Region Grünthal mit Einharting sowie Wang/Elsbeth: Gemeinderat beschloss vor Infoabend neue Beitrags- und Gebührensatzung für Entwässerung
Die Neuberechnung der Abwassergebühren für die Gebiete Grünthal samt Einharting sowie Wang/Elsbeth treibt nicht nur die Kosten, sondern auch die Gemüter bei einigen Bürgerinnen und Bürgern stark in die Höhe. Gab es bislang Versäumnisse rund um die notwendigen Kosten?
Ingrid Hannemann von der Firma Kubus, die breite Expertise im Bereich der Kommunalberatung aufweist, erläuterte an einem Infoabend im Gasthaus Huber in Unterreit, die Kalkulationen, die auch unter Einbeziehung der vergangenen Jahre und einer Perspektive neu berechnet wurden. Eine geringe Hochrechnung sei mit ermittelt worden, hieß es in dem Vortrag weiter. Das Anlagevermögen werde mit einer Halbwertmethode verzinst. „In den vergangenen Jahren gab es eine Unterdeckung in Ihrem Gemeindegebiet“, betont Hannemann. Die Kalkulation sei länger nicht angefasst worden und man sei nun gezwungen, hier die Neuberechnung umzusetzen, beschwichtigte Bürgermeister Christian Seidl die teils aufgebrachten Bürgerinnen und Bürger, die die deutlichen Mehrkosten unliebsam zur Kenntnis nahmen.
Mahnende Worte durch die Kommunalaufsicht
Die Kommunalaufsicht hätte Hinweise gegeben, die Kalkulation neu zu machen, betonte Seidl während der Infoveranstaltung. Auch in der Umgebung außerhalb der Gemeindegrenzen Unterreits würden Neuberechnungen bekanntgegeben, informiert der Rathauschef die Anwesenden. „Die Alt-Bürgermeister haben dieses Thema wohl verbreitet nicht mehr in die Hand genommen“, reagiert Seidl auf Unverständnis einiger Betroffener. Ein Bürger verteidigte umgehend das Tun des kürzlich verstorbenen Altbürgermeisters Gerhard Forstmeier: „Dem Gerd darf man das nicht alleine in die Schuhe schieben. Es gab ja auch noch einen Gemeinderat“, zeigte sich der alteingesessene Unterreiter überzeugt. Ein ehemaliger Gemeinderat monierte, dass man in früheren Jahren nie auf die Fehlbeträge hingewiesen worden sei und immer die Rede eines ausgeglichenen Haushalts war. „Wurden wir damals von der Verwaltung etwa angelogen“, warf er fragend in die Runde.
Aufschlussreich oder ernüchternd?
„Die Abwasserbeseitigungsanlagen müssen kostendeckend arbeiten“, erklärt Lieselotte Oberbauer den Bürgerinnen und Bürgern sachlich. Dies schreibe die Gesetzgebung vor. „Wir sind eh schon hinten dran“, warnte Oberbauer und betonte, dass die Situation des finanziellen Spielraums ohnehin angespannt sei, es könne nicht auf Gelder verzichtet werden.
Die Besonderheit für das Gemeindegebiet Unterreit komme mit den zwei unterschiedlichen Einrichtungen, an die das Abwasser geleitet werde, erklärte die Geschäftsleiterin. Während Wang, Stadl und Elsbeth nach Gars geleitet würden, gehe das Abwasser des Bereichs Grünthal über das Leitungsnetz von Kraiburg nach Waldkraiburg weiter.
Dass mit der Kalkulation Handlungsbedarf bestand, zeigte Ingrid Hannemann in etlichen Tabellen auf, aus denen die bisherige Unterdeckung deutlich wurde. Eigentlich sei eine Kalkulation alle vier Jahre zu machen, hieß es.
Für die gerade einmal 50 Einleiter im Gebiet Grünthal/Einharting wiegt die Neuberechnung besonders schwer. „Es sind für uns als vier-köpfige Familie bestimmt um die 350 Euro Mehrkosten im Jahr. Gerade jetzt, wo so viel anderes auch teurer wird, ist es für uns junge Familie schon wirklich einschneidend“, zeigt sich ein Einhartinger mürbe über die Erhöhung.
Diskussionen gab es auch bei der Position des Sondereinleiters. Ein großes Unternehmen in Wang wird als eigenständige Position in der Tabelle aufgeführt, eine Darlegung die in Summe für kurze Verwirrung sorgte, bevor die Anwesenden den Abzug der Ziffern beim Ergebnis wahrnehmen konnten. Auch die bislang noch unbebauten Baugebiete in Stadl und Einharting kamen zur Sprache. Die Eigentümer seien jedoch schon in die Kosten mit einberechnet worden und hätten bereits mit dem Kauf Abschläge zu bezahlen gehabt.
Der Gemeinderat beschloss einstimmig
Bereits in der Gemeinderatssitzung wenige Tage vor der Infoveranstaltung war das Thema Teil der öffentlichen Sitzung. Alle Punkte der Satzungsänderung wurden jeweils einstimmig beschlossen, auch bei den höheren Gebühren gab es keine Diskussionen im Gremium. Die anwesenden Bürger jedoch äußerten ihr Unverständnis über die Neuberechnung und die – speziell auch für die Anwesen in Einharting – erhöhten Gebühren und Sätze der Abwassereinleitung in den Kanal.
Gemeinderätin fragt nach
Monika Linner zeigte sich vor der Abstimmung irritiert über den Wortlaut der neuen Satzung, in der auch die Betitelung des Regenwassers aufgelistet ist. „Es war doch die Rede davon, dass wir das nicht umsetzen müssen, weil es nur ein geringer Teil ist, der das Niederschlagswasser einleitet“, so die Gemeinderätin. In der Tat leiten unter zwölf Prozent der Anwesen im Gemeindebereich von Unterreit das Regenwasser in den Kanal.
Die geschäftsleitende Angestellte, Lieselotte Oberbauer, erläuterte, dass es tatsächlich nur wenige Anwesen gebe, für die dies gelte, jedoch die Satzung den Passus brauche, um auch die wenigen, für die sowohl das Schmutzwasser und das Einleiten des Niederschlagswassers gelte, über die aktuellen Gebühren zu informieren. Der Großteil leite nur Schmutzwasser in den Kanal.
Einharting als Paradebeispiel
„Beispielsweise ist bei den beiden Baugebieten Einharting I und II sowohl ein Schmutzwasserkanal, aber auch ein Niederschlagswasserkanal vorhanden. Die Anwesen sind dort angeschlossen und leiten das Niederschlagswasser ein, deshalb müssen sie die höhere Gebühr bezahlen“, heißt es von Lieselotte Oberbauer gegenüber dem Gemeinderat.
Ebenfalls durch Monika Linner angefragt wurde der Abrechnungszeitraum. „Besteht die Möglichkeit durch die Verwaltung, den Abrechnungszeitraum mit dem Kalenderzeitraum gleichzusetzen? Das wäre doch einfacher“, so Linner.
Dies sei für den Verwaltungsalltag eher ungünstig, weil auch der Ablesezeitraum des Zweckverbands so gestaltet ist. Außerdem habe die Kasse, an die auch die Abrechnung angegliedert sei, mit dem Jahresabschluss ohnehin sehr viel zu tun. Es lasse sich nicht organisieren, wenn nun auch noch die Abrechnung der Abwassergebühren aufgrund der aufstauenden Mehrarbeit zum Jahreswechsel umgesetzt werden müsse, betont die geschäftsleitende Angestellte und hofft auf Verständnis dafür. Man teile sich die einzelnen Arbeiten das Jahr über sehr gelungen auf.
In der neuen Satzung, die der Gemeinderat von Unterreit beschlossen hatte, ist festgehalten, dass die Änderungen zum 1. November 2022 in Kraft treten und damit die Gebühren- und Entwässerungssatzung der Kommune aus dem Jahr 2011 ablöst.
Wichtige Information für alle Bürgerinnen und Bürger war sicherlich das erst im kommenden Jahr ausgewiesene erhöhte Entgelt. „Nachberechnet wird noch zu den bislang geltenden Sätzen“, heißt es von den Verantwortlichen. Im Bürgerheft der Verwaltungsgemeinschaft werde man die Neuigkeiten nochmals erläutern.
Aus dem Bericht geht leider nicht hervor, daß die Bürger von Unterreit, Wang, Elsbeth und den Gebieten zwischen Unterreit und Grünthal wesentlich niedrigere Schmutzwassergebühren zahlen: auf ganze Euro gerundet sind das 3 Euro gegenüber 5 Euro!
Die vom Bürgermeister vielbeschworene Solidarität der Gemeindebürger, die Gleichbehandlung aller Bürger („Es können nicht welche einen Vorteil haben, den andere nicht haben können“) endet offenbar da, wo man wenige Bürger (Einharting, Grünthal, Gmein), noch dazu überwiegend junge Familien mit Kindern, mit enormen Mehrkosten belastet, um die Bewohner der anderen Gebiete mehr als glimpflich davonkommen zu lassen. Das öffentlich damit zu begründen, daß Einharting nun mal ein „Luxusbaugebiet“ sei und jeder einzelne, der hier gebaut hat, froh sein müsse, daß er an dieser Stelle sein Haus überhaupt habe bauen dürfen, macht jeden Kommentar überflüssig.
Hätte der Gemeinderat mit dem Bürgermeister an der Spitze tatsächlich Interesse daran, alle Bürger der Gemeinde gleich zu behandeln, hätte man die Gesamtkosten einfach auf alle Anschlüsse gleichmäßig verteilen können – dann wäre Unterreit/Wang/Elsbeth bei aufgerundet 3,40 Euro gelandet, ebenso wie Einharting/Grünthal/Gmein:
nur gut 10 % mehr für die Einen, aber rd. 30 % weniger für die Anderen!