Wasserburg im Zeichen der Bildenden Kunst: Ausstellungen bei Willy Reichert, Stefan Scherer und am Umspannwerk
An diesem Wochenende macht Wasserburg seinem Ruf als Stadt, in der die Bildende Kunst zu Hause ist, alle Ehre: Gleich drei Ausstellungen kann man derzeit besuchen. Im Umspannwerk sind die Künstler „auf einer Wellenlänge“, bei Stefan Scherer ist die Welt im Fließen begriffen und Willy Reichert (im Bild mit Stadtrat Wolfgang Janeczka) hat die „Sehnsucht“ gepackt. Ein Besuch an allen drei Stationen:
Am Heisererplatz in den Räumen des Ateliers von Stefan Scherer stellt dessen Sohn Amarin japanische Holzschnitte aus den letzten zweihundert Jahren aus. Dargestellt werden Bilder „einer fließenden Welt“. So sind hier auch Szenen einer Kreuzigung zu sehen, was bei Europäern schnell Assoziationen zu Christus weckt, aber nicht zwingend in Japan.
Die Technik des Holzschnittes ist schnell erklärt: Man schnitzt in eine Platte aus Kirschholz jene Motive, die man als Künstler darstellen möchte und färbt anschließend die Holzplatte ein und bedruckt dann ein Papier, das aus Fasern des Papiermaulbeerbaums gefertigt wird, nacheinander mit den gewünschten Farben. Der Vorgang ist zwar mit ein paar Worten beschrieben, das Verfahren selbst ist allerdings doch aufwändig, wie auch in der Ausstellung deutlich gemacht wird. Die in der Ausstellung gezeigten Bilder sind höchst lebendig und wirken eindringlich auf den Betrachter.
Die Ausstellung „Ukiyo-e, Bilder einer fließenden Welt“ kann noch bis zum 16. Oktober jeweils freitags bis sonntags, 13 bis 18 Uhr, im Atelier am Heisererplatz 15 besichtigt werden.
Nur wenige hundert Meter vom Heisererplatz entfernt, erreicht man auf der Burg dort, wo bis 1945 das städtische Gefängnis mit untergebracht war, das Haus des Wasserburger Künstlers Willy Reichert.
Wer Arbeiten von Willy Reichert kennt, weiß, dass man in oberbayerischen Sparkassen die teilweise monumentalen Bilder des berühmten Wasserburger Künstlers finden kann. In seinem Atelier auf der Burg zeigt er jetzt Gemälde, Aquarelle und Collagen unter dem Thema „Sehnsucht“. Die Welt ist im Umbruch begriffen. Die Gefühlslage dazu: Irgendwo zwischen Schmerz und Zuversicht. Die aktuelle Ausstellung des Wasserburger Künstlers Willy Reichert, Gründungsmitglied des AK68, setzt unter dem Titel „Sehnsucht“ genau dort an. Nun wurde sie im Rahmen einer Vernissage in den Galerieräumen auf der Burg eröffnet.
Gezeigt werden dort Ölgemälde, Aquarelle und Collagen, die Willy Reichert in den letzten Jahren geschaffen hat. In seiner Laudatio erwähnte Wolfgang Janeczka, Stadtrat in Wasserburg, dass die gezeigten Bilder jenes diffuse Gefühl zwischen Melancholie und Hoffnung gut wiedergäben, denn Willy Reichert kombiniere in seinen Werken „wie stets gekonnt farbenprächtige Landschaften und eine Bildsprache voller Lebensfreude mit den feinen Sehnsüchten, die in komplementären Farbspritzern ihren Ausdruck finden“ (Bild oben: Willy Reichert und Wolfgang Janeczka bei der Vernissage).
Diese sehenswerte Ausstellung unter dem Titel „Sehnsucht“ ist noch bis zum 30. Oktober jeweils samstags und sonntags von 15 bis 17 Uhr oder nach telefonischer Anmeldung unter 08071 / 32 63 zu besichtigen. Einen bereichernden Ausflug stellt diese Ausstellung in jedem Falle dar.
Wer weiterhin Kunst aufsaugen möchte, dem sei das ehemalige Umspannwerk an der Priener Straße empfohlen. Dort haben drei Künstlerinnen, die sich im Kollektiv „KurzSchluss“ zusammengeschlossen haben, ihre Arbeiten ausgestellt. Im Rahmen einer Vernissage wurde auch diese Ausstellung an diesem Wochenende eröffnet.
Doren Dinglinger umrahmte mit einer „klang experience“ an der Violine die Eröffnung, auf der Doro Seror, Gabriele Dräger und Clara Thiele aus München ihre aktuellen Arbeiten vorstellten.
Doro Seror war bis 2006 Kunsterzieherin an einem Gymnasium und hat ihr berufliches Wirken seither ausschließlich ihrer Kunst verschrieben. So erstellt sie aus gespendeten Altkleidern Teppiche, die sie nach dem Prinzip der Fibonacci-Zahlenreihe gestaltet. In der Vernissage hatte sie darüber hinaus eine kleine Performance vorbereitet, die bei den Kunstinteressierten sehr gut ankam.
Auch Arbeiten von Clara Thiele kann man auf der Ausstellung bewundern. Bei ihr ist Hochspannung das aktuelle Thema. Sie will Oberflächen aufbrechen, um auf diese Weise das Verborgene hervorholen zu können. Die ausgebildete Ärztin hat Erfahrungen mit Grenzbereichen des menschlichen Lebens und will sie nunmehr hier in der Kunst sichtbar machen, was ihr mit den gezeigten Bildern gelungen ist.
Für Gabriele Dräger explodiert die Zukunft mit der Abholzung des Regenwaldes, was korreliert mit dem Problem des Klimawandels und der aus ihrer Sicht viel zu wenig umgesetzten Nachhaltigkeit. Gabriele Dräger realisiert ihr Anliegen mit bemalten, gebrauchten Pizzaschachteln. Hier sei alles enthalten: abgegessener Käse, Wurstwaren, das Ganze aber mit vorgetragener Nachhaltigkeit. Hier sieht Gabriele Dräger die Ursache vieler Schwierigkeiten unserer Gegenwart.
Die Vorsitzende des AK68, Katrin Meindl, die die Vernissage eröffnete (Bild), nahm die Künstlerinnen beim Wort und gab ihnen zu ihrem gemeinschaftlichen Ausstellungstitel „Auf einer Wellenlänge“ drei Flaschen, auf denen drei Wörter standen, aus denen sie Sätze bilden sollten. In ihrer Begrüßung gab sie auch der Freude darüber Ausdruck, dass es mit dem ehemaligen Umspannwerk gelungen sei, einen zusätzlichen Ausstellungsort in Wasserburg zu schaffen.
Doren Dinglinger, die mit ihrer Violine die Vernissage musikalisch umrahmt hatte, trug die beabsichtigte Kombination aus Spannung und Entspannung gekonnt an die anwesenden Besucher heran.
Diese Ausstellung ist noch bis zum 3. Oktober um 17 Uhr geöffnet.
Peter Rink
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