Enthusiastischer Applaus für Accademia di Monaco im Wasserburger Rathaussaal

Die Wasserburger Rathauskonzerte, über Wasserburg hinaus viel beachtet, feiern in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass hatte sich der Kulturreferent des Landkreises Rosenheim, Christoph Maier-Gehring, ein besonderes Programm für 2023 überlegt. An diesem Wochenende wurde das dritte Konzert dieser Reihe im historischen Rathaussaal der Stadt Wasserburg aufgeführt. Und es war besonders – in mehrfacher Hinsicht:

Ein achtzehnköpfiges Orchester spielte, vorwiegend bestehend aus Streichern, dazu zwei Oboen, zwei Hörner und ein Fagott. Die Besonderheit dieses Orchesters aber war: Alle Instrumente sind historische Instrumente, auch die Saiten sind, wie im 18. Jahrhundert üblich, aus Darm gefertigt. Die Instrumente stammen also entweder aus dem 18. Jahrhundert oder werden mit Methoden und Hilfsmitteln, die im 18. Jahrhundert bekannt waren, zurückgebaut. Daraus ergibt sich eine doppelte Besonderheit. Die Instrumente sind, anders, als heutzutage gefertigte, anfälliger bei wechselnder Luftfeuchtigkeit. So nimmt es nicht wunder, dass die Konzertmeisterin während kurzer Pausen zwischen den Stücken die Streicher zum erneuten Stimmen ihrer Instrumente ermutigte.

 

Eine zweite Besonderheit der „Accademia di Monaco“, jenes Orchesters, das aus München stammt (eine Anlehnung an den italienischen Namen der bayerischen Hauptstadt, „Monaco di Baviera“): Es hat sich zum Ziel gesetzt, dass das Ensemble zu 75 Prozent aus Musikstudenten und zu 25 Prozent aus erfahrenen professionellen Musikern besteht. So bleibt das Ensemble stets jung, innovativ, und verzichtet doch nicht auf die Verbindung mit der Routine, eine kluge, zukunftsweisende Mischung.

An diesem Abend konnte sich das Publikum, der Rathaussaal war wieder einmal sehr gut besucht, davon überzeugen, dass diese Besonderheit des Ensembles musikalische Glanzleistungen möglich macht. Dem Leiter des Ensembles, Joachim Tschiedel, und seiner Konzertmeisterin Mary Utiger, sind an diesem Abend jedenfalls eine gute Mischung aus Musik des 18. Jahrhunderts gelungen, angereichert mit dem Gesang einer wunderbaren Sopranistin, der aus Ungarn stammenden Réka Kristóf.

Man fühlte sich, eingedenk des hochgradig einfühlsamen Spiels des Ensembles, ein wenig in die Welt des 18. Jahrhunderts  in Wien versetzt. Joachim Tschiedel erwähnte in seiner Einführung, dass im Herbst 1786 es in Wien mehrere Quartett-Abende gegeben habe, und zwar in illustrer Besetzung: Carl Ditters von Dittersdorf, ein seinerzeit wohlbekannter Komponist, der heute allerdings seltener gespielt wird, Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Johann Baptist Vanhal. Sie kannten sich, musizierten gemeinsam und beeinflussten sich auch gegenseitig mit ihren Kompositionen. Es war die Zeit des Übergangs vom Sturm und Drang zur Wiener Klassik. Goethes Roman, „Die Leiden des jungen Werther“, war 1774 erschienen, Carl Ditters von Dittersdorfs Sinfonie in F-Dur, die Dittersdorf „Die Rettung der Andromeda durch Perseus“ erschien 1786. Es ist diese Zeit des Aufbruchs nach Neuem, dem Wunsch nach einem Überwinden der alten Strukturen. Diese Sehnsucht spricht auch aus der Musik, die an diesem Abend aufgeführt wurde.

Vor der Pause entbot das Orchester zwei Interpretationen des „Misera, Dove son?“, einmal von Josef Myslivecek (1737 – 1781) und dann von Christoph Willibald Gluck (1714 – 1787); dazwischen wurde die Sinfonie in F-Dur von Carl Ditters von Dittersdorf (1739 – 1799) zur Aufführung gebracht.

Nach der Pause griff das Ensemble das Thema der Rettung des Andromeda durch Perseus erneut auf und spielte das „Ah, lo previdi!“ von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791), wo Andromeda seine ganze Wut aller Welt kund tun will. Mozart fühlte sich, als er dieses Stück schrieb, in einer ähnlichen Situation. In seiner Heimat Salzburg wollte niemand dem jungen Komponisten, der viele große Reisen hinter sich hatte und der im In- und Ausland mittlerweile wohlbekannt und geachtet war, eine Anstellung geben. Es machte den jungen, so erfolgreichen Künstler dann fast rasend, dass auch hier der Prophet im eigenen Lande anscheinend nichts zu gelten schien. Und diese Rage, die Mozart ob der geistigen Enge in seiner Heimatstadt empfunden haben mag, ist dem Stück förmlich anzumerken.

Zum Schluss entbot das Ensemble noch Joseph Haydns Sinfonie in e-moll Nr. 44, die sich streng an den Aufbau der klassischen Sinfonie hielt, wovon der letzte Satz, ein Rondo in fulminantem Tempo, durchaus Zeugnis abzulegen vermochte. Joachim Tschiedel sprach von einer „Klangigkeit wie zu Mozarts Zeiten“. Damit nahm er Bezug auf die Instrumente des Ensembles, aber auch auf das Wasserburger Publikum, das der Bassist des Orchesters, Florian Schormair, in einem Gespräch am Rande des Abends, als außerordentlich kunstsinnig und empfänglich für die Musik der Accademia umschrieb.

In einem deutlich größeren Konzertsaal käme die musikalische Botschaft des Orchesters wohl gar nicht so zum Tragen wie hier in diesem Rathaussaal, lobte auch der Dirigent das Wasserburger Ambiente für Konzertmusik. Raum, Akustik und Publikum bildeten hier eine Harmonie, die dem Künstler helfe, seinerseits Höchstleistungen zu erbringen. Und dieser Eindruck blieb tatsächlich auch beim Publikum haften: Die Solo-Einlagen von Réka Kristóf und das exzellent aufeinander abgestimmte Spiel des Ensembles sorgten für eine Eindringlichkeit, die den Abend zu einem veritablen Klangerlebnis werden ließ.

Das Publikum dankte es den Musikern mit lang anhaltendem, enthusiastischen Applaus, der nicht enden wollte und das Orchester dankte es dem Publikum mit einer Zugabe von Antonio Salieri, „La grotta di Trofonio“. Auch diese Komposition stammt aus den 80er-Jahren des 18. Jahrhunderts, und so blieb man sich und seinem Credo, Kompositionen aus dieser Zeit zu spielen, auch in der Zugabe treu.

Das Publikum ging heim, erfüllt von schöner, herausragend gut gespielter klassischer Musik, spürend, dass dieses Jubiläumsjahr der Rathauskonzerte wahre Schmankerl für das kunstinteressierte Publikum in Wasserburg bereitzuhalten vermag.

In diesem Jahr wird es noch zwei weitere Rathauskonzerte geben: Am 7. Oktober ist das „Concilium Musicum Wien“ mit Kompositionen von Beethoven, Haydn und Mozart zu Gast in Wasserburg und am 11. November spielt das Georgische Kammerorchester Ingolstadt Werke von Edward Grieg, Carl Philipp Emmanuel Bach und Felix Mendelssohn-Bartholdy. Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Karten sind in der Touristinfo der Stadt Wasserburg oder online unter www.wasserburg.de erhältlich.

Peter Rink