Lädenschwund im Wasserburger Stadtgebiet - Unterschiedliche Gründe für das Aus
Ein Schlendern durch die Altstadt-Gassen ist zwischen den Jahren anders geworden. Stark beklebte Schaufenster fallen auf. Ein paar Einzelhändler im Stadtgebiet machen Schluss. Unterschiedlich lange haben sie die Einkaufswelt der Innstadt bereichert. Zurückgegangene Einkäufe, Mehrausgaben bei den Energiekosten, die eigene Gesundheit oder völlig andere Zukunftspläne sind ausschlaggebend: Verschiedene Gründe summierten sich.
Der ansässige Schreibwarenhändler Pöhmerer, der sich unter anderem aufgrund seines Büromaschinen- und Taschenrechner-Service einen Namen bei Firmen und Schulklassen der Region gemacht hat, läutete mit den Wintermonaten seinen Schlußverkauf ein. Nun schloss die Ladentür für immer.
Blumen Posch am Herder hatte bereits vor längerer Zeit reduzierte Öffnungszeiten für den Blumenladen mit verschiedenen Gartenarrangements eingerichtet. Jetzt konzentriere man sich komplett auf den Grabpflege-Service, heißt es auf Nachfrage.
Ebenfalls in Aufbruchstimmung ist der Unverpackt-Laden unter den Arkaden am Marienplatz. Grünkunft bleibt den Kunden mit dem Onlineshop erhalten, der Standort in der Altstadt wird vom Besitzerpaar Edna und Christoph geschlossen. Seit Februar 2018 boten die beiden unter anderem unverpackte Lebensmittel und Pflegeprodukte an. Auch Waren, die mit naturbelassenen oder natürlichen Verpackungsmaterialien ummantelt werden, standen zum Verkauf. Den Kunden begegnen die beiden bis zuletzt sehr freundlich, aufgeschlossen und beratend-kompetent. Ob die leeren Räumlichkeiten schnell wieder Leben inform neuer Einzelhändler eingehaucht bekommen bleibt aktuell unklar.
Die Kunden bedauern den Wegfall und zeigen sich enttäuscht. Leere Geschäfte minimierten die gesamte Atmosphäre in den Straßen, heißt es von einer Wasserburgerin, die gerne direkt vor der Haustür einkaufen geht. Lange Fahrtwege vermeide sie gerne, auf Onlinehandel steige sie dennoch nicht um, sondern nutze Alternativen in der Stadt. Zuversichtlich stimme sie, dass Wasserburg weiterhin ein vielfältiges Warenangebot habe, eigentlich bekomme man so gut wie alles hier, findet die 59-Jährige.
Die Altstadtbewohner, die das Warenangebot vor Ort nutzen (meist die ältere Generation), sind zu wenig um ein Geschäft auf Dauer zu halten, wenn man Miete zahlen und von den Einnahmen leben muss. Die Touristen finden es sehr schön, dass es hier noch Geschäfte gibt, aber nur vom Sightseeing kann man nicht (über)leben. Wenn man sieht wieviel Packerl täglich geliefert werden, mit Dingen, die es sicherlich teils auch vor Ort gäbe, braucht man sich nicht wundern. Auch ist es ein Zeitproblem der arbeitenden Bevölkerung … man fährt nach einem Arbeitstag nicht extra in die Stadt um Dinge vor Ort zu kaufen, die Läden damit zu unterstützen, sondern nimmt es auf dem Nachhauseweg mit.
Schade um jedes einzelne Geschäft, besonders der Pöhmerer und Grünkunft werden mir fehlen. Aber nur um genau zu sein: Grünkunft war/ist kein Unverpackt-Laden, als welcher er im Artikel bezeichnet wird. Das Besondere ist hier ja die Art der Verpackung
Auf der einen Seite werden die verlorengegangenen Geschäfte und der Altstadt-Flair bedauert, auf der anderen Seite lassen Kommunen außerhalb Edeka, Aldi, Rewe und Lidl Tempel errichten, in denen man alles Wesentliche zum Leben, wenn man denn mal dort, zentral erhält. Klar, das bringt dringend benötigte Gewerbesteuer.
Und da gibt es dann noch Amazon, welches auch ehemals eingefleischte Online-Gegner nach den Corona-Regierungsmaßnahmen nun mehr nutzen. Und das wird sich auch nicht mehr ändern.
Wer einmal erkannt hat dass der Amazon-Algorithmus besser weiß was man will als jede Verkäuferin, der bleibt dabei.
Und ja es ist bequemer.
Noch ist Wasserburg, auf Grund der vielen Lokale, gut dran mit seiner Altstadt. Schaut man aber in den Norden oder Osten des Landes, wird man mit Erschrecken feststellen wie ausgestorben Innenstädte sein können.
Ich habe auch immer versucht, Alternativen zu Amazon zu finden. Egal ob lokal oder ein anderer Onlineshop. Aber wenn man dann mal was kaputt geht und es um die Gewährleistungspflicht geht, dann kommt man schnell zum Schluss, dass man künftig nur noch bei Amazon kaufen will, auch wenn es ein paar Euro teurer ist. Diese ewige Diskussion in sogenannten Fachläden ist es einfach nicht Wert …
… na dann brech ich jetzt mal eine Lanze für den Einzelhandel.
Ich kaufe ganz bewusst nichts online, sondern alles beim Einzelhändler. Bisher wurden sämtliche Reklamationen anstandslos abgewickelt.
Ganz Deiner Meinung! Amazon und Co.machen unseren Einzelhandel kaputt! Hab noch nie online bestellt und werde es auch in Zukunft nicht tun!!😠😡
Da hast du absolut recht! Wenn es ein Garantiefall wird stellt sich der Einzelhandel stur. Da kauf ich auch schon seit zig Jahren nur noch online, nie wieder anders, egal um was es geht
Ich find’s um jedes Ladengeschäft schade, das schließen muss … die haben so viel zum Wasserburger Charme beigetragen!🙁
Tja – das Problem ist halt, dass einfach zu wenig Nachfrage für den ganzen Kram ist, der da angeboten wird.
Dann muss der Ladeninhaber trotzdem seine Miete bezahlen und die Ware soll auch noch möglichst aktuell sein. Und die Preise dürfen auch nicht allzu sehr über denen der großen Konkurrenz liegen.
Ich wundere mich schon sehr lange, wie die vielen kleinen Geschäfte da überhaupt nur ein paar Monate überleben können.
Ohne die pittoreske Altstadt, und dem damit einhergehenden Tourismus, wäre Wasserburg nur eine oberbayerische Kleinstadt unter vielen. Spätestens mit der jährlichen Abschlussveranstaltung „Wasserburg leuchtet“, gehen hier bis zum Frühjahr die Lichter aus. Der letzte Christkindlmarkt war ein schlechter Witz, und so war dann auch die vorweihnachtliche Atmosphäre. Der Wasserburger Einzelhandel, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist schlicht und ergreifend nicht mehr konkurrenzfähig und in weiten Teilen auch nicht mehr zeitgemäß. Dieser Trend wird sich fortsetzen, ob Mensch dies wahrhaben möchte oder nicht. Ich persönlich unterstütze noch die hiesigen Buchhändler, den Gebrauchtplattenladen meines Vertrauens „Kunterbunt“, und die Espressobar in der Hofstatt. Die Gastronomie sieht mich kaum noch. Ausnahmen bilden seltene Sommerabende vor dem Roten Turm. Mehr Wasserburgfeeling brauche ich nicht. Wie toll und besonders das Städtchen ist, sein „Flair“, etc. pp ist in den letzten Jahren immer mehr zum Fake verkommen. Die Gesellschaft insgesamt verändert sich. Das geht auch an Wasserburg nicht vorbei. Leider.
…hat er recht
Täglichen Bedarf kann ich wunderbar in Wasserburg Einkaufen. Sobald es aber um Technik oder Geräte… was auch immer über das Essen und Körperpflege hinausgeht, brauche muss ich ins Internet. Die Läden in Wasserburg führen eigentlich größtenteils Dinge die ich als Mann nicht brauche. Ein Überangebot an Kleidung, Schmuck, Kosmetik und so bringt mich nicht weiter. Und in den Baumärkten die in Wasserburg zu Verfügung stehen fehlt es mir einfach an preisgünstiger Qualität. Und wenn ich dann zwischen den Regalen googeln muss, um einen Unterschied zu erkennen an den angebotenen Waren, dann drücke ich natürlich gleich den Knopf bei Amazon. Im Sommer mal ein hopfenhaltiges Kaltgetränk vor dem Roten Turm, meine regelmäßigen Kaffeepausen beim rechenauer, und schon ist mein Bedarf an Gastronomie in Wasserburg gedeckt. liegt auch ein bisschen an den Preisen, die ich mittlerweile für Speisen zahlen müsste.
Es mag vieles richtig sein was hier geschrieben wurde.
Ich möchte aber nur zu bedenken geben, dass das Internet NICHT die Sportvereine mit Werbungen und Spenden zu allen möglichen Veranstaltungen versorgt. Nein. Das sind nämlich die ortsansässigen Firmen, der Einzelhandel und die Handwerksbetriebe die die Vereine am Laufen hält. Und nicht zuletzt, es sind auch unter anderen die Firmen vor Ort, die die Stadt mit Steuern versorgt.
Herbert Hof
@ Herbert Hof Danke für Ihren Kommentar. Ergänzen möchte ich noch Lidl, Aldi und die anderen Discounter und Kettenläden. Diese unterstützen regionale Vereine auch nicht, stellen aber eine ähnliche Konkurrenz zu den Fachgeschäften dar wie das Internet! Die wöchentlichen Prospekte bewerben nicht nur Lebensmittel.
tja, „Pessimist“, Angebot und Nachfrage, mir gehts nicht um ein paar Euro, kaufe schon regional, aber wenn ich gleiche Qualität meist für die Hälfte des Einzelhandels-Preises bekomme, dann eben da,
Was die Befürworter des Onlinehandels übersehen, die Rückgabe wird sich gravierend verändern. Sie wird nicht mehr kostenlos sein und sich schwieriger gestalten. Ganz einfach da sie ein unglaublich hoher Kostenfaktor ist. Gleichzeitig fallen die Geschäfte, in denen man die Waren die man wollte vorher angeschaut hat, befühlt, ausprobiert hat, ja weg. Das heißt man muss im Netz auf Verdacht kaufen. Ganz abgesehen davon, dass ich bei Amazon und Co noch nie etwas um die Hälfte des Preises bekommen hätte, oder mit der Rückgabe im Einzelhandel ein Problem. Das Erwachen der Amazongemeinde wird schmerzhaft werden. Aber dann ist der Einzelhandel weg. Die Gesellschaft hat sich verändert. Viel Spaß.
Wenn sich dieses Problem auftut wie Sie es beschreiben, dann ist plötzlich ein großer Markt mit dementsprechender Nachfrage da und die Geschäfte werden nur so aus dem Boden sprießen. Der Markt regelt früher oder später alles.
.. der Einzelhandel bestellt selbst online. Die Konditionen sind nur anders, da größere Mengen bestellt werden.
Wenn ich bei den relevanten Outdoorsportanbietern bestelle und irgendwann Rücksendungskosten bezahlen sollte, würde ich das klaglos in Kauf nehmen. Gleiches gilt für Radzubehör etc. etc. Ich spare mir Benzinkosten und Zeit, den Weg zur Postfiliale einmal ausgenommen. Viel wichtiger aber sind Umstände wie mangelnde Verfügbarkeit im lokalen bzw. regionalen Einzelhandel. Kaum Bereitschaft nicht Vorhandenes zu bestellen. Und in weiten Teilen inkompetentes Personal. Von Kundenfreundlichkeit einmal ganz zu schweigen. Und zur Klarstellung: Bei Amazon bestelle ich ein- bis zweimal im Jahr. Wenn überhaupt!
dazu kommt, dass wir es mittlerweile gewohnt sind, Waren unmittelbar zu bekommen. Wir können nicht mehr warten, bis der lokale Einzelhandel den Artikel bestellt, die Lieferung kommt und wir es abholen könn(t)en.
Allerdings könnte das in absehbarer Zeit grundsätzlich wieder häufiger vorkommen, dass Waren nicht sofort erhältlich sind.