Petitionsausschuss des Landtags in Rott: Wegen der Beschwerde der Initiative „Rott rottiert“

Ernste Gesichter heute in Rott: Der Petitionsausschuss des bayerischen Landtags war vor Ort – es ging um die Petition der Initiative „Rott rottiert“ als Beschwerde gegen die geplante Erstaufnahme-Einrichtung für rund 300 Geflüchtete in einer Industriehalle am Eckfeld (wir berichteten mehrfach).

Die Bürgerinitiative um Heike Bachert und Klemens Seidl präsentierte dazu eine mit viel Zeitaufwand erarbeitete Ausstellung, die vom Iststand der Flüchtlings-Situation im Landkreis bis hin zu erarbeiteten Lösungskonzepten für die Region reichte.

Landtagsabgeordneter Sepp Lausch von den Freien Wählern (vorne Bildmitte) führte heute das Ausschuss-Treffen als sogenannter Berichterstatter für die anderen Gremiums-Mitglieder und Markus Rinderspacher von der SPD war heute dessen Mitberichterstatter.

Fotos: Renate Drax

Mitte November werde man nach der nächsten Ausschuss-Sitzung die Entscheidung bekanntgeben, sagte Lausch. Es handle sich dann nur um eine Empfehlung.

Der Landkreis werde seinerseits erst anschließend handeln, so Landrat Lederer.

Es ging heute darum, dass sich die Ausschuss-Mitglieder vor Ort in Rott ein Bild machten von der Situation und allen voran der Bürgerinitiative zuhörten, welche Punkte sie vorzubringen hatten. Bürgermeister Daniel Wendrock bekam dann die nächste Redezeit vor Ort. Gefolgt von Landrat Otto Lederer von der CSU, der die Stellungnahme aus Sicht des Landratsamtes darstellte sowie ebenso sprach der Regierungspräsident von Oberbayern, Dr. Konrad Schober (Foto unten).

Ein Aufreger vorab war, dass bei der Begehung der Gewerbehalle am Eckfeld in Rott die etwa acht anwesenden Medienvertreter – auch überregional und deutschlandweit – nicht Zutritt bekamen. Das Hausrecht der angemieteten Halle gehöre dem Landkreis mit dem Landrat an der Spitze und dieser gestatte es nicht, so Sepp Lausch. Dazu erklärte Landrat Lederer, dass es sich um eine Baustelle handele und man sich für eine kleine Gruppe mit 20 Personen entschieden habe. 

Im Nachgang sagte der Ausschuss-Sprecher Lausch, es habe sich bei der Besichtigung ausschließlich um leere Hallen-Bereiche gehandelt.

Dann folgte der Austausch der Argumente. Nach der Redezeit der Bürger der Initiative „Rott rottiert“ – das Foto zeigt Heike Bachert und rechts Klemens Seidl – mit Präsentation ihrer Ausstellung zeigte sich Sepp Lausch beeindruckt: Man müsse neidlos anerkennen, dass sich die Bürgerinitiative „Rott rottiert“ hier für den heutigen Tag unglaublich viel Arbeit gemacht habe – für eine absolut sachliche Darstellung der Thematik. Dabei habe man nicht vergessen, auch neue Lösungsansätze zur Turnhallen-Belegungs-Problematik eigens zu erarbeiten und aufzuzeigen.

Ein Beispiel:

Mit Schaufensterpuppen wurde dargestellt, wie groß tatsächlich elf Quadratmeter für sechs Personen seien – so wie in Rott geplant in der Gewerbehalle. Wie menschenunwürdig das sei – abgesehen von der geplanten, sanitären Situation oder dem enormen Lkw-Aufkommen in unmittelbarer Nähe zur Halle.

Kritisiert wurde von den Rotter Bürgern vor allem auch die ungerechte Verteilung der geflüchteten Menschen“. Nachdem von den Behörden hierzu nichts komme an aktueller Öffentlichkeitsarbeit, habe man sich selbst die Mühe gemacht, mal alle Kommunen des Landkreises aufzulisten – siehe im Bild unten.

 

Der Landkreis Rosenheim wiederum möchte mit der neuen Erstaufnahme-Einrichtung zwei mit Geflüchteten belegte Schulturnhallen in Raubling und Bruckmühl wieder frei bekommen. Das genau sei das erklärte Ziel und die Rotter Gewerbehalle sei „einfach die bessere Lösung“, wenn auch nicht optimal: „Aber immerhin besser und schnell realisierbar“, so Landrat Otto Lederer (Bild oben rechts). Damit nahm er auch zu anderen Alternativ-Vorschlägen Stellung, die Bürgermeister Daniel Wendrock angesprochen hatte – nämlich für 180 Flüchtlinge gedacht.

Lederer erklärte, dass es bei einer „Wirtschaftlichkeit eines neuen Alternativ-Standortes“ nicht nur um das Finanzielle gehe, sondern auch um den Zeitfaktor. Wie schnell könne denn eine grüne Wiese zu einer Erstaufnahme-Einrichtung werden, fragte er – die Rotter Gewerbehalle sei zum Beispiel mit der Erschließung fertig.

Das Rotter Gemeindeoberhaupt Daniel Wendrock (rechts im Bild oben) wird seit Monaten – genauer gesagt seit einem Jahr – so auch heute nicht müde, immer wieder zu betonen, dass es in Rott allein von der Infrastruktur schon gar nicht möglich sei, 300 Menschen über Nacht aufzunehmen.

Es scheitere an der Wasserversorgung, die das Landratsamt mit einem „Abtransport des Abwassers und einem Anliefern des Trinkwassers“ lösen wolle …

Verwunderung herrschte über eine Interpretation des Vorgehens der Gemeinde Rott durch den Regierungspräsidenten von Oberbayern, Dr. Konrad Schober. Dieser warf Rott trotz der sachlich vorgebrachten Alternativ-Ideen vor, „einfach nicht zu wollen“ – Integrationsgerede hin oder her in seinen Augen.

Wie bereits geschrieben, Rott wäre bereit eine ganze Turnhalle – 180 Personen – an anderer Örtlichkeit aufzunehmen und menschenwürdig zu integrieren.

Die heutigen Vorwürfe des Regierungspräsidenten wiederum ließ Sepp Lausch als Sprecher des Ausschusses nicht unkommentiert: Nie sei in der Gemeinde Rott von einer Totalverweigerung die Rede gewesen. Ganz im Gegenteil, seit einem Jahr würden sich alle hier große Mühe für Lösungen anstelle der angemieteten Industriehalle geben.

Die Personen-Zahl 300 sei übrigens nur vage, so Landrat Otto Lederer heute. Aktuell seien halt 277 Personen in den beiden Sporthallen untergebracht. Es könnten je nach Situation für eine Erstaufnahme auch mehr Menschen – also über 300 – werden in Rott.

Und nun noch zu einem der Hauptdiskussionspunkte heute: Die Quecksilber-Belastung in der alten Industriehalle am Eckfeld – eine ehemalige Lampenfabrik. Zwei Räume der Halle sollen nach einem Gutachten des Landratsamtes deshalb nun nicht als Schlafräume belegt werden, sondern eventuell zum Beispiel als Toiletten-Bereiche, erläuterte der Landrat. „Die Werte lagen alle deutlich unter dem Gefahrenwert von 0,35 µg/m. Der Zielwert für Quecksilber-Sanierungen wird in sechs von acht Räumen eingehalten – in einem Raum wird er exakt erreicht, in einem weiteren Raum geringfügig überschritten.“ Insgesamt bezeichnete er die gemessenen Werte als „unbedenklich“.

Die Bürgerinitiative in Rott sieht das ganz anders und forderte auch heute erneut ein zweites, neutrales Gutachten. Die Messungen seien zu überprüfen in der Methodik und den Ergebnissen der Belastung. Unterstützung bekamen die Bürger vom Ausschuss-Sprecher Sepp Lausch: Er werde sich für ein zweites Gutachten einsetzen. Denn in seinen Augen könne er nur so eine Entscheidung verantworten den Menschen gegenüber. Er spreche als Familienvater. Und man dürfe nie vergessen, es gehe hier um Menschen … 

Hintergrund-Info zum Petitionsausschuss:

Der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden, auch Petitionsausschuss genannt, ist einer von 14 ständigen Ausschüssen des Landtags in Bayern. Ihm gehören insgesamt 14 Abgeordnete an: Sechs von der CSU, drei von den Freien Wählern – darunter Josef Lausch aus dem Landkreis –  jeweils zwei von den Grünen, der AfD und ein Mitglied der SPD.

Vorsitzende des Ausschusses ist seit einem Jahr Gülseren Demirel von den Grünen – Foto unten Bildmitte vorne.