16. Wasserburger Theatertage gestern eröffnet - Abwechslungsreiches Programm bis 7. Mai
Nach zweijähriger Zwangspause konnten gestern die 16. Wasserburger Theatertage eröffnet werden. Das gibt Hoffnung den Akteuren und dem Publikum, Hoffnung, dass ein reichhaltiges, kulturelles Leben wieder möglich sein wird. In Anwesenheit von Landrat Otto Lederer, Bürgermeister Michael Kölbl, Zweitem Bürgermeister Werner Gartner und der Kulturreferentin Edith Stürmlinger begannen die Theatertage mit einer Lesung von Udo Samel. Auch das ist mittlerweile eine gute Tradition, dass Udo Samel (rechts) zur Eröffnung dieser Veranstaltungsreihe liest.
In diesem Jahr stand die Erzählung eines Vertreters der deutschen Romantik, Ludwig Tieck, auf dem Programm. „Liebesgeschichte der schönen Magelone und des Grafen Peter von Provence“, so heißt die etwas märchenhaft anmutende Erzählung, die von Ludwig Tieck mit siebzehn Gedichten versehen wurde, eine in der Romantik durchaus übliche Methode der Verfeinerung. Johannes Brahms hat von diesen 17 Liedern 15 vertont. Und die Zuschauer im Theater Wasserburg durften auch diese Lieder hören, die Christoph Prégardien, ein mehrfach ausgezeichneter Tenor, der mit den Wiener und den Berliner Philharmonikern und auch mit Dirigenten wie Daniel Barenboim oder Christian Thielemann, zusammengearbeitet hat, zum Besten gab.
Der Rektor der Hochschule für Musik in Karlsruhe, Hartmut Höll, saß am Flügel und begleitete Christoph Prégardien beim Vortrag der Lieder. Diese Lieder dokumentierten ein hohes Maß an Eindringlichkeit, so dass der Inhalt der Erzählung auf diese Weise höchst gekonnt musikalisch untermalt werden konnte.
Dabei ist die Liebesgeschichte schnell erzählt: Der Grafensohn Peter von Provence zieht auf Rat eines Sängers fort, um die Welt kennenzulernen. In Neapel beeindruckt er als unbekannter Ritter auf dem Turnier die Königstochter Magelone. Als Sieger darf er ihr gegenübersitzen, sie tauschen heimlich über ihre Amme Botschaften, er besucht sie und schenkt ihr drei Ringe. Ihr Vater will sie mit einem berühmten Ritter vermählen und gibt noch ein Turnier, doch Peter siegt wieder. Er stellt Magelone auf die Probe indem er sagt, er müsse abreisen. Sie flieht mit ihm. Als sie müde wird, rasten sie im Wald. Ein Rabe stiehlt die drei Ringe, die Peter bei der Schlafenden findet. Beim Versuch, sie aus dem Wasser zu fischen wird Peter in einem Kahn aufs Meer getrieben. „Heiden“ bringen ihn zum Sultan, wo er ein angesehener Gärtner wird. Als dessen Tochter Sulima sich heimlich mit ihm treffen will, flieht er und kommt durch Fischer ausgerechnet zu der Wiese, wo Magelone mittlerweile bei einem Schäfer lebt. Er erzählt ihr alles und sie gibt sich zu erkennen. Nun reisen sie glücklich zu seinen Eltern. Auf der Wiese bauen sie einen Sommerpalast und leben fortan glücklich.
Die Lesung und der Gesang zeigten deutlich, dass die wirkliche Liebe erst dann möglich ist, wenn die Liebenden sich vorher selbst finden. Dazu dient dann auch eine lange Reise. Udo Samel trägt diesen Grundtenor auch gelungen vor: „Peter erwachte von sich selber“ und „und wenn Ihr mich liebt, so sollt Ihr dennoch reisen!“ sind nur zwei Beispiele, wie Tieck diese Botschaft dem geneigten Leser nahebringen will.
Mit dem Lied „Treue Liebe dauert lange“ wird diese Erkenntnis auch musikalisch untermauert.
Das Theater Wasserburg war nahezu vollständig gefüllt, so viele Menschen bei einer Veranstaltung hatte man wohl schon länger nicht mehr gesehen. Umso mehr war es eine höchst erfolgreiche Premiere der 16. Wasserburger Theatertage, nach pandemiebedingter, zweijähriger Zwangspause.
Uwe Bertram eröffnete dann, auch dies ein Novum, die Theatertage im Anschluss an den künstlerischen Teil des Abends. Das Publikum verspürte in den zweieinhalb Stunden des Abends keine Sekunde Langeweile oder Leerlauf. Die hochkarätige Besetzung, das tief berührende Sujet und der exzellent gestaltete Vortrag ließen den Kulturabend zu einem eindrücklichen Erlebnis werden.
Die 16. Wasserburger Theatertage dauern noch bis zum 7. Mai – wir berichten in einer eigenen Reihe gesondert über alle Abende.
Am heutigen Mittwoch lädt Matthias Fischer zu einer gedanklichen Reise unter dem Titel „Irische Märchen“, am 28. April dann spielt das Zentraltheater das Stück „Unter Verschluss“, dort geht es um das Thema Macht und Machterhalt. Am 29. April dann spielt das „Theater… und so fort“ das Stück „The fear of 13“, ein Plädoyer gegen die Todesstrafe und für das Leben; am 30. April dann spielt das „Theater für die Jugend“ das Stück „In 80 Tagen um die Welt“ in Anlehnung an Jules Vernes Roman.
Die freie Bühne München wartet am 1. Mai mit „Peer Gynt“ auf, am 2. Mai das „Sensemble“ mit dem Stück „Waisen“, das Metropoltheater spielt am 3. Mai das Stück „Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“, am 4. mai dann folgt das „Junge Theater Rosenheim“ mit dem Stück „Kohlhaas“ in Anlehnung an Kleists „Michael Kohlhaas“, jenem Stück, in dem der Held beim Streben nach Gerechtigkeit selbst zum Verbrecher wird.
„Spank for Spa“ heißt die Produktion, mit der die Gruppe „Megaplot“ am 5. Mai auftreten wird. Schließlich wird am 6. Mai die „Kulturbühne Spagat“ das Stück „Kitzeleien“ aufführen und zum Abschluss am 7. Mai präsentiert das Theater Wasserburg die Lesung „Wem seine Heimat“.
Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es online bei www.theaterwasserburg.de, bei der Abendkasse, bei der Tourist-Info in Wasserburg, im Kroiss-Ticket-Zentrum in Rosenheim und beim Kulturpunkt in Isen.
Nach dieser sehr gut gelungenen Auftaktveranstaltung darf man auf die weiteren Darbietungen gespannt sein.
RP / Fotos: Christian Flamm
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