„Tag der seltenen Erkrankungen": Julia B. berichtet bei der „dsai“ in Schnaitsee

„Ich fühle mich von der Politik vergessen – sind wir ‚Seltenen‘ in unserer Gesellschaft denn so unwichtig?“ Julia B. brachte am „Tag der seltenen Krankheiten“ zum Ausdruck, was viele Menschen mit dem angeborenen Immundefekt umtreibt: Ein durch die Pandemie verstärkter, besorgniserregender Mangel an verfügbarem Blutplasma. Wie alle Patientinnen und Patienten mit einem angeborenen Immundefekt ist Julia auf Medikamente angewiesen, die aus menschlichem Blutplasma hergestellt werden. Plasma, das von freiwilligen Spenderinnen und Spendern stammt. Die Patientenorganisation für angeborene Immundefekte „dsai“ mit Sitz in Schnaitsee sieht die Gesundheitspolitik in der Pflicht, für ausreichend verfügbares Plasma zu sorgen, unter anderem durch eine Liberalisierung der Spendebedingungen.

Damit diese und andere Forderungen rund um seltene Erkrankungen weltweit ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangen, gibt es seit 2008 den internationalen „Tag der Seltenen Erkrankungen“, immer am letzten Tag des Februars. Ziel dieses Aktionstages ist es, über seltene Krankheiten zu informieren und Betroffenen eine Stimme zu geben.

„Es kann nicht sein, dass in Deutschland und Europa Menschen darum bangen müssen lebenswichtigen Medikamente zu erhalten“, stellte dsai-Bundesvorsitzende Gabriele Gründl fest. „Aktuell lassen nur vier europäische Länder eine freie Spende zu, neben Deutschland sind das Österreich, Tschechien und Ungarn. Das müssen wir dringend ändern und ich sehe es als Aufgabe der Politik, eine europäische Lösung herbeizuführen.“

Hinzukommt ein Aspekt, den die Betroffene Isabell P. thematisiert: „Ich habe große Angst, dass durch die Corona-Pandemie Plasma ‚abgezweigt‘ wird und es dadurch für uns noch knapper werden könnte.“ Wie Julia B. leidet die 31-Jährige an einem angeborenen Immundefekt. Um ein halbwegs normales Leben führen zu können, erhält sie zweimal wöchentlich eine Transfusion mit Immunglobulinen, Anti-Körper-Präparaten, die aus gespendetem Plasma hergestellt werden. Seit Beginn der Pandemie forscht die Medizin daran, Antikörper aus dem Blutplasma von COVID-19-genesenen Menschen für den Schutz vor schweren Verläufen zu verwenden – und ist damit ebenfalls auf die Spendenbereitschaft von Freiwilligen angewiesen.

„Der ,Tag der Seltenen Erkrankungen‘ ist ein wichtiges Datum für unsere Bemühungen, mehr Aufmerksamkeit für angeborene Immundefekte zu schaffen. Patientinnen und Patienten sind davon abhängig, dass gesunde Menschen Plasma spenden. Die Politik muss attraktive Rahmenbedingungen schaffen, die mehr Menschen dazu ermuntern, regelmäßig zur Plasmaspende zu gehen“, betonte Gabriele Gründl beim Gespräch in Schnaitsee.

 

Foto: Isabell P. leidet an einem angeborenem Immundefekt ist auf Blutplasma angewiesen.

UK