Informativer Vortrag von Reinhard Kreitmair beim Heimatverein Wasserburg
Reinhard Kreitmair hat von der Stiftung Attl den Auftrag erhalten, zur Geschichte der Stiftung ein Buch zu schreiben. Dieses Buch ist zwar noch nicht veröffentlicht, aber es soll noch in diesem Jahr erscheinen, wie es der für die Unternehmenskommunikation zuständige Mitarbeiter der Stiftung Attl, Michael Johannes Wagner, auf der Veranstaltung des Heimatvereins im Gimplkeller äußerte.
Reinhard Kreitmair stammt aus der Nähe von Dachau, ist Historiker und hat sich bereit erklärt, diese Studie anzufertigen. Beim Heimatverein hat er nun in einem 90-minütigen Vortrag die Ergebnisse seiner Forschungen vorgetragen. 2023 hat die Stiftung Attl ihr 150-jähriges Bestehen gefeiert und es gelang Kreitmair höchst anschaulich, an ausgewählten Momenten die Stiftungsgeschichte den Zuhörern zu vermitteln.
Die „Anstalt Attl“ sei im Oktober 1874, also ziemlich genau vor 150 Jahren eröffnet worden. Nach der seinerzeitigen Satzung wollte man „männlich Unheilbaren“ ärztliche Hilfe gewähren und ihnen helfen, „Erleichterung ihres Zustandes“ zu verschaffen.
Kreitmair führte aus, dass die männlichen Personen, die hier dauerhaft untergebracht wurden, auf Grund ihres Leidens in der Gesellschaft „als Störfaktoren galten“, sodass man sie aus ihrer gesellschaftlichen Umgebung entfernt habe. Im Grunde, so der Referent, habe man diesen Menschen, die sehr oft in äußerst miserablen Verhältnissen lebten und Demütigungen und impulsiver Gewalt ausgesetzt waren, einen Schutz- und Schonraum im abgelegenen Attel gewährt.
Menschen mit Behinderung, die nach dem damaligen Stand der Wisenschaft als „austherapiert bzw. bildungsunfähig“ galten, fanden hier eine Zuflucht und konnten betreut werden.
Aber der Referent berichtet auch von Ulrich Metzler, der seit 1866 bei den Barmherzigen Brüdern als Ordensmönch lebte und seit 1876 als Prior des Konvents wirkte. Um ihn gab es wilde Gerüchte, nämlich, dass er mit der „ledigen Kellnerin Theres Windsperger“ ein Verhältnis gehabt haben soll. Nachdem diese Kellnerin, obwohl ledig, auch noch schwanger wurde, sei sie von den Barmherzigen Brüdern entlassen worden. Es hielt sich auch das Gerücht, dass der Prior mit der Kellnerin heimlich nach Amerika habe auswandern wollen, aber die Akten, die Kreitmair gesichtet und ausgewertet hat, hätten einen Beweis hierfür nicht erbringen können.
Auch Misshandlungen des Personals habe es in Attel gegeben und immer wieder habe es Versuche gegeben, etwaige Tatsachen, die den Geistlichen nicht gefallen hätten, zu vertuschen.
Schließlich kommt Kreitmair auch auf Makarius Wiedemann zu sprechen, jenem Prior, der dem Konvent seit 1896 vorstand und nach dem das Attler Förderzentrum benannt ist. In den Jahren 1902/03 habe Wiedemann eine umfassende Erweiterung der Anstalt organisiert und die Anstalt damit für die weitere Zukunft stabilisiert.
Der Referent veranschaulicht seine Darstellung der Attler Geschichte an mehreren historischen Postkarten, die die historischen Zusammenhänge ihrerseits verdeutlichen. Diese Postkarten gewähren dann ihrerseits auch einen Einblick in die Gefühlslage der Autoren der Karten, die teilweise in sehr schwerer Zeit verfasst wurden und ihrerseits Hoffnung stiften wollten.
Zum Abschluss seines Vortrages kommt er auf die Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu sprechen. Im Zuge der NS-Rassenlehre, die einer wohl auch pervertierten Auslegung der Eugenik folgte, wurde der „Zufluchtsort“ in Attel aufgelöst und zahlreiche Insassen nach Haar oder Hartheim gebracht, wo man sie letztlich grausam ermordete.
Zum Abschluss stellt er noch eine Postkarte vor und erzählt eine Geschichte zu ihr, die er aber selbst nicht so ganz ernst zu nehmen schien, weil er von sich selbst urteilte, dass ihm „der Gaul“ durchgegangen sei. Das Publikum nahm Kreitmairs Fäigkeit, sich selbst nicht so ganz ernst nehmen zu wollen, mit großer Heiterkeit auf.
Lang anhaltender Applaus und die Tatsache, dass es keine Rückfragen gab, mögen gezeigt haben, dass Reinhard Kreitmairs Vortrag die zahlreich erschienenen Zuhörer berührte.
Man darf auf die Veröffentlichung seines Buches gespannt sein.
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