Anfrage der Linken im Bezirkstag: Stadt Rosenheim und Landtagsabgeordneter Stöttner nehmen Stellung
Eine offizielle Anfrage der Linken an den Bezirkstagspräsidenten im Zusammenhang mit dem Neubau des Klinikums in Gabersee hat für einigen politischen Wirbel gesorgt. In der Anfrage kritisiert der Fraktionssprecher der Linken im Bezirkstag Oberbayern, Dr. Klaus Weber, die Verbindung des Rosenheimer CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Stöttner als Teilhaber zu einer Versicherungsagentur, die eine Bauleistungsversicherung und eine Feuerrohbauversicherung für den Klinikneubau in Wasserburg vermittelt habe. Am Bau und den Kosten dieses Klinikneubaus ist auch das kbo-Inn-Salzach-Klinikum des Bezirks Oberbayern beteiligt.
Die Stadt Rosenheim, bei der die RoMed-Kliniken angesiedelt sind, die ebenfalls am Neubau in Gabersee beteiligt sind, hat gestern eine Stellungnahme zum „Prüfbericht zur Vergabe einer Baustellenversicherung für den Klinik-Neubau in Wasserburg“ vorgelegt. Auch darin geht es um die seit einiger Zeit von einzelnen Politikern und Medien thematisierte Vermittlung von zwei Versicherungsverträgen durch die Versicherungsagentur Teicher & Co OHG – bei der Stöttner Teilhaber ist.
Oberbürgermeister Andreas März hatte Ende April das städtische Rechnungsprüfungsamt mit der Prüfung der Vorgänge um die Vergabe einer Baustellenversicherung für den Klinik-Neubau in Wasserburg beauftragt. Der Neubau des Klinikums ist ein gemeinsames Projekt der RoMed-Kliniken und der kbo-Inn Salzach Klinikum gGmbH des Bezirks Oberbayern. Der Prüfbericht liegt inzwischen vor und wurde heute den städtischen Mitgliedern im Aufsichtsrat der RoMed-Kliniken GmbH sowie den Mitgliedern des Haupt- und Finanzausschusses als zuständigem Gremium für das Beteiligungsmanagement übermittelt.
Das Rechnungsprüfungsamt kommt zu dem Ergebnis, dass für die Vergabe der Bauleistungsversicherung „keine expliziten vergaberechtlichen Regelungen zu beachten“ waren, da der Gesamtwert des Versicherungsauftrags bei Projektkosten von rund 167 Millionen Euro auf etwa 132.000 Euro geschätzt wurde und damit die vergaberechtlichen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) „keine Anwendung fanden“.
Eine Ausschreibung der Versicherungsleistungen erfolgte demgemäß nicht. Es wurden lediglich zwei Angebote angefordert. Ein drittes Angebot erfolgte auf eigene Initiative eines weiteren Bieters. Ein Mangel in der Wertung der eingeholten Angebote liegt nach Auffassung des Rechnungsprüfungsamtes darin, dass die Wertungskriterien nicht bereits vor der Angebotseinholung festgelegt wurden. „Die Wertung der Angebote erfolgte nach dem Preis, obwohl die angebotenen Leistungen nicht vollständig vergleichbar waren. Es wurde zwar versucht, die Leistungen vergleichbar zu machen, dies ist aufgrund der komplizierten Unterschiede im Detail jedoch nicht ausreichend möglich“, so das Rechnungsprüfungsamt. Nach dessen Feststellungen ergebe sich „ein Hinweis darauf, dass ein Anbieter (Agentur Teicher) vor der Angebotswertung Kenntnis von der zunächst fehlerhaften und später korrigierten Deckungssumme der Feuerrohbauversicherung eines Konkurrenten (Agentur Ecclesia) hatte. Wie es dazu kam, konnte anhand der (…) vorliegenden Informationen nicht geklärt werden.“
Der Versicherungsabschluss erfolgte im Rahmen der Zuständigkeiten durch die Geschäftsführung der RoMed-Kliniken und der kbo Inn-Salzach Klinikum gGmbH. „Eine Beteiligung des Aufsichtsrates hierfür ist nach dem Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen. In den Niederschriften des Aufsichtsrates findet sich im fraglichen Zeitraum kein Hinweis darauf, dass dieser mit der Vergabe der Versicherungen befasst war“, so das Rechnungsprüfungsamt.
Oberbürgermeister März dankte dem Rechnungsprüfungsamt für die rasche und umfassende Prüfung. Zusammen mit dem RoMed-Geschäftsführer Dr. Deerberg-Wittram nahm er die Ergebnisse des Prüfungsberichts zum Anlass, eine Überarbeitung und Verschärfung der Vergaberegelungen und Compliance-Bestimmungen zu fordern: „Die RoMed-Kliniken sind ein Unternehmen in der Trägerschaft der öffentlichen Hand. Geschäftsführer Dr. Deerberg-Wittram war in der fraglichen Zeit noch nicht im Unternehmen. Er hat von den Vorgängen um diesen Vertragsabschluss ebenso wie ich erst im Zuge der medialen Veröffentlichungen in den letzten Wochen Kenntnis erhalten. Wir sind uns absolut einig, dass auch bei der Beauftragung externer Projektsteuerer künftig die verfassungs- bzw. europarechtlichen Grundsätze zur Gleichbehandlung, Transparenz, Wirtschaftlichkeit und des Schutzes des Wettbewerbs eingehalten werden müssen. Dies gilt umso mehr als der RoMed-Aufsichtsrat zu keiner Zeit in die fraglichen Vorgänge eingebunden war. Ich halte das im Hinblick auf die Trennung zwischen den strategischen Weichenstellungen, die der Aufsichtsrat vorzunehmen hat und der Wahrnehmung der operativen Aufgaben durch die Geschäftsführung auch für absolut richtig. Den heimischen Stimmkreisabgeordneten Klaus Stöttner fordere ich auf, die Ungereimtheiten im Zusammenhang mit möglichen Kenntnissen von Details eines Konkurrenzangebots durch seine Versicherungsagentur aufzuklären.“
RoMed-Geschäftsführer Dr. Deerberg-Wittram dankte dem Oberbürgermeister für den von ihm angestoßenen Prüfbericht: „Die Vorgänge durch das städtische Rechnungsprüfungsamt aufklären und bewerten zu lassen, war notwendig und hilfreich. Die Fakten liegen jetzt in größtmöglicher Transparenz auf dem Tisch. Das ist auch wichtig für meine Kolleginnen und Kollegen bei RoMed. Auch sie erwarten zurecht Aufklärung. Der Bericht hat bestätigt, dass bei der Vergabe der Versicherungsleistungen nicht gegen Gesetze verstoßen wurde und sachfremde Erwägungen keine Rolle gespielt haben. Das reicht uns bei RoMed aber nicht. Wir werden jetzt einen strengen Compliance-Kodex aufstellen, um mögliche Interessenkonflikte in Zukunft gar nicht erst entstehen zu lassen.“
Auch Klaus Stöttner nahm gestern zu den Vorwürfen Stellung. Er veröffentlich auf seiner Homepage folgendes: „Nach dem Prüfbericht der Stadt Rosenheim und mit der Zustimmung unseres Kunden, den RoMed-Kliniken, kann ich nun zum Vorgang Stellung nehmen, ohne die Verschwiegenheitspflichten zu verletzen.
In der Vergabe der Aufträge wurde laut der Stadt Rosenheim nicht gegen vergaberechtliche Regelungen verstoßen.
Dem für die Durchführung des Vergabeverfahrens zuständigen externen Projektsteuerer der Baumaßnahme lagen zur Vergabe drei Angebote von Versicherungsvermittlern und Maklern vor. Eines davon war das der Agentur Teicher & Co OHG.
Bei der Angebotserstellung und Vorbereitung des Vertragsabschlusses durch die Agentur Teicher & Co OHG wurden alle Regularien eingehalten. Die Agentur hat ihr Angebot nach detaillierter Risikoanalyse und Prüfung der Anforderungen abgegeben.
Das Preis-Leistungsverhältnis im Angebot mit der angebotenen jahrelangen Erfahrung der Versicherungsagentur Teicher & Co OHG bei der Versicherung von Großprojekten, wie dem der RoMed-Kliniken und dem kbo-Inn Salzach Klinikum, haben den Zuschlag ergeben.
Die im Prüfbericht gestellte Frage, wie die Agentur Teicher &Co OHG „vor der Angebotswertung Kenntnis von der zunächst fehlerhaften und später korrigierten Deckungssumme der Feuerrohbauversicherung eines Konkurrenten“ haben konnte, ist Folgendes zu sagen: Wenn sich Agenturen der Allianz sowie in diesem Fall auch Makler für ein konkretes Versicherungsgeschäft bewerben, dann fragen diese die Allianz als Risikoträger für entsprechende Angebote an. Im Fall des Klinikbaus Wasserburg wurde somit ein Angebot von der für den Maklerbereich zuständigen Stelle der Allianz erstellt und eines von der für die Vertreter der Allianz zuständigen Stelle.
Im Verlauf der Angebotserstellung durch die Allianz wurde bei den für die Angebote zuständigen internen Stellen der Allianz erkannt, dass das ursprüngliche Angebot des Maklerbereichs nicht mehr auf aktuellen Grundlagen beruhte. Um Nachteile für den Kunden zu vermeiden, wurde deshalb vonseiten der Allianz bekannt gegeben, dass für alle Vermittler (Agentur / Makler) nun die gleichen Basiskonditionen gelten. Dies soll in solchen Fällen auch der Chancengleichheit der Wettbewerber dienen.
Auf dieser Basis hat dann die Agentur Teicher & Co OHG das konkrete Angebot (Umfang Versicherungsschutz, genaue Versicherungssumme etc.) erarbeitet und ihr Angebot abgegeben. Details zu den Angeboten der Wettbewerber, insbesondere Prämien, kannte die Agentur Teicher & Co OHG zu keinem Zeitpunkt!
Zu der aktuellen Vergabe stellen die weiteren Verträge der Agentur Teicher & Co OHG mit dem Landkreis Rosenheim und dessen Betrieben nach Auskunft des Landratsamtes knapp zwei Prozent der gesamten Versicherungssumme dar. Man sieht daran, wie gering die Geschäftstätigkeit der Agentur Teicher & Co OHG mit dem Landkreis Rosenheim und den RoMed-Kliniken ist. Für die aktuellen Baumaßnahmen hat die Agentur in ihrer Spezialisierung auf Großprojekte das beste Angebot abgegeben und den Zuschlag erhalten.“
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