Bei einer Kartierung konnten 133 Bienenarten im Landkreis Rosenheim festgestellt werden - Auch am Inn bei Wasserburg
Es begann mit einem Zufallsfund. Jonas Garschhammer von der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Rosenheim entdeckt vor zwei Jahren eine Knautien-Sandbiene. Sie hat nichts mit dem Honig auf dem Frühstücktisch zu tun. Der fällt in die Zuständigkeit der Honigbiene. Diese domestizierte, also gezähmte, Bienenart ist in unserer Region nicht alleine. Daneben gibt es noch zahlreiche Wildbienen. Garschhammer fragte sich nach seinem Zufallsfund, wie viele Bienenarten gibt es eigentlich? Er initiierte eine Kartierung, wählte die zu untersuchenden Flächen aus, kümmerte sich um die Finanzierung und begleitete die Suche.
Insgesamt konnten 133 verschiedene Wildbienenarten festgestellt werden. Darunter waren zahlreiche Neufunde für den Landkreis Rosenheim. Große Freude bereitete den Biologen eine kleine Wiese in der Gemeinde Babensham. Allein dort konnten 46 Bienenarten nachgewiesen werden.
Einer der Mitstreiter von Jonas Garschhammer war Wildbienenexperte Sebastian Hopfenmüller. An den markanten Steilufern des Inns in Wasserburg stellte er eine Besonderheit fest: „Hier an den Innleiten baut die Geriefte Steilwand-Schmalbiene ihre Erdhöhlen. Die Untersuchung war in dem steilen Gelände alles andere als einfach, hat sich aber gelohnt, denn die Art ist bayernweit sehr selten.“
Die imposanten Steilhänge bieten vielen Wildbienen einen Unterschlupf, allerdings ist das Blütenangebot heute sehr begrenzt. In vergangenen Zeiten waren die Leiten weitestgehend baumlos und schütter mit Blütenpflanzen bewachsen. Kupferstiche zeugen noch von einer Schaf- und Ziegenbeweidung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Aber seit dem Uferverbau vor 100 Jahren ist die Dynamik stark unterbrochen und Gehölze dominieren die Leiten. Nur noch vereinzelt sind die „Köpfe“ von den markanten Steilwänden zu sehen. Im Schatten der Bäume wachsen kaum Blühpflanzen und viele der ehemals dort vorkommenden Insekten sind heute verschwunden. „Die Steilwand-Schmalbiene ist sozusagen noch das letzte Relikt und heute in Bayern stark gefährdet“, so Hopfenmüller.
Auch in der modernen Agrarlandschaft finden die Wildbienen immer weniger Blumen vor. Um das zu ändern startete das Landratsamt Rosenheim gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband ein Projekt zum Erhalt und der Wiederherstellung von Blumenwiesen. Dabei nehmen Jonas Garschhammer und Rosa Kugler vom Landschaftspflegeverband Rosenheim vor allem die Steilhänge in den Blick, denn viele dieser Flächen sind für moderne landwirtschaftliche Betriebe nicht interessant. Andererseits entwickeln sich gerade auf den mageren und hängigen Flächen besonders artenreiche Wiesen. „Hierfür müssen diese aber ein bis zwei Mal im Jahr gemäht werden“, erklärt Rosa Kugler. „Ansonsten verschwinden die konkurrenzschwachen und lichtbedürftigen Wiesenkräuter in kurzer Zeit unter dem Grasfilz.“
Finanziert werden die Maßnahmen durch den Pflegeverband oder durch staatliche Förderprogramme wie dem Kulturlandschafts- und Vertragsnaturschutzprogramm. Passt die Bewirtschaftung so blühen Wiesensalbei, Nelken und Knautien um die Wette.
Hiervon profitieren wiederum viele Insekten wie die Knautien-Sandbiene. Sie sammelt ihren Pollen nur von der Knautie, auch Acker-Witwenblume genannt. Den Pollen trägt sie dann in ihre Brutzellen, die sie in von ihr gegrabenen Erdhöhlen anlegt. „Viele Wildbienen sind auf bestimmte Blumenarten spezialisiert“, sagt Jonas Garschhammer. „Das heißt je mehr Blumenarten auf einer Wiese blühen, desto mehr verschiedene Wildbienenarten kommen vor.“
Die kleine Rekord-Wiese in der Gemeinde Babensham mit den 46 verschiedenen Bienenarten wird vom Landschaftspflegeverband Rosenheim bewirtschaftet. Insgesamt kommen in Bayern rund 550 Wildbienenarten vor.
Die sind nicht neu, die Arten – sie wurden lediglich erst jetzt entdeckt. Hat halt niemand danach gesucht. Und wenn es mit der Umweltzerstörung so weiter geht, wird es bald auch nichts mehr zu entdecken geben.