Zum 30-jährigen Bestehen gab's heute einen außergewöhnlichen Lokaltermin in Wasserburgs Kultdisco

„Um 11 Uhr vormittags bin ich mindestens genau so selten in einer Disco, wie um 11 Uhr abends“, lachte heute Bürgermeister Michael Kölbl (Zweiter von rechts), der sich zusammen mit Kulturreferentin Edith Stürmlinger (rechts) zum Lokaltermin im „Universum“ einfand. Hans Enzinger, Besitzer der Wasserburger Kultdisco (Mitte), und Betreiberin Sandra Nikolic (Zweite von links) hatten ihn und die Kulturreferentin zu einer kleinen Bilanz und einem Ausblick eingeladen. Der Anlass: In diesen Tagen feiert das „Uni“ sein 30-jähriges Bestehen.

 

„Drei Jahrzehnte mit vielen Höhen und Tiefen liegen hinter uns“, sagte Hans Enzinger, der sich aktuell ein bisschen frustriert zeigt: „Das Uni bietet junge Menschen in der Sozialisierungsphase eine Anlaufstelle, einen attraktiven Aufenthaltsort und betreibt damit aktiv Sozialarbeit, die die Staat und damit die Gemeinschaft nicht bezahlen müssen. In einem multikulturellen Ort wie Wasserburg schließt das Uni niemanden aus. Ganz im Gegenteil: Wir sind ein Schmelztiegel, ein Ort des Kennenlernens.“

Leider gebe es unter 1000 Gästen auch immer den einen oder anderen, der über die Stränge schlage und Ärger bereite. „Dann steht die Polizei auf der Matte. Meist ohne Vorwarnung. Und dann gibt es wieder dicke Negativschlagzeilen.“ Was Enzinger in diesem Zusammenhang besonders ärgert: „Das Uni hat einen geschulten und geprüften Sicherheitsdienst, der ein Höchstmaß an Prävention und Sicherheit bietet. Dieser kostet auch viel Geld. Die privaten Partys rundherum investieren fast nie in einen Sicherheitsdienst und gewährleisten meist auch keine Sicherheit. Dennoch sind wir fast immer die, die in der Schusslinie stehen, die Privaten so gut wie nie.“

Die Betriebsleitung des „Uni“ arbeite eng mit der Polizei und den Aufsichtsbehörden zusammen. „Leider darf die Polizei uns die stadtbekannten Problemfälle aufgrund des Datenschutzes nicht melden. Diese Personen bekämen bei uns Einlassverbot. Wir könnten uns da viel Ärger sparen“, so Enzinger, der sich enttäuscht zeigte, dass die Polizei heute aus terminlichen Gründen das Treffen im „Uni“ im Vorfeld abgesagt hatte.

Auch Sandra Nikolic, die mit ihrem technischen Leiter Tobi Rauer die Kultdisco seit 2019 managt, versteht den einen oder andern Polizeibericht nicht: „Auch wenn in der Alkorstraße oder 200 Meter von unserem Parkplatz was passiert – immer war’s das Uni. Wir betreiben die Disco gerne und mit viel Leidenschaft, das zeigt unter anderem auch, dass wir während der Corona-Phase alles unternommen haben, um mit unserem Beach-Club ein Alternativprogramm im Freien anbieten zu können. Aber manchmal sind die Widerstände schon gewaltig. Das frustriert uns auf Dauer ein bisschen.“

 

Rückendeckung vom Bürgermeister

Rückendeckung bekamen Enzinger und Nikolic von Bürgermeister Michael Kölbl: „Ich verfolge das Uni schon immer sehr genau und freue mich immer, wenn es geöffnet hat und gut läuft. Dann müssen die jungen Menschen aus unserer Stadt nicht irgendwo anders hin fahren.“ Gerade jetzt nach Corona spüre er ein Vakuum, einen großen Drang der Jugend nach Unterhaltung mit Gleichaltrigen. „Das Uni gehört zu uns und ist wichtig für eine Schulstadt wie Wasserburg.“ Er könne sich vorstellen, wie schwierig es sei, einen solchen Laden am Laufen zu halten. „Das Universum ist aber nach wie vor in guten Händen“, ist sich Kölbl sicher.

 

Hans Enzinger ging anschließend auf die bewegte Geschichte der Kultdisco ein, die für Generationen von Jugendlichen aus Stadt und Altlandkreis Party-Location Nummer eins war. Der damalige Bürgermeister Dr. Martin Geiger habe in den 90-er Jahren so zusagen als „göttlicher Stratege“ das „Universum“ mit erschaffen. „Er forderte damals, dass Wasserburg als Mittelzentrum eine große Diskothek bekommt. Er wusste, dass diese Einrichtung wichtig für die jungen Menschen in der Region ist und zur Sozialisierung beiträgt, die Stadt also unbezahlte Sozialarbeit erhält, die sie nicht wie das Jugendzentrum mit hohen Zuschüssen aus dem Stadtsäckel finanzieren muss.“ Allen Widerständen zum trotz habe man das jetzt drei Jahrzehnte durchgehalten – „trotz Mega-Brandschutzauflagen und der langen Schließung wegen der Umbauarbeiten, trotz der zweijährigen Corona-Pandemie und trotz einiger ungeeigneter Betreiber zur Jahrtausendwende, die den Betrieb beinahe komplett an die Wand gefahren haben“, so Enzinger nicht ohne Stolz.

 

Mit großem Interesse verfolgte auch Edith Stürmlinger, Kulturreferentin der Stadt, die Ausführungen von Hans Enzinger. Sie könne sich vorstellen, dass an veranstaltungsfreien Tagen durchaus auch ein Kulturprogramm in der Diskothek laufen könne. Sie versprach, entsprechende Kontakte herzustellen.

Sandra Nikolic freut sich jetzt erstmal aufs Frühlingsfest, bei dem das „Uni“, direkt neben dem Festplatz gelegen, spezielle Angebote und Öffnungszeiten präsentieren wird. „Und ab 2. Juli legen wir dann wieder mit unserem Beach-Club los“, verspricht sie dem Wasserburger Party-Volk.

 

Sandra Nikolic mit Robert Berer (Mitte), der die Disco von 2007 bis 2015 betrieb und immer noch den Verantwortlichen mit Rat und Tat zur Seite steht, zusammen mit Besitzer Hans Enzinger.