Ausstellung wird am Samstag eröffnet - Interview mit dem Künstler Markus Butkereit
Am kommenden Samstag, 18 Uhr, eröffnet der Wasserburger Künstlerkreis AK68 die Ausstellung „Autopoiesis“ von Markus Butkereit im Ganserhaus. Zu sehen sind Modelle, die System-Zusammenhänge darstellen, bei denen stets das Eine das Andere bedingt. Die Modelle sind Versuchsaufbauten und Installationsideen, die im Kleinen konstruiert wurden, um sich gegebenenfalls im Größeren zu realisieren. Jedes Modell stellt ein in sich funktionierendes System dar.
Alle Modelle, die im Ganserhaus ausgestellt werden, die eine bestimmte Größe überschreiten und auf Sockeln präsentiert werden, entwickeln sich zu einem großen System, bestehend aus vielen kleinen Modellen.
Es kommt zu einer Verkettung von Umständen, die sich über die Stockwerke des Ganserhauses ziehen. Alle Modelle treten in Verbindung und erzeugen wiederum neue Systeme. All die Verkettungen sind immer wieder eine Erneuerung von Systemen.
Die Eckdaten zur Ausstellung
Markus Butkereit – Autopoiesis
Sonntag, 11. September, bis Sonntag, 9.Oktober. Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag, 13 bis 18 Uhr
Vernissage: Samstag, 10. September, 18 Uhr – Gespräch zwischen Markus Butkereit und Katrin Meindl (Vorsitzende AK68)
Autorenlesung: Mittwoch, 28. September, 19 Uhr; Ralph Hammerthaler liest aus seinem neuen Buch „Kurzer Roman über
Hooligan Til“, Lesung im Ganserhaus in Zusammenarbeit mit der Wasserburger Bücherstube – Eintritt fünf Euro.
„Den gedanklichen Raum erweitern“
Katrin Meindl (Vorsitzende des AK68) sprach vor der Eröffnung mit dem Künstler Markus Butkereit …
Meindl: Markus, wer Deine Ausstellung besucht, hat vielleicht zuvor bei „wikipedia“ nachgelesen: Was bedeutet denn „Autopoiesis“? „Prozess der Selbsterschaffung und –erhaltung eines Systems“, das liest man dort. Und dann geht man in die Ausstellung und versucht, zu verstehen. Fangen wir mit der Struktur der Ausstellung an, mit der Art der Exponate und deren gewiss nicht alltäglicher Anordnung, was kannst Du dazu sagen?
Butkereit: Bleiben wir erst mal beim Offensichtlichen: Im Erdgeschoss finden sich acht Konstruktionszeichnungen und eine Installation, im ersten Obergeschoss sind es sechs Bilder. Den Abschluss bildet die Installation im Keller. Und dazwischen ist viel, viel Raum für den Besucher, in jeder Hinsicht. Noch Fragen (lacht)?
Beginnen wir mit den Konstruktionszeichnungen. Die sehen sehr exakt und ernst aus. Aber auf den zweiten Blick: Funktionieren diese Konstruktionen denn auch?
Die Zeichnungen spiegeln wider, was sich der Konstrukteur denkt. Es soll ein System entstehen. Dieses System stellt er oder sie sich so vor. Das tun wir alle, jeden Tag, ständig. Wir konstruieren uns die Welt oder versuchen es zumindest.
Warum sieht man auf den Zeichnungen Spielgeräte?
Ich möchte dadurch den gedanklichen Raum erweitern. Kinder lernen, indem sie spielen. Ich finde, dass das auch Erwachsene tun sollten, obwohl sie es seit ihrer Kindheit immer mehr verlernt haben. Erwachsene Menschen stellen sich die Welt als starr vor, weil sie meinen, dass das sicherer ist. Ist es aber nicht.
Damit komme ich zu den beiden Installationen: Die beiden Spielgeräte, Schaukel und Wippe also, sind Teil einer Konstruktion. Sieht erst mal farbig und freundlich und irgendwie gut aus. Aber dann ist es doch unbehaglich: Die Kerze, das Seil, die Gasflasche – passiert da jetzt gleich was? Was ist, wenn die Kerze brennt?
Ja, das könnte sein, vielleicht brennt die Kerze, vielleicht zündet man sie an. Das ist möglich. Wenn das System in Bewegung kommt, wird es sich neu formieren. Es wird nicht so bleiben. Das Ergebnis kann ich nicht genau vorhersehen.
Was meinst Du eigentlich mit „System“?
Das kann oder muss sich der Besucher überlegen. Das „System“ kann ein sozialer Zusammenhang sein, vielleicht so etwas wie miteinander verflochtene Beziehungen innerhalb einer Familie, oder ein politischer Zusammenhang von Problemen und Zielvorstellungen. Oder es ist ein räumlicher Zusammenhang, das wäre erst mal naheliegender. Wer weiß schon, wie Alles enden würde, was aus dem Ganserhaus würde, wenn die Kerze erst mal das Seil …., dann gibt es den Amboss … was passiert dann mit dem Gas in der Flasche? Das Gas ist dann aus der Flasche, wie der Flaschengeist im Märchen.
Das klingt wie ein Gedankenspiel zur Frage „Was wäre wenn?“. Meinst Du das, wenn Du Spielgeräte einsetzt, die ja Bewegung erzeugen sollen?
Ja, dieser Gedanke ist gut. Es gefällt mir, wenn die Besucher in Bewegung kommen und sich aus Starrheit befreien.
Jetzt noch ein vielleicht zu weiter Gedankensprung hinein in die politische Lage, eine Assoziation, an die Du vielleicht nicht gedacht hast: Die Gasflaschen. Alle reden jetzt vom Gas. Da gibt es enorme Unsicherheit, auch Angst. Wir hatten uns das ganz anders vorgestellt, es sollte ja ein sicheres System sein. Der Amboss ist herabgestürzt. Würdest Du dem folgen?
Diese Assoziation hatte ich bislang nicht, und die Installationen habe ich lange vor Beginn der Gaskrise und des Kriegs in der Ukraine entworfen und umgesetzt. Aber die Assoziationskette ist vielleicht ganz treffend: Wir hatten uns das anders vorgestellt. Das System ist in Bewegung gekommen, unerwartet. Das war übrigens auch so, als die Covid-Pandemie plötzlich begann.
Also gut, jetzt schicken wir die Besucher da rein. Platz genug ist ja.
Der Raum zwischen meinen Arbeiten in diesem Haus soll genutzt werden, mit und von den Gedanken der Besucher. Ich möchte den Besuchern Raum lassen. Ich als Künstler kann doch nicht die ganze Arbeit alleine machen (lacht).
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