Georgisches Kammerorchester begeistert Wasserburger Publikum im Rathaussaal

Es war das fünfte und damit letzte Rathauskonzert, das 2023 stattfand. Am Wochenende gastierte das Georgische Kammerorchester in Wasserburg und spielte Werke von Edvard Grieg, Carl Philipp Emanuel Bach und Felix Mendelssohn-Bartholdy. 

Gut 20 Instrumentalisten waren nach Wasserburg gekommen. Der Leiter des Orchesters, der israelische Dirigent und Flötist Ariel Zuckermann, entführte das Publikum des voll besetzten Rathaussaales sofort in die Welt der Musik. Man spielte von Edvard Grieg die Suite „Aus Holbergs Zeit“. Diese Suite hatte Grieg als eine Hommage an den norwegischen Dichter des 17. Jahrhunderts, Ludvig Holberg, geschrieben. Holberg war ein derart berühmter norwegischer Dichter im Spätbarock, dass man ihn dort auch heute noch mit der Epoche des literarischen Spätbarock identifiziert. Und Edvard Grieg schrieb anlässlich des 200. Geburtstages des großen norwegischen Dichters jene Suite „Aus Holbergs Zeit“. Dies wurde eines seiner populärsten Werke. Später instrumentierte Grieg seine Klaviersuite für ein Streichorchester. Sie zählt bis heute zu den großen Werken der Spätromantik für Streichorchester.

Grieg lässt hier tatsächlich die spätbarocken französischen Tanzformen wie Sarabande, Gavotte, Musette und Rigaudon wieder aufleben und fügte noch ein „Air“ hinzu. Mit Sicherheit dachte Grieg hier an das „Air“ aus der dritten Orchestersuite von Johann Sebastian Bach, und das Publikum konnte die Verwandtschaft zu Bach wohl unschwer erkennen.

Das  abschließende „Rigaudon“ ist ein schneller Tanz mit charakteristischem Auftakt, dessen Rhythmus sich dann schnell in ein furioses Rondo zu Pizzicato-Begleitung verwandelt.

Das Publikum quittierte diesen ersten Teil des Rathauskonzertes mit frenetischem Applaus.

Daran anschließend folgte das Flötenkonzert in G-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach, dem hoch begabten Sohn Johann Sebastian Bachs, der in der Spätbarockzeit teilweise mehr Bekanntheit erlangte als sein berühmter Vater. Carl Philipp Emanuel Bach gilt als der Wegbereiter der klassischen Konzertform und ist damit eine wichtige Brücke vom Barock zur Klassik. „Er ist der größte Komponist für Klavierinstrumente“, so wurde Carl Philipp Emanuel Bach tituliert. Und darüber hinaus sind ihm Flötenkonzerte gelungen, die sich sehen lassen können. Nicht ohne Grund wurde er Mitte des 18. Jahrhunderts als der „große Bach“ bezeichnet. Dabei blieb er relativ bescheiden und betonte stets, dass er seine Fähigkeiten wohl nicht ohne seinen Vater hätte erwerben können.

Ariel Zuckermann schlüpfte schnell aus der Rolle des Dirigenten in die eines virtuosen Flötisten und gestaltete die drei Sätze dieses Flötenkonzerts gemeinsam mit dem virtuos aufspielenden Streichorchester mit großer Verve, viel Feingefühl und stets präsentem Einsatz. Das Publikum bedankte sich erneut mit tosendem Applaus.

Nach der Pause spielte das Georgische Kammerorchester Ingolstadt zunächst die Streichersinfonie Nr. 10 in h-moll von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Damit schlug das Orchester wieder einmal eine Brücke ins 19. Jahrhundert. Mendelssohn-Bartholdy begann im Alter von 12 Jahren Sinfonien zu schreiben und starb schon relativ früh, im Alter von 38 Jahren. Er war Zeit seines Lebens ein glühender Verehrer von Johann Sebastian Bach und trug maßgeblich dazu bei, dessen und Händels Bekanntheit im 19. Jahrhundert deutlich zu steigern. Als Komponist, Pianist, Organist und Dirigent setzte er Maßstäbe, die teilweise bis heute gelten mögen. Die drei Sätze der Sinfonie für Streicher wurden abermals mit großem Einsatz und tiefer Hingabe dem Publikum zu Ohren gebracht, so dass am Ende nur ein frenetischer Applaus als Dankeschön des Publikums an Orchester und Dirigenten überreicht werden konnte.

Den Abschluss des Abends bildete dann ein weiteres Flötenkonzert von Carl Philipp Emanuel Bach, nämlich das bekannte Flötenkonzert in d-moll. Auch hier lösten schnelle Abschnitte und eher getragene Teile des Konzertes einander gelungen ab. Die Auswahl verlangte viel von den Künstlern, sie mussten mit großem Temperament die Musik dem Publikum nahebringen und es ist ihm mit höchstem Bravour gelungen. Ariel Zuckermanns Fähigkeit, intensive schnelle Abschnitte mit großer Hingabe zu spielen und die getragenen dabei nicht zu kurz kommen zu lassen, wurde voll ausgespielt, und es war einfach hinreißend, wie überzeugend Zuckermann hier aufzutreten vermochte.

Der lang anhaltende, nicht enden wollende Applaus am Ende des Konzerts drückte die Dankbarkeit des Publikums für diesen gelungenen Konzertabend aus. Das Orchester und Ariel Zuckermann dankten es mit zwei Zugaben, zum einen den „kleinen Wiener Marsch“ von Fritz Kreisler und zum anderen ein Stück für Flöte: „Außer Atem“. Hier wird tatsächlich so viel Einsatz vom Flötisten verlangt, dass er wohl schier außer Atem geraten muss. Ariel Zuckermann gestaltete auch diese Zugabe mit großer Spielfreude, viel Einsatz und herausragendem Können.

Es war das letzte Rathauskonzert im Jubiläumsjahr 2023 und man darf wohl sagen, dass dieser Abend zu den herausragenden Musikerlebnissen zählen darf. Wasserburg darf sich glücklich schätzen, dass hier solche Qualität in der Musik zur Aufführung gebracht wird.

PETER RINK