Nachrückerin im Werkreferat erhielt Gegenkandidaten - Letztlich einstimmige Entscheidung
„Man wird doch zumindest noch einen weiteren Kandidaten vorschlagen dürfen“, fand Stadtrat Josef Baumann (Freie Wähler Reitmehring), als es gestern Abend um die Nachfolge der scheidenden Werkreferentin Katharina Hausmann ging. Denn in der Beschlussvorlage stand der Vorschlag, dass die nachgerückte und kurz zuvor vereidigte Stadträtin Monika Rieger auch den Posten der Werkreferentin innehaben solle. Die Annahme, der Beschluss sei reine Formsache, wurde schnell begraben.
CSU-Stadtrat völlig überrascht
Da sich Josef Baumann ohne vorher mit der CSU darüber zu sprechen, mit dem Vorschlag an das Stadtratsgremium wandte, kam dessen Vorschlag auch für Stadtrat Georg Machl völlig unerwartet. Leicht errötet im Gesicht stockte der frisch nominierte Gegenkandidat als Werkreferent und zeigte sich irritiert. Ein paar Sekunden der Überlegung reichten ihm dann zunächst, um die Kandidatur anzunehmen. „Wir wussten nichts davon“, betonte die Fraktionsvorsitzende der CSU, Heike Maas.
Startschuss für raues Wortgefecht
Verdutzt wirkte auch der Zweite Bürgermeister, Werner Gartner, der in Vertretung für den entschuldigten Michael Kölbl den Sitzungsvorsitz übernahm. In der Aula der Mittelschule wurde es tumultartig laut, ein Hin und Her bahnte sich an. Die Wortmeldungen nahmen zu. Er finde es schade, dass man sich hier nicht gelungener unter den Fraktionen im Vorfeld beraten und ausgetauscht hätte, zeigte sich Werner Gartner enttäuscht vom Vorgehen Josef Baumanns.
Baumann hingegen ließ die Kritik nicht wirken, sondern zeigte sich überzeugt, dass man mit einem erfahreneren Stadtrat, der zudem bereits im Werkausschuss aktiv sei, möglicherweise bessere Unterstützung habe, als mit einer frisch in den Stadtrat gezogenen Stadträtin. „Wir haben gerade eine schwierige Zeit für die Stadtwerke zu verzeichnen“, betonte Baumann. Ihm zur Seite sprang auch Dr. Hermann Budenhofer, der sich ebenfalls dafür aussprach, in der angespannten Lage und dem derzeitigen Fakt mit neuem Badria-Leiter und noch frischem Werkleiter, einen eingearbeiteten Stadtrat als Werkreferent zu präsentieren.
Die Grüne Stadtratsfraktion empörte sich sehr, dass ihre nachrückende Stadträtin nicht zügig als Werkreferentin beschlossen wurde. „Es ist unerhört“, zeigte sich Steffi König verärgert. Christian Stadler versuchte, seinen Frust in adrette Worte zu packen: „Hätten wir uns bei den Beratungen rund um die Ausschuss-Mitglieder auch so verhalten, anstatt kollegial zu beraten, wäre ein echtes Durcheinander entstanden“, so Stadler.
Ping Pong über lange Zeit
Friederike Kayser-Büker stellte die Frage, welches Referenten-Amt die CSU-Fraktion dann abgeben wollen würde, falls der Werkreferent durch Georg Machl personalisiert werde. Hier schienen die Ansichten besonders unterschiedlich zu sein. Ein langes Gemenge an Wortmeldungen und mühseligen Beiträgen folgte.
So bemerkte Elisabeth Fischer, dass sie ihr Kindergartenreferat in grüne Stadtratshände gegeben hätte, ohne großen Groll zu hegen. Dem Widersprachen die grünen Stadträtinnen und der grüne Stadtrat sehr, zeigten Unmut in Bezug auf die Diskussionsrunde und fanden schlussendlich Mitstreiter, die eine Beendigung der Redebeiträge beantragten.
Mit 19 zu 3 Stimmen wurde das Diskussionsende beschlossen, bis sich Georg Machl nochmals stark zu Wort melden wollte: „Es soll nicht Ziel des Stadtrats sein, sich zu streiten. Wir sollen gemeinsam etwas bewegen. Ich fühle mich geehrt, dass ich von Sepp Baumann als Kandidat vorgeschlagen wurde, aber wenn meine Kandidatur zu solchen Streitgesprächen führt, möchte ich das nicht. Dann bin ich lieber aktives Mitglied im Werkausschuss und ziehe deshalb meine Kandidatur als Werkreferent zurück“, sprach Machl klar, sachlich und durchaus besonnen.
Er vertraue Monika Rieger, sich intensiv in die Thematik rund um das Werkreferat einzuarbeiten und wünsche sich fortlaufend gute Gespräche und Entscheidungen im Werkausschuss. Die Worte Machls blieben nicht unkommentiert. Nach einem deutlichen Applaus kam es zu Dankes-Bekundungen – mal kurzer Natur, mal von längerer Dauer. Für viele der anwesenden Räte waren diese Beiträge unnütz, anderen war es wichtiges Zeichen, sich hier abschließend einzubringen.
Die anschließende Abstimmung wurde einstimmig für die nun neue Werkreferentin Monika Rieger entschieden. Auch Josef Baumann stimmte für Rieger.
REGINA MITTERMAIR
Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht, aber mit dem Verständnis von demokratischen Prozessen – wie einer Wahl – das sich mittlerweile durch alle Ebenen der Politik zieht komme ich nicht so ganz klar. Habe ich einen Kandidaten, dann spricht man von einer Wahl. Habe ich zwei oder mehr Leute für einen Posten, dann ist es eine „Kampfkandidatur“ – oder wie jetzt im Stadtrat ein Vorgang, der für „Wortgefechte“, „Tumulte“ etc. sorgt.
Man hat schon den Eindruck als gehe es mehr um Postengeschachere als um die Sache.
Warum muss ein Kandidat einstimmig gewählt werden? Darauf hat er doch keinerlei Anspruch. Wenn es die Richtige Person für den Posten ist, dann wird er seine Arbeit genauso gut machen, wenn er „nur“ mit 51% gewählt wurde. Es bedeutet ja auch nicht automatisch, dass die hier beispielhaft verbleibenden 49% gegen den Kandidaten sind. Es kann ja auch sein, dass ihnen ein anderer Kandidat noch ein kleines Stück mehr zusagt.
Wahlergebnisse mit 100% Zustimmung sieht man meist in Regionen, die mit demokratischen Strukturen – wenn überhaupt – nur am Rande zu tun haben.
Ist jetzt vielleicht ein großer Bogen, den ich gespannt habe, aber es fällt mir immer mehr auf und stimmt mich schon etwas nachdenklich.
Es gibt keinen Anspruch darauf, einstimmig gewählt zu werden, aber es gibt demokratische Gepflogenheiten. Und zu denen gehört es, dass die Referentenposten unter den Stadtratsfraktionen in etwa entsprechend der Fraktionsstärken verteilt werden. Deshalb ist es üblich, eine Nachbesetzung, wie nun erfolgt, mit den anderen Fraktionen abzustimmen. Wir haben dies durchaus intensiv getan und letztlich einen Vorschlag gemacht, zu dem uns von allen anderen Fraktionsvorsitzenden vorab Zustimmung signalisiert wurde. Und wenn sich an getroffene Abmachungen nicht gehalten wird, kommt eben Unmut auf.
Es ist einfach ein Beigeschmack dabei, wenn man sowas liest. Ich finde jeder hat das Recht, auch wenn man neu ist, sich beweisen zu können.
Und nicht immer die Alten ran zu ziehen. Frischer Wind tut Not.
Gemäß den demokratischen Gepflogenheiten wird eigentlich mit dem Kandidaten gesprochen, bevor man ihn vorschlägt. Das ist das eigentlich Unprofessionelle an dieser Geschichte.
Na endlich, hätte man denken können, gibt es im Stadtrat heftige Wortgefechte zum Thema Stadtwerke. Schließlich gibt es erheblichen Handlungsbedarf bei diesem Wasserburger Sorgenkind. Der zu Beginn der Ära Kölbl wirtschaftlich noch gesunde Eigenbetrieb ist inzwischen in einem traurigen Zustand. Die einst üppigen Rücklagen sind aufgebraucht, der Schuldenstand dafür beträchtlich, zeitweise bestanden sogar Liquiditätsprobleme. Es fehlt ein tragfähiges Geschäftsmodell und das ausufernde Badriadefizit wird die Stadtwerke finanziell weiter auszehren. Auch die zahlreichen personellen Veränderungen der letzten Zeit könnten einen Stadtrat durchaus hellhörig machen.
Für die weitere Zukunft der Stadtwerke schaut es leider ebenfalls nicht gut aus. Fehlende Investitionen in zukunftsträchtige Geschäftsfelder und gleichzeitig kein Konzept für eine klimaneutrale Strom- und Wärmeversorgung der Stadt, wie sie von anderen Stadtwerken der Region längst angeboten wird.
Gründe genug also für Bürgermeister und Stadtrat, dieses Thema intensiv zu diskutieren.
Leider ging es im Stadtrat aber wieder einmal nicht um inhaltliche Fragen oder zentrale Zukunftsthemen, sondern zuallererst um persönliche Befindlichkeiten. Dass die scheidende Werkreferentin wohl ‚vergaß‘, Bericht über ihre Amtszeit zu erstatten, ging im slapstickartigen Auftritt Josef Baumanns unter.
Für uns Wasserburger wird das unangenehme Folgen haben. Strom und Wärme werden in der nächsten Zeit sehr teuer werden und die Stadtwerke nur wenig dagegen tun können. Bürgermeister und Stadtwerke haben die Zeichen der Zeit ganz einfach viel zu lange ignoriert, stets bestätigt von einem durch Korpsgeist paralysierten Stadtrat.
Sehr gut zusammen gefasst Hofstatt!
Langsam verstehe ich, warum Sie hier oft in der Kritik stehen. Ihre klaren Analysen gefallen nicht allen, die hier grosse Politik spielen wollen. Und der Baumann Sepp hatte mal wieder Lust auf ein wenig Leben in der Bude, statt „demokratischer Gepflogenheiten“.
Laut Tagesordnung ging es in dem TO aber weder um einen Bericht der scheidenden Werkreferentin noch um inhaltliche Fragen oder Zukunftsthemen, sondern um die Besetzung von Posten durch die neue Stadträtin. Der Kommentar von Hofstatt ist wie so oft keine „klare Analyse“, sondern er greift lediglich erneut die Mitglieder des Stadtrates persönlich an. Wahrscheinlich geht es bei ihm „zuallererst um persönliche Befindlichkeiten“.
Gelten denn „demokratische Gepflogenheiten“ nur, wenn sie ins eigene Weltbild passen? Wenn die Grünen und die SPD so viel Wert auf „demokratische Gepflogenheiten“ legen, dann müsste Frau Maas heute Zweite Bürgermeisterin sein.
Und woher wollen Sie jetzt wissen, wer in der geheimen Wahl der stellvertretenden Bürgermeister wie abgestimmt hat?