Hin zum Möglichmachen: Mittelstand fordert einen Kulturwandel in den Behörden
Wumms, Doppelwumms: Mit kreativen Wortschöpfungen sollte ein Ruck in Deutschland erzeugt werden, doch der bleibt schon im Ansatz in der behördlichen Bürokratie hängen. Führende Selbständigen- und Mittelstandsverbände fordern deshalb einen Kulturwandel der öffentlichen Hand: Weg vom Verhindern und hin zum Möglichmachen …
Schneller, moderner und sicherer möchte Bundeskanzler Olaf Scholz das Land machen und schlägt dafür nun einen parteiübergreifenden, gemeinsamen Pakt vor. Der Bund der Selbständigen in Bayern ist skeptisch: Es bleibe zu befürchten, dass dieser von ihm benannte ‚Deutschland-Pakt‘ eine ebenso leere Worthülse bleiben werde, wie die ‚Zeitenwende‘ und der ‚Doppelwumms‘. Wie Scholz seine Ziele umsetzen wolle, das sei er schuldig geblieben, heißt es am heutigen Dienstag in einer Presseerklärung des BdS.
Ingolf F. Brauner, die politische Stimme von mib – Mittelstand in Bayern e.V., kommentiert die Absicht des Kanzlers: „Es genügt nicht, verbal aufs Gaspedal zu treten, wenn nicht gleichzeitig die Handbremse gelöst wird“.
Diese Handbremse sei nach seiner Ansicht der Drang zur Überregulierung und Bürokratie. Der Kanzler wolle die Laufzeit von Genehmigungsprozessen von drei Jahren auf drei Monate reduzieren, nach Meinung Brauners mangele es schon hier an der Motivation: „Die Wirtschaft würde sich digitale Prozesse wünschen, die in drei Tagen entschieden werden. Wenn für Bürokratiekosten das Verursacherprinzip eingeführt würde, könnte dieses Ziel schnell erreicht sein. Voraussetzung wäre ein neues Denken, ein Kulturwandel in Deutschlands Amtsstuben“.
Den notwendigen Kulturwandel greift auch Hauptgeschäftsführer Michael Forster vom BDS Bayern auf:
„Wenn wir das Thema Bürokratie wirklich angehen wollen, wird es nicht gelingen, indem eine Richtlinie durch zwei andere ersetzt werden. Es muss sich die Strategie und das Handeln in den Behörden ändern. Anstelle so lange zu prüfen, bis sich ein Hinderungsgrund für den Antrag findet, muss eine Kultur des Ermöglichen etabliert werden“.
Tatsächlich zeige die Erfahrung schon seit Jahren, dass die zaghaften Entbürokratisierungs-Maßnahmen schneller durch neue Gesetzesfesseln überholt würden, als sie selbst Verbesserung schafften. Diese Spirale könne nur durchbrochen werden, wenn die Behörden mehr Kundenorientierung zeigen würden.
Die Schweiz mache es vor, trotz Gesetzestreue sei das Möglichmachen dort die oberste Prämisse aller Staatsdiener. Die Zufriedenheit der Bevölkerung und der Wirtschaft mit den Behörden sei dementsprechend deutlich höher als in Deutschland.
Andy Keck, Generalsekretär des Bund der Selbständigen Deutschland e.V. und Präsident des German Mittelstand e.V., sieht das ebenso: „Beamtinnen und Beamte brauchen neue strategische Leitlinien. Verschlanken, verbessern und innovieren müssen sich in den Behörden lohnen. Wie in der Wirtschaft, können dafür Incentives und andere Motivationshilfen eingesetzt werden.
Unser Ziel muss sein, die Verwaltungs- und Personalkosten durch Verschlankung der Prozesse, Automatisierung und Digitalisierung in jedem Jahr um 15% zu senken. Einzige Ausnahme davon sollten Projekte sein, die nachweislich die Behördeneffizienz steigern.
Von so klaren Zielsetzungen sind der Bundeskanzler und seine Mannschaft nach Ansicht der Verbändearbeitsgemeinschaft noch weit entfernt. Sie fordert: „Die Zeitenwende muss im Bundeskanzleramt und in den Ministerien beginnen, dann wird sich der Doppelwumms auch in Ländern und Kommunen bemerkbar machen und die Basis für einen Schulterschluss im Deutschland-Pakt zwischen Wirtschaft, Bevölkerung und Staat bilden.“.
Solange sich unsere Parteien aus Eigennutz gegenseitig bekämpfen, schlechtmachen und nicht mal den Versuch machen zusammen zu arbeiten, wird „kein Wums (auch kein Doppel oder Dreifach-Wums) eine Zeitenwende herbeiführen und es wird auch kein Bürokratieabbau stattfinden.
Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und sonstige Institutionen haben mit ihren manchmal utopischen Forderungen zum bürokratischem Chaos beigetragen, auch sie haben eine Diagilisierung nicht gerade gefördert, eine Leiharbeit statt einer Festanstellung bevorzugt, Mindestlohnanstellung ohne Zukunftsperspektiven gutgeheissen.
Einen Schulterschluss zwischen Staat, Wirtschaft, Gewerkschaften und Bevölkerung wird es nur geben, wenn endlich ALLE mal aufhören nur zu denken „ICH alleine bin wichtig und habe die ultimative Lösung“.
Das führt zu einer ständigen Schuldzuweisung, die eine konstruktive Zusammenarbeit immer unwahrscheinlicher macht. Und dabei vergisst und ignoriert man den eigentlichen Staat, nämlich die demokratischen Bürger dieses Staates.