Serie: Wasserburg vor 100 Jahren – Teil 15

Der August 1923 ist gekennzeichnet vom massiven Verfall des Wertes der Mark. Lag der Kurs am Monatsanfang boch bei einer Million Mark für den US-Dollar, so waren es zum Monatsende mehr als sieben Millionen Mark. Damit war dem absoluten Wertverlust der Mark Tür und Tor geöffnet. Gleichzeitig war die Erährungslage kritisch. Brot und Semmeln gab es nur noch gegen Berechtigungsmarken, die Verarmung der Bveölkerung war enorm, viele Menschengingen zum Mundraub über, mancher sammelte wie wild Pilze und vergiftete sich dabei.

Die politische Lage in Deutschland war explosiv, mit dem Rücktritt des Kabinetts Cuno kehrte eine kurze Ruhepause ein, zumal Gustav Stresemann als diplomatisch versiert galt. Die Idee, Deutschland in den Völkernund aufzunehmen war von großen Widerständen in der Bevölerung begleitet.

International setzten sich die USA und Großbritannien von der Haltung Frankreichs ab, was auch zu einer Ermüdung der Franzosen im Ruhrkampf beitrug, wenngleich nach außen nach wie vor Uneinsichtigkeit regierte.

 

Hier die Chronik:

 

Mittwoch, 1. August 1923

Die Sowjetunion unterzeichnet die in Lausanne ausgehandelte Meerengenkonvention, in der sich die Türkei verpflichtet, Handels- und Kriegsschiffen weitgehend freie Durchfahrt durch den Bosporus und die Dardanellen zu gewähren. Ferner soll die Meerengenzone entmilitarisiert werden.

 

In Ungarn streiken die Lokomotivführer und Heizer, wodurch erhebliche Störungen im Bereich der Wirtschaft entstehen. Die Streikbewegung wird durch Ausrufung des Belagerungszustands und den Einsatz technischer Nothilfe unterdrückt.

 

Die Artillerievereinigung Wasserburg a. Inn lädt zum „Gründungsfeste, verbunden mit Fahnenweihe“ für den 11. und 12. August 1923 in den Danningersaal ein. Pikanterweise ist der 11. August der Verfassungstag der Weimarer Republik. Damit wird deutlich, wie sehr man auch in Wasserburg die neue politische Ordnung ablehnte. (Wasserburger Anzeiger 173/1923 vom 01.08.1923)

 

Der Wasserburger Anzeiger meldet auch einen Zwischenfall aus Rosenheim, wo es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten und Sozialisten einerseits und Anhängern rechtsradikaler Gruppierungen gekommen sei. Ein Sozialist sei getötet worden, vier weitere erlitten teilweise schwere Verletzungen. (Wasserburger Anzeiger 173/1923 vom 01.08.1923)

 

Die Tatsache, dass das Geld an jedem Tag massiv an Wert und Kaufkraft verliert, führt zu einem erheblichen Zahlungsmittelmangel, weshalb einzelne Städte und Gemeinden dazu übergehen, städtisches Notgeld auszugeben. (Wasserburger Anzeiger 173/1923 vom 01.08.1923)

 

In Südtirol werden alle Beamten und Beschäftigten der öffentlichen Behörden, die sich noch nicht bereit erklärt haben, die italienische Staatsangehörigkeit anzunehmen, entlassen. (Wasserburger Anzeiger 173/1923 vom 01.08.1923)

 

In München verlangen die Schauspieler eine Anhebung ihrer Bezüge um 450%, was von den Direktoren zunächst abgelehnt wird. (Wasserburger Anzeiger 173/1923 vom 01.08.1923)

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 1.097.250 Mark.

 

Donnerstag, 2. August 1923

Überraschend stirbt US-Präsident Warren G. Harding an einem Schlaganfall. Sein Nachfolger Calvin Coolidge wird am 3. August vereidigt.

 

Der Konzessionsvertrag über die Bildung der gemischten Schifffahrtsgesellschaft Ocean-Reisebüro, die den sowjetischen Ein- und Auswanderungsverkehr durchführen wird, erhält die Bestätigung der Sowjetregierung. Beteiligt sind die Hamburg-Amerika-Linie, der Norddeutsche Lloyd und die White Star Line einerseits und die sowjetische Staatliche Handelsflotte andererseits.

 

 

Die Kritik an der Reichsregierung unter Reichskanzler Wilhelm Cuno, der seit November 1922 der Reichsregierung vorsteht, wächst. Der Wasserburger Anzeiger beurteilt die Regierungsarbeit Cunos: „Es ist richtig, auch die Regierung Cuno ist nicht mit jenen Gaben des Führertums begnadet, dessen Deutschland in höchster Not bedürfte.“ (Wasserburger Anzeiger 174/1923 vom 02.08.1923)

 

Im Wasserburger Anzeiger wird der Kurs des US-Dollars mit 1.111.111 Mark notiert.

 

Der Wasserburger Anzeiger meldet, dass zum Monatsende die Züge rund um Wasserburg wieder hoffnungslos überfüllt gewesen seien. Aus Sorge vor Preiserhöhungen zum Monatsanfang hätten viele Bürger es noch schnell ausgenutzt haben, einander zu besuchen oder wichtige Güter zu transportieren. (Wasserburger Anzeiger 174/1923 vom 02.08.1923)

 

 

 

Freitag, 3. August 1923

Im Deutschen Reich werden die Zahlungsmittel knapp. Arbeiter und Angestellte erhalten Verrechnungsschecks. Die von Kunden belagerten Banken zahlen an Privatpersonen nur noch begrenzte Summen aus.

 

Wegen angeblicher hochverräterischer Umtriebe werden in Finnland über 100 Kommunisten verhaftet, darunter sämtliche Mitglieder der kommunistischen Reichstagsfraktion und führende Funktionäre. Die kommunistische Presse wird verboten.

 

Das mit vier Milliarden Mark veranschlagte Defizit des bayerischen Staatshaushalts hat sich infolge der Inflation auf mehr als zwei Billionen erhöht. Die SPD sagt der Regierung von Eugen Ritter von Knilling den “rücksichtslosen Kampf” an, weil sie eine einseitig gegen die Arbeiter gerichtete Politik betreibe.

 

 

 

 

 

Der Wasserburger Anzeiger meldet unter der Überschrift „Lebensgefährlicher Unfug“, dass man öfter beobachten kann, dass sich Reisende, die sich einen Fahrschein nicht leisten können oder wollen, auf den Trittbrettern der Züge oder gar auf den Dächern mitführen. Dabei seien Unfalltote ebenso zu beklagen wie schwere Verletzungen, die mit Amputationen einhergingen. (Wasserburger Anzeiger 175/1923 vom 03.08.1923)

 

Der Kurs des US-Dollar wird mit 1.097.250 Mark notiert.

 

 

 

Samstag, 4. August 1923

In Wiesbaden kommt es zu Teuerungskrawallen. Die von Inflation und Lebensmittelknappheit geplagte Bevölkerung stürmt und plündert Kolonialwaren- und Metzgerläden.

 

In Göteborg beginnen die Internationalen Flugwettbewerbe, an denen sich erstmals seit dem Weltkrieg auch deutsche Flieger beteiligen.

 

Die ersten Leichtathletikmeisterschaften des Arbeiter-Turn-und-Sportbundes, die am Vortag begonnen hatten, enden in Berlin.

 

Der „Zwangskurs“ für Devisen wird außer Kraft gesetzt. Diese Entscheidung bewirkt nunmehr einen rasanten Verfall des Wertes der Mark.

 

Sonntag, 5. August 1923

Seit Beginn der diesjährigen Flugsaison (1. Mai) hat der Flugbetrieb Königsberg- Moskau sehr günstige Ergebnisse erzielt. Auf der 1200-km-Strecke sind bisher 75 regelmäßige Flüge durchgeführt worden.

 

Insgesamt 200 Personen werden in Dresden festgenommen, nachdem die Polizei eine vom sog. Aktionsausschuss der revolutionären und radikalen Erwerbslosen organisierte Demonstration gewaltsam aufgelöst hat.

 

Im Wasserburger Anzeiger wird ausdrücklich vor einer Emigration nach Österreich gewarnt. Die Zeitung stellt fest, dass immer mehr Deutsche, v.a. Süddeutsche, die keine Anstellung hätten, nach Österreich emigrieren wollten. Doch da es auch hier nicht genügend Beschäftigungsmöglichkeiten gebe, warnt die Zeitung ausdrücklich vor diesem Schritt. (Wasserburger Anzeiger 177/1923 vom 05.08.1923)

 

Der Wasserburger Stadtrat setzt den Milchpreis auf 18.000 Mark pro Liter fest. (Wasserburger Anzeiger 180/1923 vom 09.08.1923)

 

 

 

Montag, 6. August 1923

In Freiburg im Breisgau wird der Internationale demokratische Friedenskongress eröffnet (bis 10. 8.). Delegierte aus fast allen europäischen Ländern diskutieren vorrangig über die Abrüstungsfrage.

 

Für einen Liter Vollmilch müssen heute 21.000 Mark bezahlt werden.

 

In Berlin wird der Grundstein für eine Moschee gelegt.

 

Aus New York wird gemeldet, dass der Präsident der New Yorker Handelskammer, Irving Busch, Reichskanzler Cuno seine besondere Anerkennung zollt und sich gleichzeitig scharf „gegen Poincaré und seine Verbündeten“ wende. „Frankreich habe an der Ruhr nichts gewonnen, wohl aber viel Sympathien, besonders in den Vereinigten Staaten, eingebüßt“. (Wasserburger Anzeiger 177/1923 vom 05.08.1923)

 

 

Dienstag, 7. August 1923

Die Reichsregierung gibt bekannt, dass Industrie, Handel und Banken der Reichsbank 50 Millionen Goldmark in Devisen gegen US-Dollarschatzanweisungen zur Verfügung stellen. Die Devisen sollen hauptsächlich für die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung eingesetzt werden.

 

Erich Zeigner, sächsischer Ministerpräsident (SPD), wiederholt seinen Vorwurf gegen Reichswehrminister Otto Geßler, er stehe im Einvernehmen mit rechtsradikalen Geheimorganisationen, deren Ziel ein Rechtsputsch sei.

 

Die deutschen Hochseefischer beenden ihren zehnwöchigen Streik.

 

Unter der Schlagzeile „Der sterbende Einzelhandel“ weist der Wasserburger Anzeiger auf die bedrohliche Lage des Einzelhandels hin. Viele Lager seien ausgeräumt und zum Nachfüllen fehlte das Geld, weshalb viele sich gezwungen sähen, ihren Geschäftsbetrieb aufzugeben. Der Verband des Einzelhandels wolle zum Zeichen des Protests an einem Tag der nächsten Woche alle Geschäfte schließen, um auf diese Weise auf die katastrophale Lage vieler Kaufleute hinzuweisen. (Wasserburger Anzeiger 178/1923 vom 07.08.1923)

 

Auf dem Leipziger Gewerkschaftsfest wird Ernst Tollers Massenspiel “Krieg und Frieden” aufgeführt.

 

Unter der Überschrift „Verwahrlosung der Jugend“ meldet der Wasserburger Anzeiger, dass in Ampfing ein Wortwechsel zwischen einem Vater und seinem 17-18-jährigen Sohn dazu führte, dass der Vater von seinem „hoffnungsvollen“ Sprössling eine Schussverletzung in der linken Hand davontrug. (Wasserburger Anzeiger 178/1923 vom 07.08.1923

 

 

Mittwoch, 8. August 1923

Im besetzten Ruhrgebiet wird die Lebensmittelnot täglich katastrophaler. Butter und Eier gibt es gar nicht mehr, und die übrigen Nahrungsmittel sind für die Masse der Bevölkerung kaum erschwinglich, weil die Löhne und Gehälter gegenüber den täglich steigenden Preisen rasch an Wert verlieren. Die Knappheit wird auch dadurch verursacht, dass die Franzosen Lebensmitteltransporte stoppen, weil sich die Deutschen weigern, Zölle zu zahlen.

 

Nach einem Bombenattentat in Düsseldorf verfügt die Rheinlandkommission erneut eine Grenzsperre zwischen den besetzten und unbesetzten Gebieten des Deutschen Reichs, die am 18. August bis zum 16. September verlängert wird. Die am 3. Juli verhängte Grenzsperre war erst vor kurzem, am 26. Juli, aufgehoben worden.

 

Reichskanzler Wilhelm Cuno tritt für die Fortsetzung des passiven Widerstands im besetzten Ruhrgebiet ein und macht die Fortführung seiner Regierung von einem Vertrauensvotum des Reichstags abhängig.

 

Eine Semmel koste 3.000 Mark, der Liter Milch 22.000 Mark und der Liter Bier zwischen 29.400 und 44.320 Mark, meldet der Wasserburger anzeiger heute. (Wasserburger Anzeiger 179/1923 vom 08.08.1923)

 

Die allgemeinen Reichsindexziffern für Lebenshaltungskosten entwickelten sich nach den Informationen des statistischen Reichsamtes rasant nach oben. So seien die Lebenshaltungskosten in Deutschland auf das 33.300fache, die Ernährungskosten auf das 46.510fache und die Bekleidungskosten auf das 66.488fache der Vorkriegszeit gestiegen. Ende Juli 1923 hätten die Gesamtlebenshaltungskosten das 71.476fache der Vorkriegszeit erreicht. (Wasserburger Anzeiger 179/1923 vom 08.08.1923)

 

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 1.645.875 Mark.

 

Donnerstag, 9. August 1923

Gustav Stresemann, Vorsitzender der Deutschen Volkspartei, fordert im Reichstag die Bildung einer starken parlamentarischen Regierung. Dem schließt sich am folgenden Tag der DDP-Führer Carl Petersen an, womit die Koalitionspartner dem Reichskanzler Wilhelm Cuno das Vertrauen entzogen haben.

 

Auf den Hamburger Werften streiken die Arbeiter. Im Verlauf des Streiks kommt es zu Krawallen. Auch die Unterelbelotsen treten in den Ausstand.

 

Durch eine Notverordnung verbietet Reichspräsident Friedrich Ebert den Markverkauf ins Ausland. Nur noch für Beträge bis zum Wert von zehn britischen Pfund ist der Handel zugelassen.

 

Die allgemeine Freigabe des Dollarkurses an den internationalen Devisenbörsen bewirkt einen urplötzlichen, über das bisherige Maß weit hinausgehenden Werteverfall der Mark. Man spricht auch von der sterbenden Mark. (Wasserburger Anzeiger 180/1923 vom 09.08.1923)

 

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 3.571.429 Mark.

Unter der Schlagzeile „Bestellte Attentate“ meldet die Zeitung, dass sich im Ruhrgebiet die Nachrichten mehrten, dass Franzosen Attentate inszenierten, um anschließend Deutsche damit kriminalisieren zu können. Es falle auch auf, dass ausschließlich Deutsche verfolgt würden. (Wasserburger Anzeiger 180/1923 vom 09.08.1923)

Die für den 12. August in München geplante Verfassungsfeier, die die SPD und der Gewerkschaftsverein veranstalten wollten, wurde als ausschließlich auf der Theresienwiese abzuhaltende Versammlung genehmigt. Ausdrücklich wird „das Mitführen von Sowjetfahnen und von Inschriften bolschewistischen Inhalts“ verboten. (Wasserburger Anzeiger 180/1923 vom 09.08.1923)

„Die Franzosen haben wieder hunderte von Eisenbahnern mit ihren Familien vertrieben.“ (Wasserburger Anzeiger 180/1923 vom 09.08.1923)

Freitag, 10. August 1923

 

Die KPD stellt einen Misstrauensantrag gegen die Reichsregierung, über den nicht mehr abgestimmt wird, weil der Rücktritt der Regierung für sicher gehalten wird. In einer Blitzentscheidung werden wichtige Finanzgesetze verabschiedet, wozu auch das Gesetz über die Rhein-Ruhr-Abgabe gehört.

 

Reichspräsident Friedrich Ebert erlässt eine Notverordnung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, die den Reichsinnenminister zum Verbot von verfassungsfeindlichen Druckschriften ermächtigt. Die Notverordnung dehnt die Reichskompetenzen aus.

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 4.847.820 Mark.

Unter der Schlagzeile: „Der Dollar – 6 Millionen Papiermark“ meldet der Wasserburger Anzeiger, dass innerhalb einer knappen Woche sich der Wert der Mark um über 80% verringert habe, dies sei eine Entwicklung, „gegen die alles Bisherige ein Kinderspiel“ sei. (Wasserburger Anzeiger 181/1923 vom 10.08.1923)

Die Artillerievereinigung in Wasserburg, sei „ziemlich deprimiert“, weil ihr kundgeworden sei, dass es eine große Bierpreiserhöhung gebe. „Man spricht von 80.000 Mark“, die ein Liter Bier kosten werde. Die Vereinigung wünscht sich, „daß die Erhöhung nicht eintritt“. (Wasserburger Anzeiger 181/1923 vom 10.08.1923)

Wie der Wasserburger Anzeiger meldet, will die Reichsbank bereits am 11. August neue Zehnmillionenmark-Scheine in Umlauf bringen, mit der Ausgabe von 20- und 50-Millionenmark Scheinen soll in den darauf folgenden Tagen begonnen werden. 100-Millionen-Mark-Scheine werden noch nicht gedruckt, man richte sich aber darauf ein. (Wasserburger Anzeiger 181/1923 vom 10.08.1923)

Die Postgebühren werden verfünffacht, meldet der Wasserburger Anzeiger gleichzeitig. Damit ist dem weiteren Wertverfall der Mark Tür uns Tor geöffnet. (Wasserburger Anzeiger 181/1923 vom 10.08.1923)

Die unaufhaltsame Markentwertung zwingt das Elekrizitätswerk Haag dazu, den Strompreis erst am Monatsende für den folgenden Monat festzusetzen. (Wasserburger Anzeiger 181/1923 vom 10.08.1923)

 

Samstag, 11. August 1923

Erstmals wird der mit drei Millionen Mark dotierte Hessische Staats- oder Georg-Büchner-Preis verliehen. Die Preisträger sind der Komponist Arnold Ludwig Mendelsohn und der Arzt Adam Carrillon.

 

Wegen Uneinigkeit bezüglich der Reparationsfrage und der Ruhrbesetzung wachsen die Spannungen zwischen Großbritannien und Frankreich. In ihrer Note an Frankreich und Belgien verurteilt die britische Regierung die Ruhrbesetzung als rechtswidrig.

 

Anlässlich der Verfassungsfeier (am 11. 8. 1919 wurde die Weimarer Verfassung verkündet), die erstmals als nationaler Feiertag begangen wird, erlässt Reichspräsident Friedrich Ebert einen Aufruf zur Einigkeit. Auf der Festveranstaltung in Dresden hält Heinrich Mann die Festrede.

 

In Wasserburg hält die Artillerievereinigung Wasserburg a. Inn ihr „Gründungsfeste, verbunden mit Fahnenweihe“ im Danningersaal ab.

 

Die Titelzeile im Wasserburger Anzeiger lautet: „Um Leben und Sterben der Nation“. Die Schlagzeile spricht auf den weiteren Verfall der Mark an, ebenso wie auf die Hungersnöte überall in Deutschland. (Wasserburger Anzeiger 182/1923 vom 11.08.1923)

 

Unter der Schlagzeile: „Ein entscheidender Schlag Frankreichs“ berichtet der Wasserburger Anzeiger, dass Frankreich und Belgien in den besetzten deutschen Gebieten an Rhein und Ruhr sämtliche Steuereinnahmen an die französische und belgische Staatskasse abführen wollen. (Wasserburger Anzeiger 182/1923 vom 11.08.1923)

 

Der Dollarkurs notiert bei  4.847.850 Mark.

 

Der Wasserburger Anzeiger meldet noch, dass in Berlin innerhalb von 24 Stunden neun Selbstmorde verübt worden seien. In den meisten Fällen seien Not und Krankheit die Ursachen gewesen. Außerdem seien im Juli 1923 knapp 70.000 männliche und 5.000 weibliche Personen im Obdachlosenasyl untergekommen. Der Wert habe damit bei den Männern um 72%, bei den Frauen um 120% höher gelegen als im Juli 1922. Ebenso habe die Zahl der Forstdiebstähle in „erschreckendem Maße“ zugenommen. (Wasserburger Anzeiger 182/1923 vom 11.08.1923)

 

Sonntag, 12. August 1923

Die Reichsregierung unter Reichskanzler Wilhelm Cuno tritt zurück, nachdem sie das Vertrauen der Koalitionsparteien DDP und DVP und auch das der SPD verloren hat. Mit der Bildung einer neuen Regierung wird der DVP-Vorsitzende Gustav Stresemann betraut.

 

In der Rekordzeit von 16 Stunden und 23 Minuten durchquert der italienische Schwimmer Enrico Tiraboschi den Ärmelkanal.

 

Das deutsch-finnische Fußball-Länderspiel in Dresden endet mit 1:2.

 

Scharf reagiert der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré auf die britische Note vom 11. August, in der die Briten die Ruhrbesetzung als rechtswidrig verurteilen.

 

Unter heftigen Unruhen erzwingen die Kommunisten in Berlin die Arbeitseinstellung in der Metallindustrie und dem öffentlichen Verkehr. Auch in anderen Städten des Deutschen Reichs brechen Unruhen aus (Brandenburg, Breslau, Ratibor, Krefeld, Hamburg).

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 8.890.250 Mark.

Wasserburg feiert an diesem Wochenende „ein erhebendes Fest“. Die ehemaligen Angehörigen der königlich bayerischen Artillerie hätten sich im Bezirk Wasserburg zusammengeschlossen in der Erinnerung „an die gemeinsam verlebte Militärzeit“ und „an die gemeinsam vollbrachten Waffentaten im größten und furchtbarsten aller Kriege“. Ziel der Versammlung am Sonntag sei es, „die alten deutschen Tugenden […], die Treue und den Idealismus“ wieder zu wecken und zu beleben. In diesem Sinne titelt der Wasserburger Anzeiger: „Den Artilleristen zum Gruß!“ (Wasserburger Anzeiger 183/1923 vom 12.08.1923)

Der Bierpreis sei „von der Teuerungswelle mitgerissen“, teilt der Wasserburger Anzeiger mit. Der Liter dunkel koste ab sofort 73.500 Mark, der Liter Helles 90.300 Mark und der Liter Märzenbier 96.600 Mark. Allerdings bleibe das erwähnte Artilleriefest“noch von der Bierpreiserhöhung verschont“. (Wasserburger Anzeiger 183/1923 vom 12.08.1923)

Auch die Brotpreise steigen: Eine Semmel kostet jetzt 5.000 Mark, 1 Pfund markenfreies Brot 35.000 Mark. Es sei aber bald damit zu rechnen, dass der Semmelpreis auf mindestens 16.000 Mark steige. (Wasserburger Anzeiger 183/1923 vom 12.08.1923)

Der Besitzer des Wasserburger Kinos, Fritz Reheis, hat beim Stadtrat eine Ermäßigung der Lustbarkeitssteuer von 20% auf 15% beantragt, was der Stadtrat ablehnt. (Wasserburger Anzeiger 183/1923 vom 12.08.1923)

 

Montag, 13. August 1923

Die neue Reichsregierung unter Gustav Stresemann (DVP) wird vereidigt. Dieses Kabinett der Großen Koalition (SPD, DDP, Zentrum, DVP) besitzt im Gegensatz zur Regierung Wilhelm Cuno die parlamentarische Mehrheit. Stresemann wird zugleich Reichskanzler und Reichsaußenminister.

 

In Hamburg wird wegen des drohenden Generalstreiks der Ausnahmezustand verhängt.

 

Um die Ernte der in den Städten des Deutschen Reichs dringend benötigten Kartoffeln zu beschleunigen, erhalten die Schüler für den Ernteeinsatz Unterrichtsbefreiung.

 

 

Dienstag, 14. August 1923

Der am Vortag ernannte Reichskanzler Gustav Stresemann (DVP) stellt im Reichstag das neue Kabinett und das Regierungsprogramm vor. Mit 239 von 459 Stimmen billigt der Reichstag das Vertrauensvotum für die neue Regierung. Mehr als ein Viertel der Abgeordneten bleibt der Abstimmung fern.

 

Obwohl ihre Partei zur Regierungskoalition gehört, lehnen 43 SPD-Abgeordnete des linken Flügels die Koalitionsregierung ab. Statt mit der DVP, der Partei des Großkapitals, zu paktieren, solle man sie bekämpfen.

 

Reichspräsident Friedrich Ebert erlässt eine Verordnung „zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“. Sie richtet sich vor allem gegen die Aufforderung zu Gewalttaten in der Presse. (Wasserburger Anzeiger 184/1923 vom 14.08.1923)

 

 

 

 

Mittwoch, 15. August 1923

In Weimar wird die erste Bauhaus-Ausstellung mit einem Vortrag des Architekten Walter Gropius “Kunst und Technik, die neue Einheit” eröffnet.

 

Eamon de Valera, der Führer der republikanischen Sinn Fein, wird in Ennis verhaftet.

 

Da der von der KPD in Berlin ausgelöste wilde Streik (12. 8.) erhebliche Störungen hervorruft, verordnet Carl Severing, der sozialdemokratische Innenminister Preußens, die Auflösung und das Verbot der kommunistischen Streikorgane der Großberliner Betriebsräte.

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 8.690.750 Mark.

Der Wasserburger Anzeiger bedauert in seinem Leitartikel den Rücktritt der Reichsregierung unter Wilhelm Cuno. Cuno habe „über neun Monate in der Führung der Außenpolitik die überwältigende Mehrheit des deutschen Volkes bis tief in die Reihen der Sozialdemokraten hinein hinter sich gehabt, er war bei seinen Maßnahmen gegen die Geldentwertung im heurigen Frühjahr von Vertrauen wohl fast des gesamten Volkes getragen.“ (Wasserburger Anzeiger 185/1923 vom 15.08.1923)

Der ehemalige britische Premierminister David Lloyd George erklärte in einer Rede in Wrexham, dass Deutschland die Reparationen im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zahlen müsse, dass aber „die französische Ruhraktion eine politische Unklugheit sei“ (Wasserburger Anzeiger 185/1923 vom 15.08.1923)

 

Donnerstag, 16. August 1923

In Bayern beginnt sich der Widerstand gegen die Reichsregierung zu regen. Der Bund Bayern und Reich (der Bayerischen Volkspartei nahestehend) sieht wegen der SPD-Beteiligung das Reich in Gefahr, zu einem “marxistisch-bolschewistischen Experimentierobjekt” herabgewürdigt zu werden.

 

Der Wert einer Goldmark ist auf eine Million Papiermark gestiegen. Ende 1922 hatte eine Goldmark den Gegenwert von 1000 Papiermark.

 

In Chieming musste der aus Frankfurt stammende Bankbeamte Heinz Kielmann durch einen leichtsinnigen Scherz  sein Leben lassen: „Er legte sich auf ein Brett, das an einem Kahn angehängt war, und ließ sich auf dem Chiemsee mitziehen. Wahrscheinlich durch Umschlagen des Brettes fiel er ins Wasser und da er des Schwimmens unkundig war, wurde er ein Opfer der Wellen. Nach langem Suchen konnte seine Leiche gefunden werden. (Wasserburger Anzeiger 189/1923 vom 21.08.1923)

 

 

Freitag, 17. August 1923

In Frankfurt am Main beginnen die Deutschen Leichtathletikmeisterschaften (bis 19. 8.) mit einem deutschen Rekord über 5000 m.

 

Die Preissteigerung im Deutschen Reich, von der besonders die Lebensmittel betroffen sind, hält an. Derzeit müssen für einen Liter Vollmilch 70 000 Mark bezahlt werden.

 

US-Präsident Calvin Coolidge bietet die Hilfe der Vereinigten Staaten zur Lösung der Reparationsfrage an.

 

Das Artilleristenfest in Wasserburg am Wochenende 11./ 12. August 1923 nimmt immer noch die Zeitung in Bann. Die Stadt sei am vergangenen Wochenende sehr schön geschmückt gewesen und der Geist der Veranstaltung habe den Stolz der deutschen Nation erneut wecken können. „Unser Wappen mit dem bayerischen Löwen auf der Fahne, unter dem wir geboren und groß geworden sind und zu dem wir stehen sollen zu jeder Stunde, auch in Not und Gefahr.“ (Wasserburger Anzeiger 186/1923 vom 17.08.1923)

 

„Die Frauen der Ausgewiesenen Mägde der Schwarzen! Hilfeschreie gegen die farbige Schmach“ Unter dieser Schlagzeile berichtet der Wasserburger Anzeiger, dass Eisenbahner und Staatsarbeiter, die in den von Frankreich besetzten Gebieten den Dienst verweigern (im Rahmen des passiven Widerstandes), aus den besetzten Gebieten ausgewiesen würden und „ihre Frauen aber müßten allein in den Wohnungen bleiben und die Bedienung für einzuquartierende Angehörige farbiger französischer Regimenter übernehmen“.  Daraufhin hätten sich die Frauen an den Präsidenten der USA gewandt: „Wir deutschen Frauen erbitten vom Präsidenten der Vereinigten Staaten als dem Lande, das den weißen Frauen immer Schutz gegen Farbige gewährte, Hilfe gegen drohende Schande und Schmach.“ (Wasserburger Anzeiger 186/1923 vom 17.08.1923)

 

 

 

Samstag, 18. August 1923

Das “Deutsche Tageblatt”, das der Deutschvölkischen Freiheitspartei nahesteht, wird von der Berliner Polizei wegen gehässiger und beleidigender Angriffe gegen Reichskanzler Gustav Stresemann und Verunglimpfung der republikanischen Staatsform für die Dauer von zwei Wochen verboten.

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 2.693.250 Mark. Dieser starke Wertanstieg wird auf die Politik der neuen Reichsregierung unter Gustav Stresemann zurückgeführt, ist aber auch nur ein Strohfeuer, wie die weitere Kursentwicklung deutlich macht.

In Reichertsheim bei Aschau ereignete sich ein schwerer Unglücksfall. Der Elektromonteur Anton Kaiser wurde bei Arbeiten von Starkstrom erfasst, wurde sofort bewusstlos und der Lehrjunge Josef Wolf, der die Szene beobachtete, habe sofort den Draht abgetrennt. Kaiser sei bewusstlos vom Platze getragen worden, doch hoffe man, ihn am Leben erhalten zu können. (Wasserburger Anzeiger 187/1923 vom 18.08.1923)

Der Stadtrat der Stadt Wasserburg teilt mit, dass ab Montag, 20 August die neue Serie an Brotmarken an die Bevölkerung verteilt werden kann. (Wasserburger Anzeiger 187/1923 vom 18.08.1923)

 

Sonntag, 19. August 1923

Mit einer Niederlage beenden die Londoner Dockarbeiter ihren seit dem 4. Juli andauernden Streik, den sie gegen den Rat der britischen Transportarbeitergewerkschaft durchführten. Bedingungslos müssen die Docker die Arbeit zu den am 1. Juli herabgesetzten Löhnen wiederaufnehmen.

 

Der in Karlsbad tagende Zionistenkongress (17. 8.-19. 8.) wählt Chaim Weizmann erneut zum Präsidenten der Zionistischen Weltorganisation.

 

In Moskau wird die erste Landwirtschafts- und Heimindustrieausstellung der UdSSR eröffnet.

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 3.192.000 Mark.

 

Montag, 20. August 1923

Mit zunehmender Geschwindigkeit setzt sich der Markverfall fort. Ein US-Dollar ist derzeit 4,2 Millionen Mark wert. Der Brotpreis ist im Deutschen Reich auf 200 000 Mark (pro Laib) gestiegen.

 

Die Reichsbahn geht dazu über, ihre Tarife der Inflation anzupassen, da Reichsfinanzminister Rudolf Hilferding (SPD) der Auffassung ist, die Reichsbahn solle den größten Teil ihres ordentlichen Haushalts, der zur Zeit ein Defizit von 450 Billionen Mark aufweist, durch Eigeneinnahmen decken. An diesem Montag werden die Fahrkartenpreise bei der Bahn um 900% erhöht. Die Gütertarife steigen um 2000% (Wasserburger Anzeiger 187/1923 vom 18.08.1923).

 

 

Auf den von den Athener Verkehrsarbeitern proklamierten Generalstreik reagiert die griechische Regierung mit drastischen Maßnahmen. Per Dekret werden sämtliche Arbeiterorganisationen aufgelöst und ihre Bankguthaben gesperrt. Die Gelder sollen in eine neue Arbeiterversicherungskasse fließen.

 

Heinrich Mann verlässt sein Traumland und steigt in den Nachtzug von Berlin nach Paris. Als junger Mann hatte er einmal vor 30 Jahren die französische Hauptstadt besucht, seitdem aber den Kontakt mit französischem Boden vermieden und sich darauf beschränkt, Frankreich mit der Dichterseele zu durchstreifen. So ist in ihm mit den Jahren das Idealbild einer Zivilisation entstanden, die Vision einer mehr oder weniger perfekten Republik, durchdrungen vom Geist der Humanität, regiert von der Garantie für Freiheit und Menschenrechte. Alles, was Heinrich Mann an Deutschland verachtet – den Untertanengeist, den Militarismus, die unterdrückte Leibes- und Lebenslust, die aggressiv dröhnende Hohlheit -, findet er im Frankreich seiner Träume ins Gegenteil verwandelt, hell und heiter, beseelt und lustbetont.

 

Dienstag, 21. August 1923

Spanien entsendet militärische Verstärkung nach Marokko, wo sich die Rifkabylen (gegen die spanische Kolonialherrschaft kämpfende Berberstämme) auf dem Vormarsch befinden. Alle beurlaubten Offiziere müssen sofort einrücken.

 

Wegen nicht anerkannter Autonomieforderungen brechen die kroatischen Abgeordneten alle Beziehungen zur Regierung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen (das spätere Jugoslawien) ab. Der Versuch des Kroatenführers Stjepan Radic, die Briten zur Unterstützung des kroatischen Separatismus zu bewegen, scheitert.

 

Die französische Regierung antwortet auf die deutschen Forderungen zur Räumung des Rheinlandes durch französische und belgische Truppen dahingehend, dass die Besetzung „sofort vermindert werden“ und die ausgewiesenen Eisenbahner sofort heimkehren könnten, wenn der „passive Widerstand aufhörte“ (Wasserburger Anzeiger 189/1923 vom 21.08.1923).

 

In Traunstein entstand infolge umlaufenden Gerüchten von Plünderungsabsichten am Samstag die Notwendigkeit, ein starkes Aufgebot der Notpolizei bereit zu halten. (Wasserburger Anzeiger 189/1923 vom 21.08.1923)

 

Aus Südtirol wird gemeldet, dass sich der Kurort Meran „sich schon seit Monaten herrlichen, wolkenlosen Wetters“ erfreue. Zahlreiche Gäste aus aller herren Länder seien eingetroffen und man sehe auch viele deutsche Touristen, die zum ersten Male seit dem Kriege Südtirol wieder besuchten. Den Hauptanteil an Gästen stelle aber Italien. (Wasserburger Anzeiger 189/1923 vom 21.08.1923)

 

Der Wechselkurs des US-Dollar wird mit 4.000.000 Mark notiert.

 

Mittwoch, 22. August 1923

In Berlin tagen die Vereinigten Vaterländischen Verbände Deutschlands. Stürmischer Beifall erntet Hermann Bauer, Führer der bayerischen Verbände, mit seiner Erklärung, Bayern stehe der neuen Reichsregierung mit größtem Misstrauen gegenüber.

 

Wegen der scharfen Reichswehr-Kritik des sächsischen Ministerpräsidenten Erich Zeigner (u.a. 7. 8.) untersagt Reichswehrminister Otto Geßler (DDP) dem Reichswehrbefehlshaber in Sachsen, Generalleutnant Alfred Müller, den dienstlichen Verkehr mit der sächsischen Regierung.

 

Im Reichskabinett werden Maßnahmen zur Stützung der Mark besprochen. Beschlüsse gibt es noch keine (Wasserburger Anzeiger 190/1923 vom 22.08.1923).

 

Der französische Generalstab plant die Besetzung von 14 weiteren Städten im Ruhrgebiet. Er halte diese Besetzung für dringend erforderlich, damit der passive Widerstand aufgegeben werde. (Wasserburger Anzeiger 190/1923 vom 22.08.1923)

 

„Die schwebende Schuld des Deutschen Reiches habe sich in der Zeit von 31. Juli 1923 bis 10. August 1923 um 59,4 Billionen Mark erhöht und betrage jetzt 117,28 Billionen Mark, also eine Verdopplung innerhalb von knapp 14 Tagen (Wasserburger Anzeiger 190/1923 vom 22.08.1923).

 

Der Kommunalverband Wasserburg teilt mit, dass mit sofortiger Wirkung der Mehlpreis auf 15.000 Mark das Pfund und der Brotpreis auf 30.000 Mark für das Pfund angehoben werden müsse. (Wasserburger Anzeiger 190/1923 vom 22.08.1923).

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 4.189.500 Mark.

 

 

Donnerstag, 23. August 1923

Der Finne Paavo Nurmi stellt in Stockholm zwei Weltrekorde auf.

 

Die türkische Nationalversammlung in Angora (heute Ankara) ratifiziert mit 215 von 235 Stimmen den Friedensvertrag von Lausanne vom 24. Juli. Daraufhin beginnen die Alliierten mit der Räumung Konstantinopels (heute Istanbul).

 

Unter der Schlagzeile „Die papierne Sintflut“ berichtet der Wasserburger Anzeiger, dass die Reichsdruckerei mit dem Drucken von neuen Geldscheinen nicht mehr hinterher komme und man stattdessen neue Beträge auf die alten Scheine drucke. So kommt es, dass auf 1000-Mark Scheinen jetzt der Betrag 10 Millionen oder 100 Millionen Mark stehe. Bei Briefmarken verhalte sich die Druckerei ähnlich. Das Problem sei, dass die alten Scheine einen höheren Wert an Altpapier hätten als den aufgedruckten Nennwert. (Wasserburger Anzeiger 191/1923 vom 23.08.1923).

 

In der Beleidigungsklage, die Adolf Hitler gegen den Schriftleiter Otto Brennecke angestrengt hatte, urteilte das Amtsgericht München-Au, dass bei dem als Klagegrund genannten Vorwurf, Hitler habe für seine „Bewegung“ auch Gelder von französischer Seite erhalten, nicht sicher nachgewiesen werden konnte, „daß gerade Hitler der Angegriffene sei und deshalb zur Klage berechtigt ist“ (Wasserburger Anzeiger 191/1923 vom 23.08.1923).

 

Infolge der massiven „Arbeitsüberhäufung“ sehen sich die in Wasserburg ansässigen Banken (also die Wasserburger Filialen der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, der Bayerischen Vereinsbank, der Volksbank Wasserburg und der Vereinigten Städtischen Sparkasse) bis auf weiteres gezwungen, ihre Schalter am Nachmittag geschlossen zu halten. (Wasserburger Anzeiger 191/1923 vom 23.08.1923).

Hintergrund dürfte die Tatsache sein, dass der aktuelle Dollarkurs stets um 15 Uhr bekanntgegeben wurde und die Wasserburger ebenso wie die Bewohner anderer Ortschaften Verluste durch Wechselkursänderungen vermeiden wollten und deshalb am Nachmittag ihre Bankgeschäfte erledigten.

 

Die KPD ruft in ihrem Parteiorgan „Rote Fahne“ zu einem neuerlichen Generalstreik reichsweit ab dem 2. September 1923 auf. (Wasserburger Anzeiger 191/1923 vom 23.08.1923).

 

Ein Sträfling, der ins Wasserburger Amtsgerichtsgefängnis eingeliefert werden sollte, „entsprang seinem Begleiter bei der Freidhoferstiege, setzte über die Stadtmauer weg und flüchtete der Brauerei Grein zu. Dort wurde er im Hofraum wieder aufgegeriffen und dann -jedenfalls mit besonderer Sorgfalt- seinem Bestimmungsort hinter Gittern zugeführt. (Wasserburger Anzeiger 191/1923 vom 23.08.1923).

 

In einer Mammutsitzung des Stadtrates von Wasserburg wird der neue Leiter des städtischen Schülerheims gewählt. „In elfter Abendstunde“ sei „unter etwa 20 Bewerbern“ die Wahl auf H. H. Benefiziaten Krimmer, Katechet in Pasing, gefallen. (Wasserburger Anzeiger 194/1923 vom 26.08.1923).

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 5.882.353 Mark.

 

Freitag, 24. August 1923

Der Lehrfilm “Wilhelm Tell” mit Conrad Veidt, Käthe Haack, Otto Gebühr, Eduard von Winterstein, Agnes Straub und Xenia Desni in den Hauptrollen wird im Berliner Marmorhaus uraufgeführt.

 

In der Inszenierung von Arnolt Bronnen und Bertolt Brecht wird Hans Henny Janns Drama “Pastor Ephraim Magnus” in Berlin uraufgeführt. Der Schriftsteller Alfred Döblin schreibt über die Aufführung: “Das Publikum wurde ergriffen, erfasste manches. Zischte auch. Die Kritik zischte nur.”

 

Wegen des katastrophalen Defizits wird der Berliner Straßenbahnbetrieb vorübergehend eingestellt.

 

Reichskanzler Gustav Stresemann (DVP) wiederholt in seiner außenpolitischen Programmrede, die er auf einer Veranstaltung des Deutschen Industrie- und Handelstags in Berlin hält, das deutsche Angebot an die Alliierten vom 7. Juni, unter der Bürgschaft der Privatwirtschaft die Reparationszahlungen wiederaufzunehmen.

 

Unter der Schlagzeile „Französische Justiz in der Pfalz“ meldet der Wasserburger Anzeiger, dass im Juni und im Juli 1923 in der Pfalz insgesamt 473 Personen zu insgesamt 370 Millionen Mark Geldstrafe und ca. 100 Jahren Gefängnis verurteilt worden seien. Die meisten Verurteilungen seien nur erfolgt wegen „Übertretung der schikanösen französischen Vorschriften, die mit dem Ruhreinfall in Zusammenhang“ ständen. (Wasserburger Anzeiger 192/1923 vom 24.08.1923).

 

Nachahmenswert sei das gute Beispiel des Gastwirts Wurm aus Edling. Angesichts der großen Not, in der ein großer Teil der Bevölkerung lebe, habe der Viehhändler Martin Storfner „eine fette Kalbin“ kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Ausgabe des Fleisches erfolgt noch diese Woche“. Der Wasserburger Anzeiger bezeichnet diese mildtätige Aktion als „Lichtblick in unserer heutigen traurigen Zeit“ (Wasserburger Anzeiger 192/1923 vom 24.08.1923).

 

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 5.313.250 Mark.

 

Samstag, 25. August 1923

Bei dem Mittenwalder Treffen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Eugen Ritter von Knilling versucht Reichskanzler Gustav Stresemann, das Misstrauen der Bayern gegenüber der neuen Reichsregierung auszuräumen.

 

 

 

 

Adolf Hitler beantragt auf dem Schweizer Konsulat in München ein Visum und nennt „Studienzwecke“ als Reisegrund und versichert, von „jeglicher politischen Tätigkeit“ in der Schweiz Abstand zu nehmen. Dennoch nutzt Hitler seine Reise zu einer ausgiebigen „Fundraising“-Tour. Höhepunkt der Reise wird am 30. August seine Rede „Zur Lage in Deutschland“ in der Villa Schöneberg in Zürich beim Sohn des Schweizer Generals Ulrich Wille, Ulrich Wille jun., ist seit etwa einem Jahr von den Führungsqualitäten Hitlers überzeugt: „Heute will ich nur melden, dass Hitler mir einen guten Eindruck gemacht hat und seine Person und Arbeit für die Zukunft von großer Bedeutung sind..“ Als Zeichen seiner Sympathie lässt er Hitler eine Spende in Höhe von 2.000 Schweizer Franken zukommen.

 

Im Wasserburger Anzeiger werden die Vorschläge des französischen Staatspräsidenten Poincaré zur Beendigung der Ruhrkrise präzisiert dargestellt: linksrheinische Eisenbahnen sollen künftig von einer internationalen Gesellschaft übernommen werden; ein Teil der Ruhrbergwerke soll ebenfalls von einer internationalen Gesellschaft übernommen werden; Deutschland soll seine Naturalleistungen im Rahmen der Reparationen wieder aufnehmen; die Zollabgaben werden den Ententemächten ausgehändigt; ein Teil der Devisen, die in deutschem Besitz seien, sollen den Ententemächten übergeben werden. (Wasserburger Anzeiger 193/1923 vom 25.08.1923).

 

Der Stadtrat von Rosenheim beschließt, beschleunigt 20 Milliarden Mark als Notgeld herstellen und ausgeben zu lassen. (Wasserburger Anzeiger 193/1923 vom 25.08.1923). Damit reagiert die Stadt Rosenheim auf den Mangel an Bargeld infolge der explodierenden Inflation.

 

In Genf tritt der Völkerbundsrat zusammen und erörtert auch die Frage der Zulassung Deutschlands zum Völkerbund. Der britische Vertreter Lord Robert Cecil befürwortet eine Mitgliedschaft Deutschlands, weil der Völkerbund dann „eher imstande sein werde, eine wirksame Lösung des Reparations- und Ruhrproblems und der gesamten wirtschaftlichen Lage Europas einzuleiten.“ Deutschland sei noch nicht gefragt worden, ob es beitreten will. Der Wasserburger Anzeiger hat hierzu eine klare Meinung: „Der Völkerbund ist ein Teil des Versailler Vertrags. Dem Bund beitreten heißt für Deutschland Anerkennung des Vertrags und der Schuldlüge von neuem.“ (Wasserburger Anzeiger 193/1923 vom 25.08.1923).

 

Das Finanzamt Wasserburg teilt mit, dass bis 25. August als Vorauszahlung auf die Einkommensteuer das 400fache der Vierteljahressteuer von 1922, also das 100fache der Gesamteinkommensteuer von 1922 fällig sei. (Wasserburger Anzeiger 193/1923 vom 25.08.1923).

 

Der „greise Feldmarschall“ von Hindenburg besucht General Ludendorff in seinem Haus in Prinz Ludwigshöhe im Süden von München zum Tee. Dies ist umso bemerkenswerter, als Ludendorff bekannt ist für seine Sympathien für Aldolf Hitler und seine nationalsozialistische Partei und Bewegung. Auch der monarchistisch gesinnte Unternehmer Stinnes soll bei dem nachmittäglichen Treffen anwesend gewesen sein. (Wasserburger Anzeiger 196/1923 vom 29.08.1923).

 

Auch Wasserburg produziert jetzt Notgeld. Der Stadtrat beschloss die Ausgabe von Notgeldscheinen in Gesamthöhe von 20 Milliarden Mark. Die Scheine sollen auf die Beträge von 500.000 bzw. einer Million Mark lauten. Als Ausgabetermin sei der 1. September vorgesehen, berichtet der Wasserburger Anzeiger. (Wasserburger Anzeiger 196/1923 vom 29.08.1923).

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 5.092.700 Mark.

 

Sonntag, 26. August 1923

Der österreichische Dirigent Erich Kleiber wird Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper, nachdem Leo Blech von diesem Amt zurückgetreten war.

 

Reichskanzler Stresemann besucht Bayern. In Mittenwald führt er Gespräche mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Dr. von Knilling. (Wasserburger Anzeiger 194/1923 vom 26.08.1923).

 

Die Rede Reichskanzler Stresemanns vor dem Reichstag zur aktuellen Lage findet große Beachtung. Im Wasserburger Anzeiger wird berichtet, dass die diplomatischen Kreise in Berlin diese Rede als einen wichtigen Schritt „auf dem Wege zur Lösung des Reparationsproblems ansehen“. (Wasserburger Anzeiger 194/1923 vom 26.08.1923).

 

In Kaufbeuren „hat sich der 50jährige Taglöhner Josef Hollenstein aus Kummer über den hohen Bierpreis erhängt.“ (Wasserburger Anzeiger 194/1923 vom 26.08.1923).

 

In Rosenheim sei es keine Seltenheit mehr, dass aus Privatgärten andauernd Gemüse, Kartoffeln und Obst gestohlen werde. Neu sei aber, berichtet der Wasserburger Anzeiger, dass „das Diebsgesindel aber auch mit Giftmitteln“ arbeite, und dies „aus reiner Freude am Schaden anderer“. Es seien 20 wertvolle Hühner und zwei Ferkel vergiftet worden. „Es ist weit gekommen, daß in Rosenheim gar nichts mehr sicher zu sein scheint vor diebischen und boshaften Händen.“ (Wasserburger Anzeiger 194/1923 vom 26.08.1923).

 

 

Im Wasserburger Anzeiger notiert der Dollarkurs mit 4.688.250 Mark.

 

Montag, 27. August 1923

Bei Janina (heute Ioannina) wird die italienische Militärkommission für die Festsetzung der griechisch-albanischen Grenze ermordet. Am 29. August fordert die italienische Regierung von Griechenland ultimativ eine offizielle Entschuldigung und die Zahlung einer Entschädigung. Wegen des Mordfalls kommt es zu schweren griechisch-italienischen Spannungen.

 

Der von den Verkehrsarbeitern in Athen am 20. August ausgerufene Generalstreik bricht zusammen.

 

Ein Liter Vollmilch kostet 178.000 Mark.

 

 

Dienstag, 28. August 1923

Bei den irischen Wahlen werden 63 Kandidaten der Regierungspartei gewählt, während die oppositionellen Republikaner in 44 Wahlkreisen gewinnen. Der inhaftierte Führer der Republikaner, Eamon de Valera, wird in der Grafschaft Clare gewählt.

 

Eine freudige Überraschung erlebten die Hausfrauen auf dem Rosenheimer Markt, weil das Pfund Kartoffeln für 30.000 oder 40.000 Mark angeboten wurde, im Gegensatz zum vorgestrigen Preis von 60.000 bis 80.000 Mark. Leider währte die Freude nur kurz, weil mehrere Händler sofort zentnerweise die Kartoffeln für 30.000 Mark aufkauften, nur um sie sofort „um 60.000 Mark das Pfund verschachern zu können“. (Wasserburger Anzeiger 195/1923 vom 28.08.1923).

 

Dder Wasserburger Anzeiger berichtet vom tragischen Ende eines russischen Aristokraten: Der russische Baron von Engelhardt habe sich beim Kriegsausbruch 1914 zum Kuraufenthalt in Meran befunden und sei auf seiner anschließenden Heimreise „als Angehöriger einer feindlichen Kriegsmacht aufgehalten und in Kufstein interniert“ worden. Mit Rücksicht auf sein hohes Alter und sein deutschfreundliches Verhalten hat man aber von einer Internierung im Gefängnis abgesehen und Baron von Engelhardt durfte in einem Hotel wohnen, wo er von seinem Vermögen, das er in Deutschland deponiert hatte, lebte.

Nach Kriegsende musste Baron von Engelhardt erfahren, dass „ihm die Bolschewisten seine ausgedehnten Besitzungen samt dem Stammschloß in der Nähe des litauischen Riga weggenommen hatten und ihm auf diese Weise die Rückkehr unmöglich machten“.

Seither habe der 73jährige von seinem immer mehr zusammengeschmolzenen Vermögen in Kufstein gelebt. Der Zusammenbruch der Mark habe nun dazu geführt, dass Baron von Engelhardt sich in seiner Kufsteiner Wohnung erhängt habe. Seine Leiche habe er der Innsbrucker Klinik zu Studienzwecken überlassen. (Wasserburger Anzeiger 195/1923 vom 28.08.1923).

 

Der US-Dollar hat den Kurswert von 6,3 Millionen Mark erreicht.

 

 

Mittwoch, 29. August 1923

Die sächsische Regierung verbietet alle zur Feier des Sedantags am 2. September geplanten Veranstaltungen, weil sie Zusammenstöße zwischen den rechten und linken Verbänden befürchtet. Der Sedantag erinnert an die Kapitulation der Franzosen am 2. September 1870 nach der verlorenen Schlacht von Sedan im deutsch-französischen Krieg 1870/71.

 

In Rosenheim wird ein „unerhörter Fall von Fleischwucher“ bakannt. Der Metzgermeister Vitus Garnreiter habe vor etwa drei Wochen von einem Ökonomen in Schechen eine Kuh für 30 Millionen Mark gekauft. Dann habe er das vier Zentner schwere Tier geschlachtet und habe es dann für 14 Tage in die Kühlhalle des Schlachthofes gehängt. In diesen 14 Tagen sei der Fleischpreis auf 500.000 Mark pro Pfund gestiegen, sodass Garnreiter nunmehr mit 60 Pfund Fleisch das ganze Tier finanziert hatte und sich an den restlichen 340 Pfund bereichern durfte. Die Empörung im Wasserburger Anzeiger ist unüberhörbar: „Mit 30 Millionen Mark Kapital wurden auf Kosten der Konsumenten innerhalb von 14 Tagen rund 200 Millionen ‚verdient‘. Als Garnreiter erfahren habe, dass man seiner Aktion von Amts wegen nachgehe, habe er dem Verkäufer weitere 40 Millionen Mark Schweigegeld angeboten. „Bezeichnend für für die ganze Art unserer Fleischversorgung“ schreibt der Wasserburger Anzeiger, sei „auch die Tatsache, daß ein Mann aus Schechen, der dem Garnreiter davon Mitteilung machte, daß bei dem betreffenden Ökonomen in Schechen eine Kuh verkäuflich sei, für diese Übermittlung sechs Millionen Mark erhielt“. (Wasserburger Anzeiger 196/1923 vom 29.08.1923).

 

 

 

Donnerstag, 30. August 1923

Der Sozialdemokratische Parlamentsdienst (der SPD-Reichstagsfraktion nahestehend) behauptet, die Bevölkerung des Ruhrgebiets sei zur Aufgabe des passiven Widerstands bereit, wenn die Franzosen die Ausgewiesenen zurückkehren ließen und die Verhafteten freigäben.

 

US-Außenminister Charles Evans Hughes erklärt in Minneapolis, die Monroedoktrin (nach US-Präsident James Monroe benanntes, 1823 erstmals formuliertes Prinzip der US-amerikanischen Außenpolitik, das Nichteinmischung der USA in die inneren Verhältnisse Europas beinhaltet) beeinträchtige die Zusammenarbeit der USA mit Europa nicht.

 

Der Wasserburger Anzeiger meldet, dass in Berliner politischen Kreisen intensiv die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund diskutiert werde, wenn Deutschland bereit sei, den passiven Widerstand im Ruhrgebiet zu beenden. Die Meinung des Wasserburger Anzeiger ist hierzu eindeutig: „Damit würde Deutschland sein Todesurteil, die Anerkennung des Versailler Diktats, noch einmal anerkennen. Ganz Deutschland muß zusammenstehen, um das zu verhindern!“ (Wasserburger Anzeiger 197/1923 vom 30.08.1923)

 

Das französische Kriegsgericht in Landau in der Pfalz verurteilt den Bezirksamtmann Scherer zu einem Jahr Gefängnis, weil er sich geweigert hatte, eine französische Bahnzugspatrouille von deutschen Gendarmen begleiten zu lassen. Der Wasserburger Anzeiger nennt dieses Urteil kurz „Französische Schandjustiz“ (Wasserburger Anzeiger 197/1923 vom 30.08.1923)

 

In Frankreich fehlen Kindermädchen. Bisher haben junge afrikanische Frauen aus den französischen Kolonien diese Aufgabe wahrgenommen, nunmehr setzt man in Frankreich auf junge Polinnen. eine polnische Zeitung berichtet, dass Frankreich „140.000 Kindermädchen, Stubenmädchen und Köchinnen“ brauche und daher die Auswanderung solcher Mädchen aus Polen nach Frankreich wünsche. „Bisher habe allein Paris 3.000 Negerinnen bezogen. Doch seien die Erfahrungen mit diesen sehr ungünstig gewesen, die Negerinnen seien gewöhnlich in kurzer Zeit vom Strom des Pariser Nachtlebens verschlungen worden. Das polnische Blatt glaubt, die Pariser würden von den Polinnen ebenfalls enttäuscht sein.“ (Wasserburger Anzeiger 197/1923 vom 30.08.1923)

 

Derzeit ist der US-Dollar an der Devisenbörse mit 8,2 Millionen Mark notiert.

 

 

Freitag, 31. August 1923

Scharf attackieren die österreichischen Sozialdemokraten im Wahlkampf (Wahl des Nationalrats am 21. 10.) die Regierung unter Ignaz Seipel, weil sie den Staatshaushalt auf Kosten der Arbeiter saniere.

 

Die Arbeitslosigkeit im Deutschen Reich zeigt eine steigende Tendenz. Gegenüber dem Vormonat (3,5%) hat sich die Zahl der erwerbslosen Gewerkschaftsmitglieder fast auf nun 6,3% verdoppelt.

 

Der von Gerhard Lamprecht an Originalschauplätzen in Lübeck gedrehte Film “Die Buddenbroocks” – nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Mann – wird im Tauentzienpalast (Berlin) uraufgeführt.

 

In der Rhön endet der diesjährige Segelflugwettbewerb. Das schlechte Wetter und ein tödlicher Unfall trüben das Bild der Veranstaltung.

 

Ab 1. September gelten auch neue Postgebühren. So soll eine Postkarte im Ortsverkehr 15.000 Mark Porto kosten und im Fernverkehr 30.000 Mark. Briefe bis zu 20 Gramm werden dann im Ortsvberkehr 30.000 Mark und im Fernverkehr 75.000 Mark kosten. (Wasserburger Anzeiger 197/1923 vom 30.08.1923)

 

Ein paar Bilder von Originalen: