Der Jäger Leopold Schlosser umsorgt im Winter das Wild in den Wäldern um Prien
Je mehr Schnee im Winter liegt, umso mehr gibt es für die heimischen Jäger mit der Wildfütterung zu tun. Einer von ihnen im Bereich Prien-Atzing ist Leopold Schlosser Senior. Der 86-Jährige geht seit 70 Jahren auf die Jagd, anfangs zusammen mit seinem Vater. Seit rund 50 Jahren umsorgt er den Jagdbogen Atzing-Nord, dessen Betreuung er vom vormaligen Jäger Josef Liebl übernahm. Bei einem Fütterungs-Nachmittag gewährte er einen Einblick in die winterliche Tätigkeit eines Jägers.
Insgesamt 14 verschiedene Futterstellen gilt es für Leopold Schlosser täglich zu versorgen. Alle zwei Tage werden die Futterplätze soweit es geht mit dem Geländewagen angefahren oder zu Fuß erreicht. Zwischendurch werden die Eimer mit dem Mischfutter, bestehend unter anderem aus Mais und Rüben, hergerichtet. Dazu gibt es noch Getreide und Heu. „Damit habe ich jeden Tag etwas zu tun und ich bin auch täglich draußen in meinem Revier“, so der rüstige Waidmann. Sein Revier verläuft im Westen der Gemeinde Prien vom sogenannten Kirchwald über Mupferting bis Siggenham, grenzt an die Reviere und Gemeinden von Riedering/Söllhuben und Rimsting/Greimharting mit zum Teil interessanten Flurbezeichnungen wie„Paradies“, „Anzwies“ oder „Hölle“.
18 Hochsitze und zehn Kanzeln stehen an günstigen Stellen für die Beobachtung und für den Abschuss des Wildes am und im Wald. Wichtig ist Leopold Schlosser ein gutes Einvernehmen mit den Waldbesitzern und der Jagdgenossenschaft Atzing sowie mit Michael Schlosser Junior und Martin Schlosser. Seine beiden Neffen sind die Pächter des Jagdreviers, das er tagtäglich betreut. „Der Wildbestand ist waldbaulich angepasst und mit dem Jagdvorstand gut abgestimmt“ – damit meint der Jäger vor allem das Rehwild, dessen Bestand durch einen vereinbarten Abschussplan geregelt ist.
Bitte auf den Wegen bleiben!
Sehr selten geworden sind Hasen, seit Jahrzehnten hat es deswegen keinen Abschuss mehr gegeben. Füchse erlegt Leopold Schlosser immer wieder, erst vor kurzem war es ein junges Exemplar, das von der Fuchsräude befallen war. „Wegen dieser übertragbaren Tierkrankheit ist es wichtig, dass Hunde und Katzen, die in die freie Natur kommen, geimpft sind“, sagt Schlosser. Einen persönlichen Appell richtet er an alle Freizeit- und Natur-Genießer: „Gerade in der Zeit der Corona-Einschränkungen sind mehr Leute in den Wäldern zu Fuß und auch mit den Rädern unterwegs. Unbedingt wichtig ist, dass sie auf den Wegen bleiben und nicht kreuz und quer für Unruhe im Wald sorgen, der gerade im Winter ein Rückzugsort des energiegeschwächten Wildes ist. Und am schlimmsten ist es, wenn Leute mit ihren Hunden an die Futterstellen gehen, das bedeutet, dass das Wild fortan diese Stellen meidet“.
Fast einen halben Tag ist Leopold Schlosser unterwegs, um alle Futterstellen zu kontrollieren und zu versorgen, zum Teil werden auch die Wild-Kameras überprüft. Und wenn er trotz Allrad im rutschigen Gelände mal hängen bleibt, dann dauert der Einsatz noch länger. Mit dem Handy kann er die bäuerliche Bulldog- und Abschlepp-Hilfe gerufen. In einem Fall war nach kurzer Zeit beim sogenannten „Bruckenbader-Wald“ Bauer Hans Rauch aus Mupferting mit seinem Fendt zur Stelle und half mit seiner Seilwinde. Für Hans Rauch, der zugleich Vorstand der Jagdgenossenschaft Atzing ist, war dieser Einsatz eine Selbstverständlichkeit und Teil des guten Miteinanders von Jägern und Jagdgenossen – ganz im Sinne von Jäger Leopold Schlosser, der damit seinen Einsatz fortsetzen konnte.
Leopold Schlosser ist seit 1958 über die Kreisgruppe Rosenheim im Bayerischen Jagdverband Mitglied. 2001 erhielt er die Verdienstnadel des Deutschen Jagdverbandes und 2018 die Treuenadel für 60-jährige Zugehörigkeit vom Bayerischen Jagdverband. Franz Sommer, Erster Vorsitzende der Rosenheimer Jägervereinigung über Leopold Schlosser: „Naturverjüngung im Wald ist in den letzten Jahren ein aktuelles Thema der Forstwirtschaft. Wer durch den Wald zwischen Atzing und Wildenwart geht, wird erkennen, dass sich durch Naturverjüngung dort der Wald besonders gut entwickelt. Die regelmäßige Fütterung des Rehwildes durch Leopold Schlosser in der Notzeit hat sicher ihren Anteil daran, da das Wild durch die Fütterung weniger an Fichten und Tannen verbeißt. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die erforderliche Ruhe im Lebensraum des Wildes, die gerade in der jetzigen Zeit oftmals gestört wird.“
Jäger-Appell findet Unterstützung bei Bayerns Forstministerin
Um Rücksicht gegenüber den Wildtieren bittet die Bayerische Forstministerin Michaela Kaniber alle Erholungssuchenden gerade jetzt im Winter. Wegen der eingeschränkten Freizeitmöglichkeiten in der Corona-Pandemie zieht es viele Menschen in die Berge und Wälder. „Wildtiere sind für mich ein Teil unserer bayerischen Heimat, sie sind Mitgeschöpfe, mit denen wir respektvoll umgehen müssen. Sie dürfen nicht auf der Strecke bleiben“, stellte Kaniber fest.
Aktuell sind mehr Wanderer, Skitouren- und Schneeschuhgänger unterwegs als in Vor-Corona-Zeiten. Dabei treffen sie nicht selten auf Wildtiere, die im Winter ihren Stoffwechsel umgestellt haben und existenziell auf Ruhe angewiesen sind. Bei Störungen geht es für diese Lebewesen um Leben und Tod, weil sie bei Störungen vermehrt wichtige körperliche Reserven verbrauchen.
Ministerin Michaela Kaniber appelliert an die Erholungssuchenden, auf den Wegen, Routen und Pisten zu bleiben, unnötigen Lärm und Lichtquellen, wie etwa Stirnlampen, möglichst zu vermeiden. „Ohnehin wäre es aktuell zur Eindämmung des Corona-Virus besser, im Lockdown zuhause zu bleiben. Aber ich habe Verständnis dafür, dass man auch mal raus muss an die gute Luft. Aber bitte mit der nötigen Umsicht, auch gegenüber den Tieren.“
Rücksichtnahme der Erholungssuchenden auf Wild- und Weidetiere ist für die Staatsministerin ein ganzjähriges Thema. Deshalb wird bald eine Informations- und Aufklärungskampagne unter dem Motto „Dein Freiraum. Mein Lebensraum.“ starten. „Wir müssen Wanderer, Tourengeher, Skifahrer, Mountainbiker und Erholungssuchende für die Belange von Natur und Tieren, aber auch für die Belange der Landwirte, Waldbesitzer und Jäger sensibilisieren“, so Kaniber.
Anton Hötzelsperger
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