24-Jähriger wegen Gefährdung des Straßenverkehrs vor dem Rosenheimer Amtsgericht
Die Verhandlung vor dem Amtsgericht Rosenheim gegen einen 24-jährigen Fliesenleger begann mit der Einlassung seines Verteidigers, es gebe von diesem Vorfall, um den es heute gehe, ein kurzes Video. Darin könne man gut erkennen, wie harmlos das Ganze gewesen sei. Die vorsitzende Richterin war mit der Vorführung des Videoclips, der von der Bordkamera eines Sattelauflegers aufgenommen wurde, einverstanden. Also sahen sich alle Prozessbeteiligten an, was am 1. April 2021 auf der Bundesstraße 15 zwischen Wasserburg und Rosenheim geschehen war.
Man konnte gut erkennen, wie ein Pkw auf der B15 an einem Sattelzug vorbeifuhr und förmlich in letzter Sekunde seinen Wagen wieder auf die rechte Fahrbahn zurück lenkte, so dass es hierdurch gerade nicht mehr zu einem Frontalzusammenstoß mit einem entgegen kommenden Sattelaufleger kam. Dieser frontale Zusammenstoß wurde auch verhindert durch die geistesgegenwärtige Reaktion des Fahrers des Sattelauflegers, der sein Fahrzeuggespann mit einer Vollbremsung zum Stillstand brachte. Leider fuhren ihm zwei Pkw, die nicht mehr rechtzeitig bremsen konnten, hinten auf.
Den Angeklagten soll das nicht so sehr gekümmert haben und er sei weitergefahren. Vor Gericht räumte der Angeklagte ein, dass es ein wenig knapp gewesen sei, das Ganze sei aber doch eher harmlos gewesen. Er habe einfach keine Lust gehabt, hinter dem Sattelschlepper herzufahren. Seine Baseballmütze nahm er während der gesamten Verhandlung nicht vom Kopf, auch nicht, als alle Anwesenden sich von ihren Plätzen erhoben, als die Richterin eintrat.
Er habe zunächst überhaupt nicht gemerkt, dass es so knapp werden könnte. Sein neben ihm sitzender Beifahrer habe das auch nicht gemerkt. Die Richterin fragte den Angeklagten, ob er denn glaube, alles richtig gemacht zu haben in dieser Situation. Der Angeklagte antwortete mit einem knappen „Ja“.
Der Fahrer des Sattelauflegers wurde anschließend als Zeuge befragt und meinte nur, ihm sei in dieser Situation „das Herz in die Hose gerutscht“, als er die Vollbremsung seines Fahrzeugs durchführte. Auch ein zweiter Zeuge wurde befragt, ob diese Situation knapp gewesen sei und der zweite Zeuge meinte nur „sehr knapp“.
Dass der Angeklagte bemerkt habe, dass ein oder zwei Fahrzeuge nicht mehr hätten bremsen können, wollte niemand zweifelsfrei erklären.
Weitere sechs Monate Fahrverbot
Obwohl sein Verteidiger einen Freispruch verlangte, wurde der Angeklagte verurteilt, allerdings nicht wegen Unfallflucht, denn dies konnte ihm nun nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, wohl aber wegen Gefährdung des Straßenverkehrs. Da er mit seinem Verhalten auch seinen Beifahrer gefährdet habe, verurteilte ihn das Gericht zu siebzig Tagessätzen Geldstrafe zu je 45 Euro.
Seinen seit Dezember 2021 eingezogenen Führerschein darf er erst nach weiteren sechs Monaten Sperrfrist neu beantragen. Natürlich trägt er auch die Kosten des Verfahrens. Der Angeklagte nahm das Urteil scheinbar ungerührt zur Kenntnis, die Baseballkappe auf dem Kopf tragend und die Hände in den Hosentaschen vergraben.
RP
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