Zusammenarbeit gescheitert – Landkreis wohl weiter an Kriechstrecke dran
Es war der letzte Akt einer hitzigen Woche: Gestern gab es auf dem Gelände der Wasserburger Feuerwehr noch eine abschließende Pressekonferenz zum Rücktritt der drei Kommandanten (wir berichteten). „Wir werden uns jetzt nicht immer wieder zu unserem Rücktritt äußern“, hieß es von den Dreien. „Es musste alles erst einmal auch auf uns wirken“, betont Niko Baumgartner (Mitte), der noch bis Ende März das Amt des Ersten Kommandanten innehat. Zum Hauptstreitpunkt der drei scheidenden Führungskräfte, der Atemschutzübungsanlage, befragte die Wasserburger Stimme Kreisbrandrat Richard Schrank. Und auch Bürgermeister Michael Kölbl nahm dazu nochmals Stellung: „Wir betreiben das Projekt weiter. Das Ergebnis des Workshops ist, dass wir zusammen mit den Gemeinden Prien und Bad Aibling sowie mit dem Kreisbrandrat und dem Landkreis eine Lösung suchen.“
Die Einrichtung einer so genannten Kriechstrecke sei nach dem Feuerwehrgesetz eine überörtliche Angelegenheit, für die der Landkreis zuständig sei, so Kölbl. „Es wird immer so hingestellt, als sei die Stadt grundsätzlich gegen dieses Projekt. Dem ist nicht so. Wir haben schon einen Termin mit dem Kreisbrandrat und den beiden anderen Kommunen, bei denen es bestehende Anlagen gibt, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Letztlich wird alles darauf ankommen, was der Landkreis finanziell fördert und was nicht“, so Kölbl.
Der Rücktritt aller drei Kommandanten (wir berichteten) hat über die Woche hinweg eine ganz eigene Dynamik erhalten. Sowohl Bürgermeister Michael Kölbl, als auch Niko Baumgartner, Rudi Göpfert junior und Stefan Gartner, erklärten sich in Mitteilungen. Die Fronten scheinen verhärtet zu sein. Zum Pressegespräch kamen auch der Feuerwehrreferent Armin Sinzinger und die ausgeschiedene Ordnungsamtsleiterin Claudia Schaber, die im Feuerwehrverein als Schriftführerin fungiert.
Das Gespräch auf dem Feuerwehrgelände, das wegen des Sonnenscheins vor dem Stüberl stattfand, war von Sachlichkeit geprägt und hatte eine klare Botschaft: Es soll kein emotionales Hin und Her mehr geben, weil dies der Sache nicht dienlich ist. Dennoch ist klar zu erkennen, dass die letzten Wochen, in denen sich der Entschluss für den Rücktritt wohl zunehmend bestätigte, an den Kräften zehrten. Alle drei sind langjährige Aktive bei der Wehr und möchten ihren Dienst auch weiterhin ausüben. „Das ist Ehrensache, und hat nichts mit dem Amt als Kommandant zu tun“, zeigt sich Stefan Gartner überzeugt.
Der Frust entwickelte sich Stück für Stück
„Immer wieder gab es Enttäuschungen, die wirklich derart gewirkt haben, weil es leider immer wieder solche Situationen gab, in denen wir nicht zielführend vorangekommen sind. Daraus entsteht dann eine letzte Konsequenz und die war für uns am letzten Freitag mit unserem Rücktritt gegeben“, erläutert Niko Baumgartner. Weil es auch mit den unterschiedlichen Ansichten zu Bedarf und Kostenzusammenstellung rund um das neue Feuerwehrhaus zu viele Diskrepanzen gab, sei die Zusammenarbeit nicht mehr möglich, betont auch Rudi Göpfert junior. „Die Beträge sind wirklich immer deutlich zu hoch veranschlagt, das ist alles nie wirklich realistisch, sondern wohl immer mit großen Pufferbeträgen bestückt“, ist sich Göpfert sicher.
Kreisbrandrat Richard Schrank im Gespräch mit der Wasserburger Stimme
Der Landkreis Rosenheim hat viele Atemschutzgeräte-Träger. Im Einsatzfall, also beispielsweise auch bei einem Brandeinsatz oder immer dann, wenn es eine Gefährdung für die Atemluft gibt, kommt ein Atemschutzgerät in Gebrauch. Im Gespräch mit der Wasserburger Stimme erläutert Kreisbrandrat Richard Schrank, was es mit der sogenannten Kriechstrecke auf sich hat und weshalb sie für den nördlichen Landkreis sinnvoll erscheint. Alle Aktiven, die solche Geräte aufsetzen, müssen eine Ausbildung dafür durchlaufen. Jährlich muss eine Belastungsübung abgehalten werden. „Dabei wird unter körperlicher Anstrengung in einem Übungsbereich, das Gerät einsatzgetreu getragen. So bleibt gewährleistet, dass sie im Einsatzfall fit sind in der Materie“, so Richard Schrank. Dafür gibt es Atemschutzübungsanlagen. „Aus der Historie heraus sind diese in unterschiedlichen Kommunen im Landkreis installiert“, berichtet der Kreisbrandrat weiter. Eine bestünde bereits im Markt Prien, eine zweite in der Stadt Bad Aibling. Mit der Stadt Wasserburg käme die Dritte im neuen Feuerwehrhaus dazu. „Wir haben 2180 Atemschutzgeräteträger im Landkreis Rosenheim. Ich muss theoretisch gesehen auch genauso viele Übungsmöglichkeiten schaffen können. Pro Jahr. Im Normalfall schafft so eine Übungsanlage 700 bis 800 Geräteträger pro Jahr, die hier Übungen abhalten kann. Solche Anlagen werden von Ehrenamtlichen betrieben. Nachdem die Übungsanlage der Stadt Rosenheim weggefallen ist, weil diese den Anforderungen nicht mehr gerecht wird, haben wir ein Defizit“, so Richard Schrank im Gespräch weiter.
Man könne derzeit nur etwas mehr als 1.500 Übungseinheiten pro Jahr anbieten, dies sei zu wenig, weiß Schrank. Atemschutzübungsanlagen sind überregionale Aufgaben, somit ordinäre Aufgabe des Landkreises. „Mein Gedanke war, dass man Stück für Stück in den nächsten Jahren diese Anlagen in die Trägerschaft des Landkreises über. Damit sind die Städte und der Markt Prien von dieser Aufgabe entlastet. Für den Markt Prien und die Stadt Bad Aibling steht wohl schon fest: Die Anlagen werden durch den Landkreis ertüchtigt, die Kommunen werden von den Kosten entlastet. Entweder der Landkreis direkt betreibt die Anlagen, oder sogar der Kreisfeuerwehrverband. Das ist der Zusammenschluss aller kommunalen Feuerwehren“, erklärt Schrank. Von dort aus werde das Personal bestellt, die Standorte müssen sich nicht um die Betreibung der Anlagen kümmern.
Aufgrund der Planungen zum neuen Feuerwehrhaus sei man dann auf den Gedanken gekommen, mit Wasserburg wieder einen dritten Standort für die Atemschutzübungsanlage bereitstellen zu können, berichtet Richard Schrank. „So haben wir dann auch im nördlichen Landkreis wieder solch ein Angebot“, zeigt sich Schrank überzeugt. Die Gebietsabdeckung sei dann wieder vollumfänglich gegeben. Man habe der Stadt das Konzept vorgestellt, zunächst sei alles begrüßt worden, erinnert sich Richard Schrank. Im Nachgang dann das ABER: „Die Stadt Wasserburg kam dann mit der Erwartung an den Landkreis, dass Baukosten für die Anlage übernommen werden. „Es war die Rede von 1,5 bis 2 Millionen Euro), so Schrank. „In der Art und Weise, wie sich die Stadt Wasserburg das vorstellt, ist es aber nicht umsetzbar“, heißt es vom Kreisbrandrat weiter. Somit werde das Projekt auf Stand by gesetzt, Gespräche aber fortgesetzt. „Bad Aibling und Prien sollen hier einfach gleichberechtigt sein, da kann Wasserburg finanziell nicht gesondert behandelt werden“. Wichtig aber, es gibt Zuschüsse für die jeweiligen Standorte beim Bau solcher Anlagen.
Wird der nördliche Landkreis zukünftig privat betreut?
Als Alternative zu einer Kriechstrecke in Wasserburg sei eine private Firma im Gespräch, die solche Übungen für die Gemeinden aus dem nördlichen Landkreis anbieten könnte. Es könnte eine mobile Übungsanlage aufgestellt werden, um die praktischen Einheiten im Norden ausüben zu können.
Von Regina Mittermair und Christian Huber
Es ist schon interessant: da bekommt die WS Feuerwehr ein millionenteures neues Feuerwehrwehrheim auf dem neuesten Stand und dann ist diese Wertschätzung durch die Allgemeinheit Anlass für ein derartiges Zerwürfnis.
Zur „Kriechstrecke“: es gilt nunmal „wer anschafft, zahlt“. Will der Landkreis oder der Kreisfeuerwehrverband diese Trainingsanlage, so soll er in voller Höhe der Investitionskosten dafür aufkommen und nicht die Stadt. Schließlich wird die Trainingsanlage auch von allen Feuerwehren der Umgebung genutzt werden.
Vielleicht ist die Trainingsanlage aber doch vorallem ein Prestigeprojekt der Wasserburger Ex-Kommandanten? Wenn es knapp 2200 Trainees jährlich gibt und im Landkreis RO schon 2 Anlagen bereit stehen, müsste das doch reichen: rund 250 Werktage im Jahr, 2 Anlagen = 500 potenzielle Übungstage. Da können doch alle Feuerwehrler auch ehrenamtlich durchgeschleust werden.