Für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen von Lkw-Fahrenden
Ein Stundenlohn von drei Euro, überlange Arbeitszeiten, überfüllte Rastplätze und fehlende sanitäre Einrichtungen – gerade für Lkw-Fahrende, die hierzulande für Speditionen aus mittel- und osteuropäischen Ländern unterwegs sind, sind die Arbeits- und Lebensbedingungen oftmals untragbar.
In einer gemeinsamen, grenzüberschreitenden Aktion an der bayerisch-österreichischen Grenze an der Autobahnraststätte Inntal West in Kiefersfelden haben Vertreterinnen und Vertreter von DGB Bayern, ver.di Bayern, ÖGB Tirol, dem DGB-Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“ und der Bayern-SPD jezt auf diese Missstände aufmerksam gemacht und bessere Arbeits- und Lebensbedingungen für die Beschäftigten eingefordert.
Oskar Brabanski, Regionalleiter Südost bei „Faire Mobilität“: „Als Faire Mobilität beraten wir die Lkw-Fahrer- und Fahrerinnen vor Ort, wir werden aber auch von Iihnen bei Problemen kontaktiert. Sie sind wochen- und monatelang unterwegs und häufig gezwungen, unter menschenunwürdigen Bedingungen auf Rastplätzen zu übernachten. Die Unternehmen müssen die Kosten für Parkplätze, Unterkunft und Verpflegung tragen. Es ist skandalös, dass es in der Branche unmöglich ist, ein Arbeitsverhältnis zu fairen Bedingungen zu finden. Wer auf Straßen in Deutschland Transporte ausführt, ist im Auftrag von deutschen Firmen unterwegs und sollte einen Lohn bekommen, der hierzulande üblich ist.“
Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern: „Die Kolleginnen und Kollegen von ‚Faire Mobilität‘ leisten mit ihren Beratungsangeboten einen enormen Beitrag dafür, dass die Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer das erhalten, was ihnen rechtlich zusteht. Denn sie haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, sobald sie nur durch Deutschland hindurchfahren. Stattdessen erhalten die Fahrer*innen oft nur den geringen Mindestlohn des Landes, in dem ihr Arbeitgeber angemeldet ist. Das ist nichts anderes als massiver Lohnbetrug.“
Benjamin Praxmarer, Landessekretär des ÖGB Tirol: „Mobilität ist grenzenlos, umso wichtiger ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich des Verkehrs und um bessere Arbeitsbedingungen für die Lkw-Fahrer zu erreichen. Diese werden oft mit Stundenlöhnen von läppischen drei Euro abgespeist – und das, obwohl sie nicht selten monatelang unterwegs und von ihren Familien getrennt sind. Hier bedarf es dringend europaweiter Regelungen und vermehrter Kontrollen.“
David Merck, Vorsitzender des ver.di-Fachbereichs Postdienste, Speditionen und Logistik in Bayern: „Wir erleben im Bereich des Lkw-Güterverkehrs in weiten Teilen einen systematischen Bruch von Arbeitsrechten und Sozialstandards, welcher einen immer größeren Lohndruck für alle Kraftfahrer bewirkt. Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, die langfristige Finanzierung und der Ausbau der Beratungsstellen der Fairen Mobilität sowie in Summe das Mobilitätspaket der EU sind daher wichtige Schritte zur Verbesserung der Situation.“
Diana Stachowitz, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Bayern-SPD-Landtagsfraktion: „Vor Ort habe ich mit den LkwW-Fahrer gesprochen und mir ein Bild von den oftmals miserablen Arbeitsbedingungen gemacht. Ich fordere deshalb den weiteren Ausbau von Beratungsstellen durch Faire Mobilität. Die Arbeitnehmer aus dem Niedriglohnsektor müssen dadurch die Möglichkeit haben, dass sie zum Beispiel durch sprachliche Unterstützung über ihre Rechte informiert werden. Als arbeitsmarktpolitische Sprecherin der BayernSPD-Landtagsfraktion kämpfe ich deshalb im Bayerischen Landtag für bessere Arbeitsbedingungen – der Freistaat Bayern muss handeln.“
Ronja Endres, Vorsitzende der Bayern-SPD: „Um die Menschen in Deutschland mit allen möglichen Gütern günstig zu versorgen, werden die Lkw-Fahrer systematisch ausgebeutet. Sie haben eine bessere Behandlung verdient: Wir müssen in der Planung von Gewerbegebieten unter anderem sanitäre Anlagen und Aufenthaltsmöglichkeiten für Berufskraftfahrende mitplanen und auch entsprechende Kontrollen zum Beispiel auf Rastplätzen durchführen. Zudem muss gewährleistet werden, dass jeder, der Ware nach Deutschland liefert, auch den deutschen Mindestlohn erhält. Allerdings brauchen wir auch noch mehr Tarifbindung in der Branche.“
Günter Zellner, DGB-Regionsgeschäftsführer für Oberbayern und Organisator der Grenzaktion, wies zusätzlich auf die Besonderheiten des LKW-Verkehrs im Inntal hin: „Da die Eisenbahn-Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel auf bayerischer Seite immer noch nicht über die Trassenfindungsphase hinaus sind, wird der Straßenverkehr weiter zunehmen. Lkw-Fahrende werden deswegen mit vermehrten Staus und Blockabfertigung zu rechnen haben. Daher müssen wir für sie gute soziale Rahmenbedingungen an den Parkplätzen und Raststätten schaffen.“
Foto: Am Rastplatz Grenzübergang A93 Kiefersfelden (von rechts): David Merck, Petr Anican, Benjamin Praxmarer, Günter Zellner, Diana Stachowitz, Bernhard Stiedl und Ronja Endres.
Es ist schon verwunderlich, wenn die ÖGB Tirol sich für bessere Arbeitsbedingungen der Fernfahrer einsetzt. Dann sollten sie als erstes bei ihrer Landesregierung vorsprechen, dass die unsinnige Blockabfertigung und das Nachtfahrverbot abgeschafft wird. Wäre eine wesentliche Erleichterung für die Fernfahrer (Versorger der Gesellschaft).