Gedanken von Leserin Ulrike Rüd-Bschoch aus Pfaffing - Ein Erlebnisbericht zum Impfen


Sie schreibt, denn es ist viel Zeit dazu – in diesen stillen Stunden rund um die Oster-Feiertage 2021. Ulrike Rüd-Bschoch aus Pfaffing hat uns einen Brief geschrieben. Ein Erlebnisbericht zum Impfen in der Pandemie …

Jeden Morgen hämmern die Nachrichten in meinem Kopf:
Deutschland hat bei der Impfbestellung versagt – Nichts geht schnell genug – Die Impflieferung stockt – Der Impfstoff kostet Leben – Eine 32-jährige Psychologin stirbt nach AstraZeneca- Impfung an einer Sinusvenenthrombose …

Aber nicht nur da, auch beim Einkaufen schwirrt das Wort „Impfen“ permanent über einem –  beim Obststand oder in der Warteschlange an der Kasse – schwebend über den Köpfen der Menschen in eineinhalb Meter Abstand. Zwar kaum zu verstehen durch den Mundschutz und dennoch hörbar:

„Hatten Sie Astra oder Biontech?“
„Ach – Schüttelfrost aber kein Fieber“?
„Ach so, Sie halten nichts davon …“
Gibt es noch andere Themen? Ja, natürlich, die Hausarztpraxen sind endlich dran, also dann schnell anmelden. Ach du liebe Zeit, 500 Anmeldungen bei 18 Dosen pro Woche? Wie das? Die Politik hat versagt …
Und heute habe ich meinen Termin per Internet bekommen. Ausgerechnet den Ladenhüter Astra …
Und dann soll ich ins Impfzentrum, wo ich wahrscheinlich in einer langen Warteschlange im Freien bei Graupelschauer anstehen muss, bis ich registriert werde. So ein Foto war doch neulich in den Medien zusehen. Aber impfen, impfen, impfen und testen, testen testen …

Mit Magendrücken, aber guten Wünschen von all meinen Freunden, dass es schon gut gehen werde, fahre ich los, denn ich habe zwar das Risikoalter – aber gleichermaßen auch das Alter, ohne größeres Risiko der Nebenwirkungen von Astra. Beruhigend. Und dann hab ich noch ein geringeres Risiko Corona zu bekommen.
Mit dieser Risiko-Abwägung fahre ich also bei minus zwei Grad und Schneeschauer und dick eingepackt nach Rosenheim. Navi eingestellt auf Impfzentrum, Kapuzinerweg 2.
In der Ebersberger Straße in Rosenheim erwarten mich rechterhand durch Bauzäune voneinander abgetrennte Parkplätze sowie freundliche, eingemummte Parkeinweiser. Die selbst noch dann freundlich sind, als ich trotz der Einweisung in einem absoluten Halteverbot lande …
Am Haupteingang begrüßen mich weiße Fahnen mit dem Aufdruck „Impfzentrum/Eingang“ und wieder zwei freundliche Augen über weißem Mundschutz, die mich in die Halle geleiten. Der vorschriftsmäßige Handdesinfektions-Spender wird mir gezeigt und mein Bild im kleinen Monitor zeigt grünes Licht, ich bin tatsächlich registriert. Also, hat doch geklappt mit der Digitalisierung.
Und auch die Kontrolle vor der ersten Trennwand bringe ich hinter mich – hier macht der PC etwas Zicken, also muss mein Formular am Nebentisch gedruckt werden, aber auch diese kleine Panne verläuft ruhig und freundlich.
Schließlich werde ich in einen großen Raum geleitet, in dem schon zehn andere Wartende sitzen und bekomme über Monitor gute, klare, sachliche Erklärungen über den Impfstoff.

Eigentlich war ich doch bestens informiert, über die Medien, die Talkshows, das Radio, aber eigenartigerweise werde ich erst hier ganz ruhig.
Ich habe das Gefühl, dass die viel kritisierte Bürokratie hier wie am Schnürchen klar und ohne Drama abläuft.
Und schließlich werde ich geholt und auch hier, im Herz des Zentrums sozusagen bei dem Mediziner und seinen beiden Assistenten, geht alles sachlich und zügig seinen Weg.
Schließlich muss ich mich noch 15 Minuten in einem anderen Warteraum unter Beobachtung aufhalten, damit bei etwaigen Spontan-Reaktionen nach der Impfung sofort medizinische Hilfe geleistet werden kann.
Dann packe ich meine Sachen und verlasse leichten Schrittes das Zentrum.
Ich habe es überstanden und würde jetzt gerne im Nebengebäude eine gute Brotzeit zu mir nehmen.
Insgesamt wünsche ich mir mehr Toleranz und Gelassenheit in unserer Gesellschaft, denn es läuft doch. Und es muss weitergehen – es gibt noch andere Themen, die brisant sind, um eine Zeitenwende einzuleiten.
Ulrike Rüd-Bschoch