Junger Polizist erarbeitet mit 159 anderen Gutachten zur „Ernährung im Wandel"
Bundestags-Präsidentin Bärbel Bas hatte im Juli in einer Bürgerlotterie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des ersten Bürgerrates des Deutschen Bundestages ausgelost. Es sind 160 Bürger aus 62 Gemeinden aus ganz Deutschland und darunter auch ein junger Rosenheimer: Nils Kurzeder aus Rosenheim, 21 Jahre alt und Polizist – er ist einer von insgesamt 23 Bayern.
Sie alle werden sich vom heutigen Freitag bis zum Sonntag als Bürgerrat mit dem Thema „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ beschäftigen. Der Bürgerrat soll die Vielfalt der Gesellschaft möglichst gut abbilden und auch die Stimmen sichtbar machen, die sonst in der politischen Diskussion weniger präsent sind.
Anschließend werden dazu an zwei weiteren Wochenenden in Berlin sowie in mehreren Onlinesitzungen konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet, die in einem Bürgergutachten festgehalten werden. Im Februar 2024 soll das Bürgergutachten dem Deutschen Bundestag übergeben werden.
Das Losverfahren
In einem ersten Schritt wurden 82 Gemeinden ausgelost und anschließend über deren Meldeämter zufällig die knapp 20.000 potenziellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezogen. Diese Personen wurden von der Bundestagpräsidentin eingeladen. Daraufhin meldeten sich insgesamt 2.220 Bürgerinnen und Bürger zurück. Damit haben über elf Prozent der angeschriebenen Personen ihr Interesse bekundet, am Bürgerrat teilzunehmen.
Bei der Registrierung für die zweite Stufe des Losverfahrens wurden Informationen zu den Merkmalen abgefragt, für die laut Einsetzungsbeschluss des Deutschen Bundestages eine Abbildung an die jeweiligen Anteile in der Bevölkerung angestrebt wird. Die Kriterien sind: Herkunft nach Bundesland und Gemeindegröße, Geschlecht, Alter, Bildungshintergrund und die Einstellung zu veganer oder vegetarischer Ernährung.
Mit Hilfe dieser Angaben wurden aus den registrierten Personen von einem Algorithmus 1.000 mögliche Bürgerräte zusammengestellt, die fortlaufend durchnummeriert sind: Nr. 000 bis Nr. 999. Jeder dieser 1.000 denkbaren Bürgerräte umfasst 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und bildet die Bevölkerung in Deutschland anhand der abgefragten Angaben ab. Aufgrund der hohen Anzahl an Rückmeldungen ist dies auch mit Blick auf das Kriterium des Bildungsabschlusses gelungen.
Daraus hatte die Präsidentin bei der Bürgerlotterie die Nummer 187 von den 999 Nummern ausgelost. Die 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Bürgerrates kommen aus 62 Gemeinden aus allen Bundesländern. Darunter eben auch der junge Rosenheimer.
Wie Nils gegenüber dem Bayerischen Rundfunk berichtete, sei er sehr überrascht, dass er aus 20.000 Leuten gezogen worden sei und freut sich auf seine neue Aufgabe, zumal Ernährung genau sein Thema ist. Nils Kurzeder, 21 Jahre alt, von Beruf Polizist, macht viel Sport und achtet sehr darauf, was er isst.
Er sei bei seinen Freunden schon bekannt dafür, dass er sein Essen immer vorkoche, weil er eben wissen wolle, was er da so esse. Deshalb sei ihm auch Transparenz wichtig. Bei großen Fast-Food-Ketten oder Restaurants sollten Kunden leichter einsehen können, welche Inhaltsstoffe man da bekomme.
Als Bürgerrat in Berlin ist Nils Kurzeder bei drei Präsenzsitzungen und sechs Online-Sitzungen dabei, wenn über Ernährungspolitik beraten wird.
Quelle: BR
Foto/Grafik: Deutscher Bundestag
Nils soll also rund 40 Stunden zu einem vorgegebenen Thema mit anderen diskutieren. Das ist schön. Unterstützt und beraten werden die 160 Leute von diversen durch die Regierung ausgewählten Experten (natürlich unabhänige).
Die ganze Aktion, die je Runde etwa 3 Mill Euro kostet, wird dann im Ergebnis den Parlamentariern im Bundestag vorgestellt. Weisungsgebunden sind diese jedoch nicht.
Lt Bärbel Bas (SPD) sollen die 160 in den Verfahren «Verständnis für die Schwierigkeiten der Entscheidungsfindung lernen». Also nicht der Bundestag soll lernen, sondern die 160.
Wäre es da nicht besser, die Parteien würden «Verständnis für die Schwierigkeiten der Entscheidungsfindung» in der ganzen deutschen Öffentlichkeit wecken?
Wobei 100 Millionen Euro im Jahr gibt die Bundeszentrale für politische Bildung aus, 212 Millionen das beim Familienministerium angesiedelte Programm «Demokratie leben».
Die Bürgerräte sind nun ein weiteres Instrument ohne wirkliche Wirksamkeit.
Grundsätzlich finde ich die Idee des Bürgerrats aber gut, wenn auch ausbaufähig. Im Gegensatz zu den Parlamentariern, die oft den Bezug zur Realityt verloren haben, stehen die Bürger mitten im „echten“ Leben und sind unabhängig von Wahlkampf und Populismus.