Vor 55 Jahren: Das erste Chiemgauer Preisplatteln - ein Trachtler erzählt
Im August 1966, also vor inzwischen 55 Jahren gab es im Rahmen des Chiemgauer Gautrachtenfestes das erste gau-offene Vergleichs-Preisplatteln der Gauverbände Chiemgau-Alpenverband und Gauverband I. Einer der Organisatoren war Peter Huber aus Staudach (s. Foto), über seine Heimatgemeinde hinaus als guter Plattler und als „Fünfer Peter“ bekannt. In seiner guten Stube trafen wir uns zu einem Chiemgauer Trachtler-Rückblick.
„Zum Gauverband I gab es damals noch ganz unterschiedliche Kontakte, die zum Teil belastet waren, weil die Chiemgauer Vereine vormals dem Gauverband I angehörten und deshalb als ‚Abtrünnige‘ galten. Mein Vereins- und Plattler-Kamerad Schorsch Perl und ich hatten schon länger den Wunsch, mit dem Gauverband I ein Vergleichsplatteln zu machen. So organisierten wir das erste Treffen über den Verein und nicht über den Gauverband“ – und Peter Huber ergänzt dies mit der Information, dass die Abstimmungen mit dem damaligen Gauvorplattler Alfons Plerreiter aus Ruhpolding erfolgten, dass alle 23 Chiemgauer Vereine und 40 Vereine des Gauverbandes I angeschrieben wurden und dass es je Verein eine Teilnehmer-Beschränkung gab. Peter Huber: „Manche Trachtler befürchteten, dass das gauübergreifende Preisplatteln so enden könnte wie das erste Chiemgauer Gaupreisplatteln in Grassau, nämlich mit einer gescheiten Rauferei, aber alles verlief sportlich-kameradschaftlich“.
Geplattelt wurde damals in zwei Altersklassen, nämlich bis 25 Jahre und über 25 Jahre, jeder Gau stellte die Hälfte der Preisrichter. Nicht ganz einfach war im Vorfeld die Festlegung der Plattler. In der Altersklasse I gewann Martin Auracher aus Reit im Winkl vor Sepp Messerer aus Prien, Sebald Bachmann aus Schleching, Sepp König aus Siegsdorf und Valentin Kloiber vom Trachtenverein Ruhpolding-Zell. In der zweiten Altersklasse siegte mit der Tagesbestnote von 39,8 Punkte Hubert Haas aus Hohenaschau vor Otto Dufter aus Unterwössen, Anton Egger aus Inzell, Siegi Bichler aus Unterwössen und Sepp Posch aus Ruhpolding. Insgesamt gab es 30 Preise, die allesamt von Peter Huber und Schorsch Perl besorgt wurden.
Der allererste Auftritt bei einem Chiemgauer Gau-Dirndldrahn
Das erste Gau-Vergleichsplatteln war nicht die einzige Premiere im reichen Trachtlerleben von Peter Huber. Er war es auch, der sich beim Schuster und Schnitzer Heinz Müller in Grassau einen besonderen, nicht zwiegenähten Goiserer-Haferlschuh machen ließ. Dieser war viel leichter als die gewöhnlichen und bisherigen Plattlerschuhe. „Nach dem ersten Prototyp wurde noch weitergetüftelt und Hubert Haas setzte sich stark für den Schuh ein, der schnell von vielen Plattlern übernommen wurde. Von einem Tag auf den anderen wollte jeder plötzlich den sogenannten ‚Gauplattler‘ haben, der Schuster kam mit den Anfertigungen nicht mehr nach“.
Peter Huber war auch mit dabei als 1961 die Gaugruppe des Chiemgau-Alpenverbandes anlässlich einer Auftritts-Anfrage für den Komödienstadel des Bayerischen Fernsehens (Foto rechts) gegründet wurde. Zwei Jahre zuvor war er zu Besuch beim Dirndldrahn in Unterwössen, zusammen mit den Staudacher Dirndl Christl Holzner und Rosi Klauser. „Da haben wir uns gesagt, das können wir auch und ich habe mir gleich eine andere Variante beim sogenannten Einfangen überlegt.“ Als dann 1960 das erste Gaudirndldrahn des Chiemgau-Alpenverbandes in Grassau war, da waren die beiden Staudacher Dirndl die Erstbesten vor der Drittplatzierten Elisabeth Haas aus Hohenaschau und sie durften mit zum Komödienstadel-Auftritt. Weil Peter Huber damals über den Staudacher Verein hinaus als guter „Einfanger“ bekannt war, wurde er auch von Teilnehmerinnen anderer Vereine angefragt und so kam es, dass er durch die Startnummer Eins mit Inge Hartl aus Übersee der allererste Bua bei einem Chiemgauer Dirndldrahn war.
Polizei-Plattler-Gruppe und 35 Jahre Jugendleiter
Sein erstes Vereinspreisplatteln war 1946 als er mit acht Jahren einen achtbaren achten Platz als Zweitjüngster bei zwanzig Buam erreichte, den dabei bekommenen Teller hält er an der Wand seiner Stube in Ehren. „In den nächsten Jahren wurde ich immer besser und gewann in 35 Jahren nur einmal nicht beim Staudacher Vereinspreisplatteln“. Wie Huber weiter erinnert, war er bis zum 58. Lebensjahr oft beim Gaupreisplatteln abei. Als Mitglied der Gaugruppe kam er viel herum, unter anderem auch bei der Funkausstellung in Berlin. Auch in seiner Berufszeit bei der Grenzpolizei organisierte er für besondere Feierlichkeiten eine „Grenzpolizei-Plattlergruppe“ mit sechs Aktiven aus den Reihen des Gauverbandes I und des Chiemgau-Alpenverbandes.
Für seinen Heimatverein „Staudach“ Hochgern war Peter Huber verantwortlich für einen Festwagen mit Langholz-Motiv, er war Ansager beim Gauheimatabend 2001, 35 Jahre war er Jugendleiter (unter anderem mit der Gründung der ersten Kindergruppe) und einige Jahre war er auch Vorplattler. „Da haben wir mit dem Radl eingesagt und es hat auch ohne Telefon geklappt“, so der gelernte Schreiner und zeitweilige Holzknecht, der seine handwerklichen Fähigkeiten immer wieder gut gebrauchen konnte. So zum Beispiel bei den Planungen und beim Bau eines Probenraumes im örtlichen Feuerwehrhaus oder beim Bau von Martlern, von denen im Achental sieben Stück mit der Handschrift vom „Fünfer Peter“ zu finden sind.
Auch Inge Hartl erinnert sich
Als 1960, also vor gut 60 Jahren in Grassau das erste Gaudirndldrahn des Chiemgau-Alpenverbandes stattfand, da ging Inge Hartl vom Trachtenverein „D´Buchwäldler“ Übersee mit der Nummer 1 an den Start, als Buam zum Tanzen und Einfangen hatte sie sich aufgrund der Proben vorher den „Fünfer“ Peter ausgesucht. „Der Peter war nicht aufgeregt, aber ich, denn ich erfuhr erst beim Eintritt von meiner frühen Startnummer und dann musste ich auch noch Rittern, letztlich landete ich bei 25 teilnehmenden Dirndl auf dem 15. Platz. Der Peter war damalig einfach der beste Einfanger“. Das erste Chiemgauer Gaudirndldrahn gewannen übrigens die Staudacher und ebenfalls die von Peter Huber „eingefangenen“ Dirndl Christl Holzner und Rosemarie Klausner vor Elisabeth Haar aus Hohenaschau.
Text und Fotos: Anton Hötzelsperger
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