Stadt Wasserburg errichtet ersten „Plusbau" mit Depotnutzung: Mehr Energie wird erzeugt, als man verbraucht - Buchvorstellung
Bei der Buchvorstellung zu Depots und Archive, das unter anderem von Dr. phil. Kristina Holl vorgestellt wurde, ging es nicht ausnahmslos darum, die Handlungsempfehlungen für Planung und Betrieb an die Öffentlichkeit zu bringen. Zwar lauschten zahlreiche Stadträte den erläuterten Kapiteln der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik, jedoch konnten die Worte des unterstützenden Planbegleiters aus dem Fraunhofer-Institut, Dr. Stefan Bichlmair, aufhorchen lassen. Sprach er doch von einer Einzigartigkeit, die in Wasserburg gerade entsteht: Das Museumsdepot wird zu einem Plus-Bau. Ursprünglich galt als oberstes Ziel ein Null-Energie-Gebäude zu errichten. Nun scheint es noch besser zu gehen, was die anwesenden Stadtvertreter sowie Stadträtinnen und Räte zu freuen scheint.
Wenig Be- und Entfeuchtungsaufwand, geringe aktive Klimatisierung oder Heiznotwendigkeit zu den Jahreszeiten, waren ohnehin Ziele bei den Planungen. Durch wenige Fenster im Depotbau wird auch die direkte Sonneneinstrahlung stark minimiert.
Bürgermeister Michael Kölbl bemerkte, dass es schon große Baufortschritte gebe und diese in den nächsten Monaten weiter vorangingen. Im nächsten Jahr soll es möglich werden, das Depot zu beziehen. In welchem Monat dies einzuplanen sei, könne zum momentanen Zeitpunkt nicht konkret gesagt werden, betonte die Stadtbaumeisterin, Mechtild Herrmann.
„Die Herausforderung war, dass wir ein Null-Energie-Haus bauen“, so der Rathauschef in seinen Grußworten zur Buchvorstellung. Nun sei es aber gelungen, dass sogar ein Plus-Bau daraus werde. Sobald die Photovoltaik-Anlage auf dem Museumsdepot-Dach in Betrieb gehe, erzeuge man mehr Energie, also man verbrauche, informiert Michael Kölbl weiter. „Das ist eine tolle Sache“, ist sich Kölbl mit den weiteren Anwesenden einig.
Das Handbuch für Depots und Archive kommt für die Stadt zu spät
Das Museumsdepot Wasserburg habe zwar zur Entstehung des Buches beigetragen, jedoch hätten sich viele der Entwickler und Planer gewünscht, dass es schon früher herausgekommen wäre, um möglicherweise Erkenntnisse nutzen zu können, erinnert Kölbl an zahlreiche Herausforderungen während der einzelnen Bauphasen.
Die Mitautorin des Handbuchs verdeutlichte nochmal die wegweisende Projektierung des Depots Wasserburg. In sieben Kapiteln wird in dem Buch erläutert, welche Handlungsempfehlungen es gibt, um Kommunen zu unterstützen, die ein Depot oder einen Archivbau planen.
Im Rahmen eines Forschungsprojekts wurde untersucht, wie nachhaltig und mit welchem Qualitätsmanagement solche Bauten geplant und betrieben werden sollten. Die hochsensible Aufbewahrung von Kulturgütern war dabei stets im Blick der wissenschaftlichen Mitarbeitern. Auch die Frage, was ein Depot können müsse, wurde aufgearbeitet. Die Untersuchungen und deren Auswertung dauerten mehrere Jahre und wurden jetzt im Handbuch zusammengefasst.
Für Dr. Stefan Bichlmair stellt das Museums-Depot der Stadt Wasserburg eine Einzigartigkeit dar.
Man stünde schon lange in engem Kontakt zur Stadtbaumeisterin, um das Depotprojekt zu begleiten, so Bichlmair. In der Anfangsphase sei man gebeten worden, mithilfe einer hypothermischen Simulation zu untersuchen, wie sich das Gebäude verhalten werde. Es gebe deutliche Unterschiede zu einem herkömmlichen Wohngebäude, stellt der Wissenschaftler klar. Durch eine gezielte Dämmung sei eine ideale Voraussetzung geschaffen worden, um die Exponate lange zu lagern – ohne aktiv in die Klimaregularien einzugreifen.
„Die Stadt Wasserburg ist mit diesem Gebäude Vorreiter in Deutschland, ein Depot dieser Bauweise als Plusbau so umgesetzt zu haben“, betont Dr. Bichlmair weiter. Seines Wissens sei es das erste Gebäude in Deutschland mit der Nutzungsthematik, das das Plus-Energie-Niveau erreiche. Die Stadt habe das Fraunhofer-Instituts beauftragt, dies messtechnisch nachzuweisen. Ein Monitoring solle entstehen.
Was braucht ein Plus-Bau?
Das wichtigste Merkmal eines Plus-Baus sei ein hohes Dämmniveau, das für ein ideales Gleichgewicht in der Klimatisierung des Gebäudes sorge, wird auf Nachfrage durch den Experten erklärt. Ein Plus-Bau beinhalte oftmals eine sehr dünne Betonschicht. Die Dämmung jedoch sei das Entscheidendste. Nach den vielen Erkenntnissen und der Erklärungen zu den Buchkapiteln wurden die Stadträte durch das Depot geführt. Ein kurzer Blick verrät: Es gibt noch viel zu tun, doch die Baufortschritte sind beachtlich.
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