Tourismus-Chef Herbert Reiter spricht über den derzeit „schneelosen“ Winter und den Umgang damit

Mitte Januar und von Schnee und Eis weit und breit keine Spur: Ob und wie sich das auf eine Wintersportregion wie das Bergdorf Sachrang und das Priental auswirkt, spricht der dortige Tourismus-Chef Herbert Reiter. Im nachfolgenden Interview …

Sind die Belegungszahlen von Hotels und Ferienwohnungen in Sachrang diesen Winter ähnlich wie in den Vorjahren? 

Genaue Zahlen liegen derzeit noch nicht vor. Die hohen Temperaturen und das „frühlingshafte“ Wetter haben zwar die Wintersport-Freuden ziemlich eingedämmt, jedoch sind trotzdem erfreulicherweise viele Gäste angereist, um bei uns im Tal ihren Urlaub zu genießen. Die Wettersituation ist zwar eine „Herausforderung“, nichtsdestotrotz heißt es aus den Gegebenheiten das Beste zu machen, und den Blick nach vorne zu richten. Ausgeblieben sind nicht unsere Gäste, sondern Frau Holle.

Wie viele Touristen kommen jeden Winter nach Sachrang? 

Da Sachrang als relativ schneesicher gilt, sind im Winter, vor allem in den Ferienzeiten wie Weihnachten und Fasching, die Unterkünfte gut gebucht, diese dann auch schon sehr weit im Voraus, so dass bei der Buchung für den Gast das Wetter beziehungsweise die Schneelage noch gar keine Rolle spielt. Um die 4000 Übernachtungs-Gäste reisen im Winterhalbjahr an. Hinzukommen natürlich auch noch viele Tagesgäste, die das beschauliche Dorf am Fuße von Geigelstein und Spitzstein besuchen.

Wie macht sich der Schneemangel bemerkbar?

Der Schneemangel lässt unsere Langläufer richtiggehend im Stich. Rundherum in der Region gibt es keine Möglichkeit, diesen Sport auszuüben oder zu trainieren. Das ist sehr schade. Zusätzlich sind unsere Skiliftbetreiber und die Skischulen schmerzlich betroffen. Gerade wenn man dabei auch an die Wirtschaftskraft denkt, die diese Betriebe in die Gemeinde bringen, sind das enorme Einbußen. Explizit erwähnen möchte ich, dass wir sehr dankbar sind, solche renommierten und engagierten Wintersport-Einrichtungen im touristischen Angebot zu haben. Das kleine und feine Skigebiet in Sachrang für nordisch, klassisch und alpin ist für uns enorm wichtig. Hier lernen die Kleinsten das Skifahren und Langlaufen, dort werden Grundlagen geschaffen.

Ist die Wintersaison in Sachrang/im Priental bei Touristen beliebter als die Sommersaison?

Jede Jahreszeit hat was für sich, und das sehen unsere Gäste genauso. Auch wenn sich Wintersaisonzeiten wie in diesem Jahr verkürzen, wird sich die Sommersaison mit der Zeit sicher verlängern, was wiederum einen Ausgleich der Übernachtungszahlen mit sich bringt.

Was schätzen Touristen besonders an dem Bergsteigerdorf?

Zum einen die Beschaulichkeit, das Naturbelassene, ja einfach den Urlaub unbeschwert zu genießen. Zum anderen den echten Berg-Urlaub in intakter Kultur- und Naturlandschaft, abseits von Touristenhochburgen. Auch die Nahversorgung und regionale Produkte, die zum Beispiel im Dorfladen Sachrang erhältlich sind, schätzen unsere Gäste sehr. All dies ist ein sehr wertvolles Kapital. Weniger ist mehr, das ist die Devise – wer das schätzt, ist im Bergsteigerdorf Sachrang genau richtig. Eins ist sicher – Bergsteigerdörfer sind mit ihren Leitgedanken „kein Schnee von gestern“.

Wie reagieren Sie langfristig auf den Klimawandel beziehungsweise schneearme Winter?

Im Bergsteigerdorf Sachrang wird nicht auf den großen Massen-Skitourismus gesetzt, sondern auf den sanften naturnahen Tourismus. Wir wollen ja eine Alternative zum großen Skizirkus sein. Die Natur und das Klima sollen so genommen und genutzt werden, wie sie sind. Das schätzen unsere Bürger, Übernachtungs- und Tagesgäste sehr. Übergeordnetes Ziel des touristischen Leitgedankens ist es, die Ursprünglichkeit und Schönheit der unerschlossenen alpinen Landschaft nachhaltig zu bewahren. Sie ist das touristische Kapital, welches auch noch den nächsten Generationen als Lebensgrundlage dienen wird, davon bin ich absolut überzeugt. Bergsteigerdörfer sind vorbildhafte regionale Entwicklungskerne im nachhaltigen Alpintourismus.

Welche Aktivitäten ohne Schnee empfehlen Sie besonders?

Wir blicken bei unseren touristischen Angeboten immer auf das gesamte Priental und die Region. Für besondere Freude und großen Zuspruch hat in diesem Jahr der neu errichtete Stern-Laternen-Weg am Fuße von Schloss Hohenaschau gesorgt. 50 individuell aus Holz gestaltete Holz-Laternen haben eingeladen, sich auf den Weg zu machen und dabei Natur, Landschaft und die Ruhe besonders stimmungsvoll wahrzunehmen. Auch die offenen DAV-Berghütten und Almen laden zu einer Bergtour ein. Sei es der Spitzstein im Westen, der Geigelstein im Osten, oder eine gemütliche Talwanderung – alles hat seinen Reiz, und das bei jedem Wetter. Wer das schätzt, ist in Sachrang gut aufgehoben. Auch ein Ausflug auf die Kampenwand oder zum Relaxen in die nahegelegenen Thermen- und Saunalandschaften, sowie kulturelle Ausflüge in die Umgebung sind empfehlenswert. Unsere Region ist so vielfältig. Auch ein Sprung in das benachbarte Tirol und Salzburgerland lohnt sich, ist gut und schnell erreichbar.

Gibt es in Sachrang einen Dialog zum Bergsteigerdorf zwischen Bürger und Touristiker?

Selbstverständlich. Seit Anbeginn des Bergsteigerdorfs vor fünf Jahren gibt es einen Austausch mit interessierten Sachranger Bürgern und Leistungsträgern. Ganz aktuell hat sich eine neue 15-köpfige Gruppe zusammengetan, um künftig die Belange und Leitgedanken des Bergsteigerdorfs Sachrang weiter zu stärken und voranzubringen. Auch die beiden Gemeinderäte und -rätinnen aus Sachrang vertreten die Interessen des Bergsteigerdorfs sehr engagiert in ihrem Plenum. Neben der Entwicklung von generellen Strategien ist die lokale Initiative besonders wichtig.

 

 

Interview/Titelfoto:
Herbert Reiter, Leiter der Tourist-Info Aschau im Chiemgau und Bergsteigerdorf Sachrang

Foto Herbert Reiter: privat