Zentraltheater München brachte spannende Inszenierung auf Wasserburger Theaterbühne
Moral hat man – oder eben nicht. So könnte es stimmen, doch nicht jede Situation bringt Klarheit, ob Mann oder Frau mit Moral den gewünschten Karriereerfolg hinbekommt. Wie aus dem echten Leben und doch auch stark überzeichnet, so verkörpern die beiden Schauspieler Wowo Habdank (Präsident) sowie Yasmani Stambader (persönlicher Referent des Präsidenten) und die beherzte Schauspielerin Ulrike Dostal (Journalistin Silvia) die Diskrepanz eines modernen Alltags und den deutlichen Zwiespalt der Entscheidung zum Wohle der eigenen Karriere oder doch der eigenen Familie unter ungleichen Machtverhältnissen auf besonders lebendige Art und Weise.
Das erkennt auch der Zuschauer, der beim Stück „Unter Verschluss“ am Donnerstagabend bei den 16. Wasserburger Theatertagen gebannt der Darbietung des Zentraltheaters München entgegensah.
Das Stück wurde vom bekannten Schauspieler und Regisseur Michele Cuciuffo inszeniert, es war ein pulssteigerndes Stück mit drei tollen Charakteren, die voller Leidenschaft spielten. In den Zuschauerreihen fieberte man mit, gleichzeitig war Nachdenken gefragt.
Knallhart, süffisant und zugleich hintergründig könnte die Kurzbeschreibung der Story sein: Eine ehrgeizige und erfahrene Journalistin kann zunächst noch gut mit dem jovi-haftem Verhalten Ihres Gegenübers, dem mächtigen Präsidenten, umgehen. Plötzlich gerät sie selbst in die Bredouille. Eigentlich wollte sie im Live-Interview mit dem Präsidenten, der die Machtverhältnisse klar zeigt, einen Skandal aufdecken und den Präsidenten direkt damit konfrontieren, dass Beweisfotos zu einem pädophilen Vergehen vorlägen. Die Präsidentschaft könnte stark davon betroffen sein. Doch noch bevor das Interview startete, steht sie selbst vor einem Dilemma. Die Verhaftung Ihrer minderjährigen Tochter, die mutmaßlich als Drogendealerin vor der Schule erwischt worden war, könnte der Karriere der Journalistin schaden. Doch der Präsident wäre nicht der Präsident, wenn er nicht auch hier seine Machtverhältnisse geschickt einsetzen könnte, und Reporterin Silvia einen korrupten Deal anbieten würde. Bis kurz vor Schluss war sich der Zuschauer nicht bewusst, wie die Entscheidung Silvias ausgehen wird. Die Story zeigt, wie brisant die gefährliche Mischung aus Macht und Angst nach wie vor sein kann.
Regina Mittermair / Fotos: Christian Flamm
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