Regionalgruppe des Vereins „Deutsche Sprache" führte Tagung durch

Er existiert seit 1997 und hat mittlerweile mehr als 36.000 Mitglieder, der Verein „Deutsche Sprache“. Unter den Mitgliedern finden sich auch illustre Namen wie: Hans-Jürgen Buchner (Haindling), Peter Hahne (ZDF), Dieter Hallervorden, Waldemar Hartmann (Bayerischer Rundfunk), Ottmar Hitzfeld (Fußballtrainer), Prof. Dr. Paul Kirchhof (ehem. Bundesverfassungsrichter), Peter Kraus (Schlagersänger), Michael Mendl (Schauspieler), Boris Palmer (Oberbürgermeister von Tübingen), Reinhard Schlieker (ZDF), Bastian Sick (Bestsellerautor), Peter Sloterdijk (Philosoph), Simone Olga (Kabarettistin), Hans Zehentmair (ehemaliger Bayerischer Kultusminister). In Bad Endorf hielt der Verein jetzt seine Regionaltagung für die „Region 83“ ab, die umfasst alle Ortschaften, deren Postleitzahl mit 83 beginnen, also auch das Chiemgau und den Altlandkreis Wasserburg.

Der Vorsitzende der Regionalgruppe, Prof. Dr. Wolfgang Hiller (Foto), umriss in seinem Vortrag, den er den erschienenen Mitgliedern hielt, die Themen, um die sich der Verein Deutsche Sprache kümmere. Das seien zum einen die „Anglizismen“, zum anderen die „Gendersprache“. Hiller richtete sein Augenmerk zunächst auf die Anglizismen. Dabei unterschied er zwischen sinnvollen Begriffen, die auch Eingang in die deutsche Sprache gefunden hätten und überflüssigen oder albernen Begriffen.

Sport, Start, Stopp, Test, Trick, Popmusik, Pullover, Keks seien Begriffe, die bereits perfekt in die deutsche Sprache integriert seien und damit einen Teil dieser Sprache ausmachten. Baby, Clown, Cowboy, Couch, Disc Jockey, Flirt, Hobby, Jeans, Job, Party, Snack, Steak, Team, Toast, Training seien Begriffe, die zwar nicht deutsch ausgesprochen würden, aber auch mittlerweile perfekt in unseren Sprachgebrauch integriert seien.

Begriffe wie „User“, „Workaholic“, „Workload“, „Start-up“, „outsourcen“, „downloaden“, „recyclen“, „brainstormen“, „performen“ oder „stylen“ hingegen seien hingegen überflüssig und albern, weil man die hier dargestellten Sachverhalte genauso gut auf deutsch sagen könne, beziehungsweise im Deutschen teilweise sogar präzisere Begriffe habe.

Dann wandte er sich der „Gendersprache“ oder, wie man es sehr häufig höre, der gendersensiblen Sprache zu. Er berichtete, dass es eine Petition an den Deutschen Bundestag gebe, in der die sogenannte Gendersprache abgelehnt werde. Er wies darauf hin, dass die Initiatoren dieser Petition sämtlich Frauen seien. Es gebe aber Menschen, die mit aller Macht das „Gendern“ durchsetzen wollten und jeden, der nicht mitmache, sofort als moralisch verwerflich brandmarkten.

Er referierte die Hauptargumente der „feministischen Sprachkritik“: Frauen seien aufgrund der Verwendung des generischen Maskulinums sprachlich benachteiligt.

Zwei Hauptargumente würden hierfür angeführt:

1. Das generische Maskulinum bezeichne ausschließlich Männer, Frauen seien dadurch nicht „sichtbar“.

2. Psycholinguistische Untersuchen hätten gezeigt, dass mit dem generischen Maskulinum in höherem Maße männliche Personen assoziiert seien; dies sei für Frauen diskriminierend.

Hiller betonte, dass beide Hauptargumente falsch seien. Frauen würden durch das generische Maskulinum nicht diskriminiert, im Gegenteil, sie seien hier einbezogen.

In der deutschen Sprache überwögen nämlich die Feminina zahlenmäßig! Hinzu kämen unzählige Ableitungen mit diversen Suffixen:

-e => Pfeife, Suche, Rede, usw.

-ei => Wäscherei, Brauerei, Reederei, usw.

-heit => Menschheit, Freiheit, Besonnenheit, usw.

-keit => Tapferkeit, Persönlichkeit, Pünktlichkeit, usw.

-igkeit => Süßigkeit, Hilflosigkeit, Kleinigkeit, usw.

-nis => Wildnis, Erkenntnis, Beschwernis, usw.

-schaft => Eigenschaft, Freundschaft, Ärzteschaft, usw.

-ung => Meinung, Bindung, Überraschung, usw.

Bei Bezeichnungen für Menschen gebe es darüber hinaus gar keinen Zusammenhang zwischen dem grammatikalischen Genus und dem Sexus, wie die folgenden Beispiele zeigen mögen:

Generisches Maskulinum: Mensch oder Bösewicht, Leichnam, Nichtsnutz, Gast usw.

Generisches Femininum: Person, Persönlichkeit, Autorität, Geisel, Koryphäe, Führungskraft, Kapazität, Fachkraft, usw.

Generisches Neutrum: Kind, Genie, Mitglied, Opfer, Individuum, Mannequin, Luder, usw. (auch Mädchen, ursprünglich von Maid/Magd)

Hiller berichtete von Gesprächen mit einflussreichen Politikern, die dem Verein „Deutsche Sprache“ inhaltlich zwar zustimmten, aber aus Sorge um Reaktionen der Öffentlichkeit dem Verein die öffentliche Unterstützung versagten. „Kein Politiker will Probleme wegen der Sprache“, sagte Hiller und erwähnte in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass auch der Satz „Die Sprache der Bundesrepublik Deutschland ist Deutsch“ ins Grundgesetz gehöre. Er fand es beschämend, dass es Arbeitsplätze in Deutschland gebe, bei denen Menschen gezwungen würden, mit ihren Arbeitskollegen Englisch zu sprechen. Der Verein Deutsche Sprache und der Schweizer Sprachkreis Deutsch hätten einen Anglizismenindex erstellt, der derzeit mehr als 7.000 Anglizismen enthalte, von denen gerade einmal 20 Prozent als nützlich und brauchbar gelten könnten, so der Referent. Und es gebe auch zahlreiche Anglizismen, die falsch gebraucht würden bzw. im Englischen gar keinen Sinn ergäben. Als Beispiele seien hier nur „Handy“ (diesen Begriff gibt es im Englischen gar nicht) oder „Public Viewing“ (was im Englischen die öffentliche Aufbahrung eines Leichnams bedeutet) genannt.

In der anschließenden Aussprache mit den Mitgliedern wurde deutlich, dass viele der Anwesenden der Ansicht seien, dass es in Deutschland ein merkwürdiges Schamgefühl gebe, wenn man Deutsch spreche. Außerdem gibt es die Vermutung, dass viele in Deutschland mit dem Verweigern der deutschen Sprache ihre Weltoffenheit dokumentieren wollten. Dabei, so der Vorsitzende, dokumentiere es doch vielmehr Weltoffenheit, wenn man von der eigenen Muttersprache aus sich mit anderen Kulturen und Sprachen auseinandersetze.

Im Verein würde hier gerne Friedrich Schiller zitiert: „Wie menschlich Menschen sind, zeigt ihr Umgang mit der Muttersprache.“ Schließlich kam die Rede auf den „Hämepreis“ des Vereins, des „Sprachpanscher des Jahres“. Er sei in diesem Jahr der Juristin Ulrike Lembke von der Humboldt-Universität in Berlin verliehen worden. Im Dezember 2021 veröffentlichte Prof. Ulrike Lembke zusammen mit der Stadt Hannover ein Gutachten zum Gendern, das die Stadt in Auftrag gegeben hatte. Dass eine Juristin die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ als verfassungswidrig einstufte, verblüffte nicht nur Medien, sondern auch viele ihrer Kollegen. „Das war ein lupenreines Gefälligkeitsgutachten, mit dem sich die Stadt Hannover selbst auf die Schulter klopfen konnte“, sagte hierzu Prof. Walter Krämer, Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache (VDS). Die Rechtfertigung des Gendersterns mit Scheinargumenten sei soweit gegangen, dass behauptet wurde, Gerichte würden regelmäßig gegen das Grundgesetz urteilen, wenn sie die sprachliche Gleichstellung der Geschlechter missachteten. Das Grundgesetz gebiete geradezu die Gendersprache. „Aus dem Grundgesetz eine Verpflichtung zum Gendern herauszulesen, ist völlig absurd,“ so Krämer, „das Grundgesetz richtet sich explizit an alle Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht oder anderen Unterscheidungsmerkmalen. Das Gutachten zementiert vielmehr die Ausgrenzung aller Menschen, die auf eine verständliche Sprache angewiesen sind. Inklusion sieht anders aus.“

Rund 38 Prozent der abgegebenen „Sprachpanscher-Stimmen“ entfielen wohl deshalb auf Ulrike Lembke.

Nach diesem Vortrag und dessen Aussprache fanden dann auch Neuwahlen statt und Wolfgang Hiller wurde erneut zum Vorsitzenden der Regionalgruppe gewählt, und zwar ohne Gegenstimmen. Anschließend wurde auch die 2. Vorsitzende, Helga Köbler, ohne Gegenstimmen wiedergewählt.

RP