von Prof. Sahner vorgestellten Vorschläge zur Stromerzeugung der Altstadt waren vage und zeugten von überschaubarem Wissen zu erneuerbaren Energien. Rechtliche Aspekte und Kostenbetrachtungen kamen gleich gar nicht vor. Es ist ja z.B. so, dass Altstadtbewohner, wie jeder andere auch, ein Recht darauf haben, erneuerbaren Strom zum Eigenverbrauch zu produzieren. Und wer wie Prof. Sahner uns Altstadtbewohnern ernsthaft vorschlägt, Strom lieber aus Brennstoffzellen statt aus PV-Anlagen zu erzeugen, sollte auch dazu sagen, dass dies ein Vielfaches an Stromkosten bedeutet.
Insgesamt ging der Workshop leider weitgehend an einem wichtigen Thema vorbei. Ohne eine 100% erneuerbare Energieversorgung wird die Wasserburger Altstadt sehr starke Strom- und Heizkostensteigerungen erleben. Beschleunigte Gentrifizierung und/oder zunehmender Leerstand wären die Folge. Dass es so nicht kommen muss, zeigen z.B. Freising und Dorfen. In beiden Städten investieren die Stadtwerke massiv in eine zukunftsfähige Infrastruktur und bieten ihren Altstadtbewohnern flächendeckend eine klimaneutrale Strom- und Wärmeversorgung an. Wieso nicht auch bei uns?
Das mit dem Recht auf Eigenproduktion von Strom klingt ja interessant. Leider konnte ich trotz redlichem Bemühens dazu nichts finden. Wäre nett, wenn sie dazu noch eine Quellenangabe oder gar ein Grundsatzurteil liefern könnten. Ein „Recht auf Eigenproduktion“ gibt es nach den Quellen, die ich finden konnte, nur insofern, als dass man vom Netzbetreiber nicht verpflichtet werden kann, den selbst produzierten Strom einzuspeisen. Zu einem Grundrecht auf die Montage von Solaranlagen auch auf denkmalgeschützten Gebäuden konnte ich leider nichts finden. Da sie anscheinend hervorragend Bescheid wissen, wäre die Bitte, dass Sie das noch etwas vertieft ausführen.
Quelle: RICHTLINIE (EU) 2018/2001 Art. 21 Abs. 6 (RED II-Richtlinie)
RED II fordert von den EU-Mitgliedsstaaten u.a., dass „alle Endkunden, einschließlich einkommensschwacher oder bedürftiger Haushalte, Zugang zur Eigenversorgung mit erneuerbarer Elektrizität erhalten“.
Nach meinem Verständnis bedeutet das zwar nicht, dass jeder Stromverbraucher unabhängig von Denkmalschutzaspekten eine PV-Anlage auf’s Dach montieren kann. Ein genereller und entschädigungsloser Ausschluss von PV-Nutzung, wie er durch die aktuelle Gestaltungssatzung erfolgt und auch beim Workshop mehrfach gefordert wurde, steht aber im Widerspruch zu RED II.
Lösungen für die Wasserburger Altstadt, die sowohl dem Denkmalschutz als auch RED II genügen, lassen sich sicher finden. Dazu braucht es einerseits die Akzeptanz der (klimapolitischen) Realitäten und andererseits den Willen zu kreativen Lösungen.
Ob Bürgermeister und Stadtrat diese aufbringen, wird sich zeigen.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, Zeit und Geld in die Überarbeitung der Gestaltungssatzung zu investieren. Bisher fehlt es ja v.a. an der Bereitschaft, diese durchzusetzen. Nicht wenige der bestehenden Solaranlagen in der Altstadt wurden nie genehmigt, werden aber stillschweigend geduldet, z.T. seit vielen Jahren.
Zunächst vielen Dank für die Quellenangabe. Das ist wirklich interessant. Allerdings wissen Sie sicher auch, dass EU-Richtlinien keine unmittelbare Rechtskraft entfalten, sondern – vereinfacht formuliert – eine Aufforderung der EU an deren Mitgliedsländer darstellen, diese auf nationaler Ebene in geltendes Recht umzuwandeln. Zu beklagen ist hier also (einmal mehr) der mangelnde Umsetzungswille und die fehlende Tatkraft der aktuellen Bundesregierung. Der Stadt Wasserburg kann man diesbezüglich also keinen direkten Vorwurf machen. Diese scheint im Gegenteil – so zumindest meine Interpretation – ihre Hausaufgaben zu machen, um vorbereitet zu sein, wenn diese EU-Richtlinie doch noch in der deutschen Gesetzgebung ihren Niederschlag findet. Ich gebe Ihnen vollumfänglich Recht, wenn sie schreiben, dass es Lösungen geben wird, die sowohl dem Denkmalschutz als auch der RED II-Richtlinie Genüge tun. Ein Workshop, wie er stattgefunden hat, ist m.E. ein durchaus probates Mittel, solche Lösungen zu erarbeiten. Wenn hier auch Teilnehmer dabei waren, welche dem Denkmalschutz einseitig Vorrang vor dem Klimaschutz einräumen, so mag man das als nervig empfinden. Es ist jedoch weder zu verhindern, noch ist es der Konsensfindung zwingend abträglich. Im Gegenteil setzt eine Konsensfindung ja voraus, dass zuvor konträre Meinungen aufeinanderprallen.
Auch halte ich es für zielführend, wenn die erarbeiteten (Muster-)Lösungen in eine städtische Gestaltungssatzung Eingang finden. Wie weit die Umsetzungsprobleme bei der bestehenden Satzung gehen, kann ich nicht beurteilen. Zu verantworten hätte diese aber die Bauaufsichtsbehörde, was bei einer Stadt in der Größe Wasserburgs wohl das Landratsamt sein dürfte. Generell aber sind gestalterische Mindestanforderungen mit einer Gestaltungssatzung erheblich effizienter durchzusetzen als ohne. Gerade auch Lösungen, die Denkmalschutz und Klimaschutz vereinbaren, sind mit Satzung besser durchsetzbar.
EU-Richtlinien sind von den Mitgliedsstaaten verpflichtend in nationales Recht umzusetzen. Das ist bei RED II seit nunmehr 3 Jahren von Deutschland nicht gemacht worden, zum Nachteil sehr vieler Stromkunden. Die neue Bundesregierung wird kaum so weitermachen (können), sie würde dadurch ihre Glaubwürdigkeit beim Klimaschutz riskieren.
Die Haltung von Bürgermeister und Stadtverwaltung zu erneuerbaren Energien in der (Alt-)stadt ist zumindest ambivalent. Die letzte Novelle der Gestaltungssatzung führte ein faktisches Verbot von PV-Anlagen ein. Auch damals war schon klar, dass das mit den eigenen Klimaschutzzielen nicht zusammenpasst und die Altstadtbewohner zudem mit erheblichen Zusatzkosten belastet. Derzeit haben die Altstadtbewohner aufgrund des PV-Verbots vermeidbare Mehrkosten beim Strom von mehreren Hunderttausend Euro pro Jahr.
Warum die Gestaltungssatzung zudem auch nicht konsequent umgesetzt wird, bleibt unklar. Bei PV-Anlagen besteht die ganz spezielle Situation, dass ein Teil der Verwaltung diese Anlagen unter Genehmigungsvorbehalt stellt (Bauamt) und gleichzeitig ein anderer Teil ungenehmigte PV-Anlagen problemlos an’s Stromnetz anschließt (Eigenbetrieb Stadtwerke).
Wollte man die Gestaltungssatzung effektiv durchsetzen, wüsste man in Wasserburg auch, wie das geht. Im Bereich Abfallwirtschaft hat die Stadt z.B. seit langem alle erforderlichen Befugnisse.
Auch die Suche nach Altstadtdächern für ein ‚Modellprojekt‘ ist verwunderlich. Die Stadt ist Eigentümerin einer ganzen Reihe von denkmalgeschützten Gebäuden in der Altstadt. Naheliegend wäre es doch, mit geeigneten Dachflächen im eigenen Bestand zu beginnen.
Verstehe wer will, warum man nun die Altstadt Dächer mit PV Anlagen bestücken will. Sicherlich sind in den Jahrzehnten schon einige andere „ästhetischen Auswüchse“ plaziert worden, aber gibt es dafür überhaupt einen vernünftigen Grund?
Unabhängig von den bekannten Schwächen der Stromerzeugung über PV Anlagen, wird in dieser Kessellage,
bei flacher Sonneneinstrahlung in Frühling und Herbst, Winter, die Ausbeute relativ überschaubar sein.
Wenn man solche Anlagen wieder verstärkt ausbauen möchte, gibt es sicher besser geeignete Flächen, in Gewerbegebieten, wo man das „feine Industriedesign“ noch ein wenig aufpäppen könnte.
Mit unserem Kraftwerk vor der Stadt, wären wir wahrscheinlich eine der wenigen Städte, die ihren Energie Hunger wahrlich CO2 frei decken könnten; inkl. der Heizenergie und wahrscheinlich würde es auch noch für die Mobilität (ÖPNV) reichen; aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Wer mag, kann ja mal nach dem Solarkataster Rosenheim googeln. Da gibt es auch die Werte für die Stadt Wasserburg. Die Altstadt ist keineswegs durch die Kessellage verschattet, sondern bietet im Gegenteil die höchste Dichte an geeigneten Dachflächen. Dass es darüber hinaus auch noch weitere geeignete Flächen gibt, ist sicher richtig. Aus irgendwelchen Gründen wurden diese bislang nicht in dem Maß umgesetzt, wie das wünschenswert wäre. Das ist allerdings kein Grund, den Eigentümern von Altstadthäusern den Zugang zur umweltfreundlichen Energieerzeugung weiterhin so rigoros zu beschneiden, wie das bisher der Fall war. Dass das nicht gleich in einen „ästhetischen Auswuchs“ führen muss, war ja wohl das Ziel des Workshops.