Löwen schlagen Rosenheim in der 93. Minute mit 2:1
In Fußball-Deutschland wird landauf, landab von Trainern, Managern und Berichterstattern sehr häufig über „junge Spieler“ gesprochen. Die Frage nach dem Können wird dabei jedoch oftmals nicht gestellt, doch Alter ist kein Qualitätsmerkmal – und zwar in beide Richtungen. Und so kam es, dass nach einem fast 90-minütigen ausgeglichenen Ringen sowohl Florian Heller als auch Wolfgang Schellenberg ihre bereits etwas rostigen, aber noch rüstigen Geheimwaffen einwechselten: Michael Kokocinski (Wasserburg, 38) und Maximilian Nicu (Rosenheim, 40). Beide Coaches erhofften sich den einen besonderen Moment – und der Wasserburger Altmeister lieferte. Es lief bereits die 93. Spielminute, als die Löwen einen Elfmeter zugesprochen bekamen, Michael Kokocinski diesen ohne mit der Wimper zu zucken zum 2:1 ins Kreuzeck schoss und vor der Top-Kulisse von 647 Fans Derby-Geschichte schrieb (wie kurz berichtet). Schiedsrichter Michael Schmid pfiff das Spiel gar nicht mehr an, sodass sich am Rosenheimer Strafraum eine riesige Wasserburger Jubeltraube bildete.
Aber immer der Reihe nach: „Die Jungs mussten bei diesen Temperaturen viel aushalten. Heute war es ein Sieg der Mentalität“, resümierte Heller anschließend auf dem Inndammfest. Zuvor hatte seine Mannschaft in der ersten Halbzeit sehr viel Ballbesitz, dafür aber wenig Chancen. Die eine Gelegenheit, die sich aber bot, hatte es dafür in sich: Johannes Lindner köpfte bereits nach vier Minuten an den Pfosten, den Nachschuss versenkte Lucas Knauer im Tor, der Schiedsrichter hatte zuvor aber ein Handspiel gesehen. Dieser Treffer hätte dem Spiel eine komplett andere Wendung gegeben, denn Rosenheim spielte vor allem in der ersten Hälfte sehr defensiv, wartete auf Wasserburger Fehler und schlug gemäß der alten Hankofen-Taktik jeden Freistoß aus der eigenen Hälfte in den gegnerischen Strafraum. Aus den weiten Bällen resultierte zunächst keine Gefahr, aus dem Lauern hingegen schon. Sepp Kollie hatte einen Rückpass zu kurz gespielt, Lino Volkmer rettete im Eins-gegen-Eins gegen Karlo Jolic (28.). Die Minute des Karlo Jolic sollte aber noch kommen. Unmittelbar vor der Halbzeit verlängerte der groß gewachsene Stürmer einen Brich-Freistoß ins eigene Tor (44.), doch als die Tormusik kaum verklungen war, traf Jolic nach einer Wasserburger Unachtsamkeit im direkten Gegenzug zum 1:1 (45.).
Nach dem Seitenwechsel zeigte sich dasselbe Spiel. Die Löwen versuchten sich nach vorne zu kombinieren, die Sechziger lauerten. Und die Fehler kamen erneut: Nach einem Wasserburger Ballverlust war Raphael Lang auf der rechten Seite durch, seine Hereingabe hätte Florian Grundner nur noch über die Linie drücken müssen, schoss aus fünf Metern aber freistehend über das Tor (63.). Das hätte die Rosenheimer Führung sein müssen. Auf der Gegenseite traf Marinus Jackl nach der Trinkpause die Latte (72.), doch nach fünf Remis in sechs Spielen reichte Heller dieser eine Punkt nicht: „Ich wollte auf keinen Fall 1:1 spielen. Deshalb haben wir lange Bälle gespielt und daher habe ich Koko im Sturm eingewechselt.“ Entgegen ihrem Stil prügelten die Löwen nun die Bälle nach vorne, holten sich die Abpraller und in der Nachspielzeit wurde Manuel Kerschbaum im Strafraum gefoult. Der Rest ist Geschichte.
Wasserburg: Volkmer, Kollie, Lucas Knauer, Brich, Kononenko (ab 87. Kokocinski), Selimovic (ab 80. Simeth), Lindner (ab 84. Pezo), Ferreira Goncalves (ab 46. Jackl), Kerschbaum, Rauscher (ab 61. Yordanov), Barthuber
Rosenheim: Daroczi, Krasnic (ab 46. Van de Wiel), Fischer, Gratt, Grundner, Martens, Pichler, Lang (ab 91. Nicu), Salkic, Jolic (ab 85. Khong-In), Mayerl
Tore: 1:0 Karlo Jolic (44., Eigentor), 1:1 Karlo Jolic (45.), 2:1 Michael Kokocinski (93., Foulelfmeter)
Schiedsrichter: Michael Schmid (SV Stoffen/Lengenfeld)
Zuschauer: 647
JAH
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