Festabend zum Vereinsjubiläum mit interessantem Streifzug durch die Theatergeschichte aus vier Jahrzehnten
Seit vier Jahrzehnten bereichert die Theatergemeinschaft Amerang das gesellschaftliche Leben im Ort. Seitdem prägen viele Aufführung von Theaterstücken in gewisser Weise das Dorfleben. Dieses Vereinsjubiläum wurde mit einem Festabend gefeiert.
Wer die Ameranger Theaterleute kennt, der weiß, dass es ein Festabend der besonderen Art werden muss: Und so führten die Theaterer ihre Festgäste aus der Ameranger Dorfgemeinschaft durch 40 Jahre Theatergeschichte. Sowohl nicht in Worten, vor allem aber mit kurzen Spielszenen aus etlichen von ihnen aufgeführten Theaterstücken. Witziger Nebeneffekt: Manche Rollen passen nicht mehr zum Alter der Schauspieler.
Wenn man so vorgehen will, braucht man auf jeden Fall einen versierten Moderator, und der fand sich in Amerangs Altbürgermeister recht schnell. Die langjährige Erfahrung aus dem Gemeinderatsgremium erwies sich als äußerst nützlich.
Ohne Schwierigkeiten führte Gust Voit das Publikum von Punkt zu Punkt, brachte dieses und jenes Detail aus der Geschichte der Ameranger Theaterer ein.
Damit die Gründungsgeschichte der Theatergemeinschaft authentisch vermittelt wird, interviewte er den langjährigen Vorsitzenden Konrad Gubisch: „Am Anfang stand die Einweihung der Gemeindehalle 1981, bei der wir recht kurzfristig und spontan eine Gerichtsszene präsentierten, dann aber kamen gleich danach Aufführungen weiterer Stücke schon als Theatergemeinschaft Amerang – die offizielle Eintragung als Verein war allerdings erst 1983″, so Gubisch.
Man war sich einig, dass der Höhepunkt der Geschichte der Theatergemeinschaft Amerang die besuchermäßig äußerst erfolgreichen Aufführungen des Freilichttheaterstücks „Hottowa“ im Bauernhausmuseum Amerang waren, erstmals zur 1200-Jahr-Feier 1988 und nochmals 2002 und 2012, auf der Grundlage einer Begebenheit auf einem Bauernhof in Heinrichsberg in der Nähe von Amerang aus der Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges, als um 1705 die bäuerliche Bevölkerung unter der Besetzung Bayerns durch Habsburger Truppen zu leiden hatte.
Da die Umsetzung einer szenischen Darstellung aus dieser Theateraufführung zu schwierig gewesen wäre, wurde durch Auftritte des Männergesangsvereins mit den Liedern „Es is koa leichts auf dera Welt“, „Ja ich bin zufrieden“ und „Die Gedanken sind frei“ daran erinnert; denn damit hatten die Sänger damals alle „Hottowa“-Aufführungen begleitet.
Nochmals wagten sich die Ameranger Theaterer 2018 ans Open-Air-Theater – ansonsten hätten sie wegen der Hallensanierung pausieren müssen. Und suchten sich dafür ein besonderes Stück: „Momo“ nach dem Roman von Michael Ende, mit über 50 Mitwirkenden vor und hinter den Kulissen und einem vielköpfigen Ensemble kleiner und großer, jüngerer und älterer Schauspieler.
In einer Szene mit wichtigen Figuren des Spiels wurde am Festabend von den Ameranger Theaterern unter anderem gezeigt, wie sie mit der jeweiligen Situation angepasster musikalischer Untermalung und mit dem Einsatz verschiedener Farben der Beleuchtung die Inhalte des Stücks auch bühnentechnisch hervorragend umgesetzt hatten.
Neben der Erinnerung an die Höhepunkte ihrer Geschichte suchte die Theatergemeinschaft am Festabend klarzumachen, dass es ihr durch Abwechslung bei der Stückauswahl darum ging und geht, das Publikum an die große Bandbreite des Theaterspielens und der dabei beabsichtigten Wirkung heranzuführen. So ergab sich im Laufe der Jahre eine gute Mischung aus Stücken mit ernstem Hintergrund, die die Zuschauer zum Nachdenken bringen sollten, und Komödien, bei denen man das Publikum in erster Linie unterhalten und zum Lachen bringen wollte. Dass sogar beide Motivationen fürs Theaterspielen in einem Stück verbunden werden können, zeigte auf dem Festabend beispielhaft eine Szene aus „Ratsch und Tratsch“, 2017 aufgeführt. Dieses Stück kann man als eine Mahnung an die Zuschauer verstehen, Vorurteile auf den Prüfstand zu stellen, doch tut das dem Vergnügen keinen Abbruch, die Dorfbewohner beim Aufkochen der aberwitzigsten Gerüchteküche zu beobachten, besonders durch den Kunstgriff des Autors, Ratsch und Tratsch höchstpersönlich auftreten zu lassen, als böse Geister aus einer anderen Welt, die ungeheuren Spaß daran haben, größten Verdruss zu verursachen.
Mit einer Szene aus der Ameranger Aufführung eines bekannten und oft gespielten Paradestücks der Situationskomik – „Der Meisterboxer“ von Otto Schwartz und Carl Mathern, mit dem einst Willy Millowitsch Berühmtheit erlangte – machten die Ameranger Theaterer auf ihrem Festabend klar, dass ihnen auch bei den in erster Linie auf Unterhaltung ausgerichteten Stücken viel an einer adäquaten schauspielerischen Umsetzung liegt, die genau das richtige Maß an Übertreibung findet, und dass sie dazu gerne ausgeklügelte Details einbauen wie beispielsweise eine Zimmergrünpflanze, die sich erst durch Schnaps richtig entfaltet.
Schließlich ist die Theatergemeinschaft Amerang auch noch bekannt für ihre speziellen Märchen-Aufführungen für Kinder, beim Festabend versinnbildlicht mit einer Szene aus „Hänsel und Gretel“ – der Abgang oder besser noch Abflug der Hexe gab zugleich Gelegenheit, die pyrotechnischen Fähigkeiten der Ameranger Bühnentechniker zu bewundern. Und damit es auch Nachwuchsschauspieler gibt, integrieren die Ameranger Theaterer Kinder und Jugendliche in ihre Reihen und veranstalten in den Schulferien Theater-Workshops für Kinder – ein szenisches Ergebnis eines solchen Workshops wurde ebenfalls am Festabend gezeigt.
Großer Beitrag zu einem lebendigen Dorfleben
Selbstverständlich wurde der jahrzehntelange Beitrag der Theatergemeinschaft Amerang zu einem lebendigen Dorfleben am Festabend durch ein Grußwort des jetzt amtierenden Ameranger Bürgermeisters Konrad Linner gewürdigt – im Übrigen wie sein Bürgermeister-Vorgänger und Moderator des Abends Gust Voit langjähriges Mitglied der Theatergemeinschaft Amerang. Denn der alte und der gegenwärtige Bürgermeister sind sich einig in der Einschätzung, dass die Aktiven der Theatergemeinschaft Amerang einen großen Beitrag zum Funktionieren der Dorfgemeinschaft leisten. Konrad Linner hob hervor, dass die Ameranger Theaterer sich sehr um ein effektives und reibungsloses Zusammenwirken aller Ortsvereine bemühen. Die Anerkennung für dieses Engagement kam am Festabend zum Ausdruck auch in der musikalischen Unterstützung durch den Männergesangsverein und durch ein Bläser-Ensemble der „Dorfmusik“, der Ameranger Blasmusikkapelle, sowie der Übernahme der Versorgung mit Verpflegung durch den Trachtenverein. Zum Abschluss seines Grußworts meldete Konrad Linner bei den Theaterern noch einen besonderen Wunsch an: „Ich war begeistert von euren Karl-Valentin-Abenden. Bald mal ein Karl-Valentin-Revival wäre wirklich super.“
Kommendes Jahr wird dieser Wunsch allerdings wohl noch nicht in Erfüllung gehen, denn die Theatergemeinschaft Amerang möchte das der Corona-Pandemie zum Opfer gefallene Stück „Außer Kontrolle“ im Frühjahr 2023 endlich aufführen.
Ehrungen
Zu einem Festabend passen Ehrungen natürlich besonders gut. Der oberbayerische Bezirksvorsitzende im Verband Bayerischer Amateurtheater Sepp Käser ehrte Ingrid Kaindl – schon im Schultheater aktiv – für 60 Jahre aktiver und engagierter Theater- und Bühnentätigkeit, Monika Rechl für 50 Jahre Wirken im Amateurtheater, Konrad Gubisch und Hans Flötzinger für 40 Jahre, Herbert Biedermann für 30 Jahre, Rosemarie Wiesböck und Marion Hronek für 25 Jahre Arbeit fürs Amateurtheater.
Besonders eindrucksvoll – auch weil es eine gelungene Überraschung für die Geehrten war: die gewissermaßen „hauseigene“ Ehrung für Konrad Gubisch und Hans Flötzinger für 40 Jahre Tätigkeit als Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender der Theatergemeinschaft durch die Ameranger Theaterer und Amerangs Bürgermeister.
Inge Graichen
Foto: Theatergemeinschaft Amerang
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