Nitrat-Belastung im Grundwasser: Zügige, gerechte Neuausweisung gefordert
Der Grundwasser-Schutz hat eine herausragende Bedeutung für die gesamte Bevölkerung und die kommenden Generationen.
Vor diesem Hintergrund sei es geradezu fahrlässig, wenn eine Nitratkulisse – besser bekannt als „Rote Gebiete“ – vom Bundeslandwirtschaftsministerium als wirksames Kontroll- und Schutzsystem dargestellt werde. Obwohl es diese Sicherheit nur vorgaukele: Aus Sicht des Bezirksvorsitzenden Michael Hamburger der Arbeitsgemeinschaft für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AG ELF) Oberbayern sei eine einzel-betriebliche Nährstoffbilanz unabdingbar.
Genau diese war das Versprechen, das die damalige Staatssekretärin Rottmann im Vorfeld der Abstimmung über die Allgemeine Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung der bayerischen Agrarministerin Michaela Kaniber gegeben habe und sich damit die Zustimmung Bayerns erkauft habe.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte im Dezember 2022 einen konkreten Antrag zur einzel-betrieblichen Nährstoffbilanz im Bundestag eingereicht. Dieser wurde von der Regierungsmehrheit abgelehnt.
Die jetzige Nitratkulisse basiere ausschließlich auf willkürlich verteilten Grundwasser-Messstellen (das Foto oben zeigt eine), ohne Berücksichtigung der Grundwasser-Fließrichtung, die oft 40 Kilometer und mehr voneinander entfernt seien, so Hamburger in einer heutigen Pressemitteilung.
Aus einem derart dünnen Messstellennetz könne keine fachlich tragfähige Aussage getroffen werden – weder über die Nitrat-Belastung im Grundwasser noch über den Entstehungsort des Nitrats und auch nicht über die Entstehungs-Zeit des Nitrats, so der Bezirksvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Nach der aktuellen Düngeverordnung könnte es im Extremfall so sein, dass ein extensiv wirtschaftender Biobetrieb für 100.000 Euro eine zusätzliche Güllegrube bauen müsse, nur weil 20 Kilometer entfernt vor 20 Jahren ein kommunales Abwasserrohr undicht gewesen sei, sagt er.
Seit geraumer Zeit beschäftige sich die AG ELF Oberbayern mit diesen „Roten Gebieten“ und fordert eine verursacher-gerechte Ausweisung von belasteten Gebieten.
Eine verursacher-gerechte Lösung könne es auf lange Sicht nur geben, wenn die einzel-betrieblichen Düngedaten ausschlaggebend seien, ob ein Landwirt erhöhte Auflagen einhalten müsse oder nicht.
Hamburger: „Wir könnten uns vorstellen, dass eine korrekt ausgewiesene Nitratkulisse zwar weiterhin Anwendung findet, aber dass der einzelne Betrieb sich von den Auflagen befreien lassen kann – sollte er zwar im Roten Gebiet sein, aber einen effizienten Stickstoffeinsatz im Einzelbetrieb nachweisen kann. Die Mehraufwendungen der betroffenen Landwirtinnen und Landwirte in den ‚Roten Gebieten‘ müssen, wie es bereits seit Jahrzehnten in Deutschland in Wasserschutzgebieten gängige Praxis ist, hier natürlich finanziell ausgeglichen werden.“
Die Wetterkapriolen der letzten Wochen haben bei vielen Landwirten bayernweit die Ernte verzögert.
Neben den Qualitätseinbußen komme jetzt das nächste Problem auf die Landwirte zu: Die Düngeverordnung mit ihren starren von Flensburg bis zur Zugspitze gleichen Fristen.
Im August ausgesäte Zweitfrüchte werden düngerechtlich als solche nicht mehr anerkannt, sondern werden zu Zwischenfrüchten. Landwirte ohne tierische Verwertungsmöglichkeit des Zwischenfruchtaufwuchses dürfen diese in „Roten Gebieten“ nicht mehr düngen.
Aber was machen, wenn die Gülleläger voll sind? Bereits im Frühjahr seien die Zeitfenster zur Ausbringung sehr knapp gewesen, so Hamburger.
Für den Grundwasser-Schutz mache es keinen Unterschied, ob der Zwischenfruchtaufwuchs in den Tiermagen oder zum Beispiel für die Biogasanlage verwendet wird. Wichtig sei, dass die vorhandenen Güllemengen sinnvoll ausgebracht und damit im Sinne des Gewässer-Schutzes die Nährstoffe vom Pflanzenaufwuchs effizient genutzt würden, meint Hamburger.
Dies sei seit vielen Jahrzehnten gängige Praxis in Wasserschutzgebieten und die Nichtgrundwassergefährdung von ordentlich durchgeführter Zwischenfruchtdüngung im Herbst seit langem erforscht und wissenschaftlich belegt.
„Auch Gülleeinsatz im Herbst bei der Wintergerste sollte in einem Jahr wie heuer möglich sein, um die Güllegruben vor dem Winter zu leeren und den hochwertigen Wirtschaftsdünger sinnvoll zu nutzen“, so Michael Hamburger.
Hier gebe das Bundesdüngegesetz die Möglichkeit, mittels Härtefall-Genehmigungen den Betroffenen unbürokratisch zu helfen.
Sollten Sie als Landwirt ein entsprechender Härtefall sein,
so stellen Sie einen konkreten Antrag bei der Landesanstalt für Landwirtschaft.
Eine Mustervorlage für den Härtefallantrag ist erhältlich über die E-Mail
agelfobb@mail.de.
Trotz aller Kritik an der Düngeverordnung und der AVV GeA sind diese Regelwerke gegenwärtig gültig und einzuhalten.
Es gebe in ganz Bayern viele Messstellen, die nach der AVV GeA nicht verwendet werden hätten dürfen, sagt Hamburger. Bei diesen Messstellen gebe es bereits Gutachten, welche teils erhebliche Mängel feststellen würden. In diesen nachgewiesenen Fällen müsse die Nitratkulisse unverzüglich korrigiert werden, so seine Forderung.
Hier sei eindeutig der bayerische Umweltminister Glauber gefordert.
„Wir appellieren an die Bayerische Staatsregierung, den Worten nun endlich Taten folgen zu lassen. Die Neuausweisung der ‚Roten Gebiete‘ muss jetzt zügig angegangen werden, damit wir beim verursacher-gerechten Gewässerschutz vorankommen und unsere bayerischen Landwirtinnen und Landwirte nicht über Gebühr belastet werden“, so der AG ELF Bezirksvorsitzende Michael Hamburger.
Foto: Arbeitsgemeinschaft für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten / Michael Hamburger
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