Alte Linde bei Schönau in der Gemeinde Tuntenhausen wird zum Habitatbaum

Nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz können „Einzelschöpfungen der Natur“ besonders geschützt werden, deren Erhaltung wegen ihrer „herausragenden Schönheit, Seltenheit, Eigenart oder ihrer ökologischen, wissenschaftlichen, geschichtlichen, volks- oder heimatkundlichen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt“. Insgesamt 46 Bäume im Landkreis genießen derzeit den Schutzstatus als Naturdenkmal. Dazu gehört auch die Sommerlinde an der Lindenstraße bei Schönau in der Gemeinde Tuntenhausen. Im Rahmen der jährlichen Regelkontrollen der Naturdenkmäler im Landkreis Rosenheim wurden kürzlich erhebliche Zweifel an der Verkehrssicherheit des rund 200 Jahre alten Baumes festgestellt.

 

Ein im Sommer 2021 in Auftrag gegebenes Gutachten hat diesen Verdacht leider bestätigt, sodass massive Einkürzungen unumgänglich sind. Die Sommerlinde leidet unter anderem an einem starken Pilzbefall durch den Schuppigen Porling, der zu einem massiven Holzabbau und folglich einer hohen Bruchgefahr führt. Der Baum wurde daher in der Vergangenheit bereits stark eingekürzt und mit einer statischen Kronensicherung versehen, um für Entlastung zu sorgen. Die Linde ist aufgrund der fortgeschrittenen Fäulnis nun nicht mehr zu retten. Wegen ihres Alters, der Geschichte und der ökologischen Bedeutung wird von einer Fällung des Baumes abgesehen. Nun geht es darum, die Sommerlinde in Würde sterben zu lassen und ihr eine an natürliche Prozesse angepasste letzte Aufgabe als Habitatbaum zu ermöglichen.

 

Habitatbäume bieten mit ihren Höhlungen, Morschungen und Totholzanteilen wichtige Lebensräume für zahlreiche Vogelarten, Säugetiere, Insekten und Pilze. Zusätzlich nehmen solitär stehende Altbäume eine wichtige Rolle bei der Verknüpfung von Lebensräumen ein und dienen vielen Arten als Trittstein für die Besiedelung oder den Übertritt in neue Lebensräume. Kreisfachberater Roman Pröll will in Absprache mit einer Baumpflege-Fachfirma zusätzlich noch künstliche Höhlungen am verbleibenden Baum schaffen, bestehende Höhlungen, die aufgrund der Verkehrssicherungsmaßnahmen entfernt werden müssen, wieder im Baum einbauen und natürliche Astausbrüche simulieren. So soll der geschichtsträchtige Baumriese einem möglichst großen Artenspektrum als Lebensraum dienen und weiterhin seine Geschichte erzählen dürfen. Die notwendigen Arbeiten an der Sommerlinde sollen Ende Januar/Anfang Februar durchgeführt werden.

 

Grundsätzlich leisten Bäume nicht nur einen enorm wichtigen Beitrag im Hinblick auf die Artenvielfalt, sondern sind auch hervorragende Klimaschützer. Im Durchschnitt gibt ein hundertjähriger Baum pro Stunde 12.000 Liter Sauerstoff an die Luft ab. Damit kann er fünfzig Menschen Luft zum Atmen liefern. Im Gegenzug entnehmen Bäume der Atmosphäre CO2 und speichert dieses Kohlendioxid im Holzkörper. Laubbäume verdunsten an heißen Sommertagen bis zu 400 Liter Wasser und entziehen dabei der umgebenden Luft Wärme. Vor dem Hintergrund des Klimawandels, ist es unerlässlich den vorhandenen Baumbestand mit allen verfügbaren Mitteln als unersetzliches Naturkapital für die Zukunft zu sichern.