Telefonat mit Handyhülle – Fahrt ohne Führerschein – Gelb oder Rot? Aktuelles aus dem Amtsgericht

Mit einigen Straßenverkehrsangelegenheiten war jüngst das Amtsgericht Rosenheim befasst: Ein Autofahrer will nur die Handyhülle in der Hand gehalten haben, ein anderer hatte erst gar keinen Führerschein und eine Autofahrerin meinte, sie sei bei Gelb über die Ampel gefahren, obwohl die hinter ihr fahrende Polizei feststellte, es sei bereits Rot gewesen. Die drei Fälle im Detail:

I. Fall:
Während der Fahrt telefoniert: Fahrverbot
Vor dem Amtsgericht Rosenheim musste sich jetzt ein 25-Jähriger aus der Slowakei verantworten, der mit seinem Mobiltelefon während der Fahrt telefoniert haben soll.
Es fing damit an, dass der Angeklagte seiner Ladung vor Gericht gar nicht nachkam. Sein Verteidiger war anwesend, und die Polizeibeamten als Zeugen. Doch der Angeklagte fehlte. Er hatte gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt. Er wollte die 200 Euro Bußgeld nicht bezahlen und auch das einmonatige Fahrverbot nicht hinnehmen.
Bei der polizeilichen Vernehmung habe er erklärt, dass er nur eine Handyhülle in die Hand genommen habe. Die Frage, warum er diese Handyhülle an sein Ohr gehalten habe und davor Tippbewegungen darauf verübt habe, konnte er schon deshalb nicht erklären, weil er nicht anwesend war.
Richter und Rechtsanwalt verständigten sich darauf, den Angeklagten vom persönlichen Erscheinen zu entbinden. Dann wurden auch die beiden Beamten als Zeugen befragt. Innerhalb kürzester Zeit habe der Beschuldigte fünf Eintragungen im Bundeszentralregister angesammelt, darunter sei er bereits einmal mit dem Handy am Steuer erwischt worden und habe außerdem einmal eine rote Ampel missachtet. Einer der Polizeibeamten konnte sich noch gut daran erinnern, dass der Beschuldigte sehr lange und heftig mit den Polizisten diskutiert habe.
Der Richter kam zu dem Schluss, dass ein Urteil schwerwiegender ausfallen dürfte als der Bußgeldbescheid, worauf der Rechtsanwalt für seinen abwesenden Mandanten schnell den Einspruch zurückzog. Das Ergebnis: Der 25-Jährige muss die 200 Euro bezahlen und das Fahrverbot hinnehmen.

II. Fall:
Ohne Führerschein gefahren: Bewährung und Geldstrafe
Warum er noch nie eine Führerscheinprüfung gemacht habe: Diese Frage konnte der Angeklagte nicht beantworten. Der 33-jährige Mann aus Edling arbeitet jetzt in einer Tankstelle, ist Familienvater einer dreijährigen Tochter, das zweite Kind erwarten seine Frau und er in 14 Tagen.
Es sei ein furchtbarer Tag gewesen, beschrieb der Angeklagte vor Gericht. Seine Frau sei schwanger gewesen, habe an Meniskusbeschwerden und unter einem Kreuzbandriss gelitten, den man aber während der Schwangerschaft nicht operieren könne, deshalb habe er, der seinerzeit auf einer Baustelle gearbeitet habe, den firmeneigenen Kleintransporter genommen und habe zu seiner Frau nach Hause fahren wollen. Auf der Autobahn habe er dann im Überholverbot überholt, eine Polizeistreife habe ihn angehalten, seine Papiere geprüft und dabei sei wohl deutlich geworden, dass er gar keinen Führerschein besitzt. Er ergänzte, dass er normalerweise von zu Hause abgeholt worden sei, aber nach dieser Kontrolle habe ihm der Arbeitgeber gekündigt und seit Anfang 2023 arbeite er jetzt in der Tankstelle.
Der Richter fragte ihn, ob er denn ein Auto fahren könne. Er entgegnete, dass er noch nie einen Führerschein gehabt habe, er sei aber in einem Dorf aufgewachsen, deshalb habe er das Fahren auch ohne Fahrschule gelernt. Der Fahrschule habe er erzählt, was passiert sei, daraufhin habe die Fahrschule die Prüfungsvorbereitung sofort unterbrochen. Zum Gerichtstermin sei er mit seiner Frau gekommen, damit er nicht schon wieder ohne Führerschein fahren müsse.
Es interessierte den Richter schon, wie sicher der Angeklagte hinter einem Steuer ist. Diese Frage blieb aber unbeantwortet.
Der als Zeuge geladene Polizeibeamte erläuterte, dass der Angeklagte bei der Kontrolle nach dem verbotswidrigen Überholvorgang keinen Ausweis bei sich hatte, weshalb die Polizei vor Ort recherchiert hat und im Bundeszentralregister insgesamt acht Einträge fand: Insgesamt sechs Einträge bezogen sich auf das Fahren ohne Fahrerlaubnis, ansonsten hätten sich noch Hinweise auf Diebstahl, Unterschlagung und Betrug gefunden.
Der Fall schien klar. Die Staatsanwältin forderte dann auch neun Monate Gefängnis ohne Bewährung für den Angeklagten. Der vorsitzende Richter wollte diesem Antrag  aber nicht vollständig entsprechen und verurteilte den Angeklagten zu einer Strafe von neun Monaten Gefängnis, die aber zur Bewährung ausgesetzt wird, damit der Angeklagte die Chance habe, seine Familie auch zu ernähren. Einer Führerscheinprüfung sollte er sich aber unterziehen, ergänzte der Richter, allerdings erst nach Ablauf von zwölf Monaten. Darüber hinaus muss er eine Geldauflage von 3000 Euro an das Diakonische Werk zahlen, dies aber in Raten von je 200 Euro.

III. Fall:
Bei Rot über die Ampel: Geldbuße
Sie sei im vergangenen Sommer in Rosenheim um 0.44 Uhr bei Rotlicht über eine Ampel gefahren: So lautete der Vorwurf gegen eine 35-Jährige aus Afghanistan, die als Beruf Zahnarzthelferin und Dönerbudenmitarbeiterin angab. Gegen den Bußgeldbescheid über 135 Euro hatte sie Einspruch eingelegt.
Sie sei sich sicher gewesen, dass die Ampel gelb gewesen sei und dafür werde man doch gar nicht bestraft. Wieso sie hier also hier sei? Sie sei bei Gelb gefahren und das dürfe man doch, oder? „Wenn ich sage, es war gelb, warum muss ich bezahlen?“
Die Anzeige war gestellt worden, weil hinter der Beschuldigten ein Polizeifahrzeug war: Die Polizisten hatten den Vorgang beobachtet, die Beschuldigte angehalten und die Personalien aufgenommen. Die als Zeugen geladenen Polizeibeamten legten dar, dass die Ampel rot gewesen sei, sogar über eine Sekunde lang. Die Beschuldigte hätte ihrer Einschätzung nach ausreichend Zeit gehabt, ihr Fahrzeug anzuhalten.
Die Richterin sah keine Gründe, an den Ausführungen der Beamten zu zweifeln, und stellte die Beschuldigte vor die Wahl: Entweder gibt’s ein Urteil, dann werde es teurer, oder aber sie ziehe ihren Einspruch zurück. Die Beschuldigte zog widerwillig ihren Einspruch zurück, sodass es bei der Geldbuße von 135 Euro blieb.

PETER RINK