Sanierung der Altstadtmauer dauerte über zwei Jahre - Abschlussveranstaltung am städtischen Friedhof
Das Millionen-Projekt „Sanierung der Wasserburger Stadtmauer“ ist abgeschlossen. Für gestern hatte die Stadt zu einer Abschlussveranstaltung der Sanierungsmaßnahmen geladen. Neben Bürgermeister Michael Kölbl, Zweitem Bürgermeister Werner Gartner und der Dritten Bürgermeisterin Edith Stürmlinger waren auch mehrere Stadträte und Mitglieder der SVerwaltung sowie zahlreiche Anwohner der Altstadtmauer gekommen. Sie begrüßte der Bürgermeister auf dem Friedhofsareal.
Die komplette Stadtmauer habe in den vergangenen Jahren saniert werden müssen. Dabei, so Kölbl, habe man sich mit zwei Problemen auseinandersetzen müssen: Zum einen stehe die Altstadtmauer unter Denkmalsschutz, aber auch der darin wachsende Efeu, der die Stadtmauer Zug um Zug zu zerstören drohte, sei an der Altstadtmauer als Naturdenkmal anzusehen.
Bei den Sanierungsarbeiten sei dann die Stadtmauer an einigen Stellen zusammengebrochen, weshalb eine statische Sanierung notwendig geworden sei.
Da der Efeu in der Altstadtmauer zwar Naturdenkmal sei, andererseits aber die Stadtmauer zerstöre, die ihrerseits unter Denkmalssschutz stehe, war die Lösung nicht einfach. Und man fand sie in den Gabbionen, die nun zwischen den Gräbern am Altstadtfriedhof emporragen und manchen Anwohner irritiert oder auch erbost haben.
Seit Ende März 2021 sei die Altstadtmauer zwischen dem Roten Turm und Neustraße saniert worden und das habe auch zu Einschränkungen für die Anwohner geführt. Bürgermeister Kölbl bedankte sich bei den Anwohnern für die Nachsicht und das Verständnis, das der Baumaßnahme entgegengebracht wurde.
Tief im Boden habe man insgesamt 171 menschliche Schädel gefunden. Aber, so ergänzte später Ulrich Schlitzer von der Firma „Planateam“, es bestehe die Möglichkeit, dass dort noch weitere Schädel lägen. Schlitzer vermutet eine Beinhausumbettung im frühen 18. Jahrhundert, auf einem Schädel habe man die Jahreszahl 1732 gefunden.
Der Efeu in der Altstadtmauer bestehe dort wohl seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Abschließend verwies Schlitzer auf einen Vortrag, den er bei der Volkshochschule Wasserburg am 4. Oktober um 19 Uhr halten werde. Das Thema des Vortrages lautet: „Neuzeitliche Schädeldeponierungen im Wasserburger Altstadtfriedhof – Archäologische und anthropologische Untersuchungen im Zuge der Sanierung der Wasserburger Stadtmauer“.
Das Ende der Mauer wurde nicht entdeckt
Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann ergänzte in ihrem Kurzvortrag, dass die Mauer saniert werden sollte und nicht rekonstruiert. „Die Wasserburger können die Altstadtmauer jetzt wieder gut wahrnehmen“, meinte Herrmann und erläuterte auch die Tatsache, dass man bis zu drei Meter in die Tiefe gegraben habe und ein Ende der Mauer nicht gefunden habe. Eindeutige Erklärungen hierfür gab es nicht, nur mehrere Interpretationsansätze, die darauf hindeuten könnten, dass die Stadt durch Hochwasser eben auch Sandablagerungen zu verarbeiten hatte, was zu diesen Aufschüttungen habe führen können.
Schließlich kam der Landschaftsarchitekt Harald Niederlöhner zu Wort, der die Gabbionen, die auf Verlangen der Denkmalsschutzbehörde errichtet worden seien, „eigentlich ganz gut“ finde und man in zwei Jahren gar nicht mehr darüber sprechen werde, weil dann die Gabbionen eben mit Efeu bewachsen seien. Den Kompromiss zwischen Denkmalsschutz und Naturschutz, wie er hier gefunden worden sei, finde er „gut“.
Die Frage, ob das Naturdenkmal Efeu an der Altstadtmauer auch dann noch ein Naturdenkmal sei, wenn der Efeu nicht mehr an der Mauer ranke, konnte niemand abschließend beantworten. Dass der Efeu aber niemals mehr an der Stadtmauer wachsen solle schon. Im Pflegekatalog beim Bauhof sei aufgenommen worden, dass man zweimal jährlich prüfen solle, ob der Efeu sich der Altstadtmauer nähert und wenn er das tut, soll er vom Bauhof gezielt beschnitten werden, um diesen Bewuchs zu verhindern.
Zum Abschluss gab es ein Canapées und Getränke, bevor die Teilnehmer sich wieder anderen Aufgaben widmeten.
PETER RINK
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Teilweise fast 800 Jahre alt, mächtig, beeindruckend und doch vom Zahn der Zeit angenagt: Die Wasserburger Stadtmauer, die zu den herausragenden Baudenkmälern der Inn-Stadt zählt. Die ersten Maßnahmen der vor zwei Jahren beschlossenen Generalsanierung wurden jetzt im Stadtrat präsentiert.
In den Fokus rückt zuerst der Abschnitt zwischen Friedhofstor und Roten Turm, wie Felix Martin vom Münchner Ingenieurbüro „Kayser und Böttges, Barthel und Maus“ referierte. Dort muss das Mauerwerk, das Fugennetz und der Mörtel dringend ausgebessert werden – und zwar möglichst mit originalgetreuen Baustoffen in dem historischen Bestand angepasster Farbe und Oberfläche.
Teil der Mauer droht zu kippen
Vorrang hat dabei aber das Teilstück zwischen Friedhofstor und Quermauer des Feuerwehr-Hofes. „An dieser Stelle droht die Mauer zu kippen“, berichtete Martin. Denn der untere Teil der Mauer stammt noch aus dem Jahr 1250, errichtet in sogenanntem Fischgrätmauerwerk aus unbehauenen Gletschersteinen vom Inn oder auf Feldern eingesammelten. Im Erdreich verborgen sind die Mauerreste rund 1,7 Meter stark, weiter oben aber nur noch zwischen 50 und 80 Zentimeter – eindeutig zu dünn.
Grund für die Ausdünnung sei wohl in früheren Zeiten der Bedarf gewesen, zwischen Wohnbebauung und Mauer noch mit Fuhrwerken durchzukommen. Heute befinden sich an dieser Stelle seit etwa 100 Jahren Garagen, die Bestandschutz genießen. Eine Verbreiterung zur Häuserseite hin oder Stützmaßnahmen kommen damit nicht in Frage, wie der Stadtrat den Anwohnern zugesteht. Allerdings können die Garagen während der Arbeiten für zwei bis drei Monate nicht genutzt werden-
Deshalb sollen nun auf 25 Metern Länge vier Pfosten (fünf Meter hoch, 30 Zentimeter stark) von der Friedhofsseite zwischen den Gräbern in die Erde gesetzt werden. Quer verbunden werden sie mit zwei zehn Meter langen Stahlrechteckrohren, die insgesamt neun Tonnen Gewicht auf die Waage bringen. Deshalb müssen die Rohre auch mit einem Schwerlastkran vom Feuerwehrhof aus in den Friedhof gehoben werden. Die ganze Konstruktion, die auf dem Prinzip Druck und Zug basiert, wird „möglichst zurückhaltend“, wie Felix Martin versicherte. Träger und Pfosten werden mit etwa zehn Zentimetern Abstand zur Friedhofsmauer aufgestellt und nur punktuell statisch mit dieser verbunden.
Auch das andere Mauerwerk, das im oberen Teil aus dem 15. Jahrhundert stammt, wird dabei saniert. „Der Fugenmörtel wird erneuert, lose Steine neu versetzt, die Mauerkrone befestigt“, erklärte Martin. Besonderes Augenmerk gilt dem dichten Efeubewuchs, der seit dem 19. Jahrhundert dort sprießt. Der Blätterwald schädigte durch Wurzelwachstum das Mauerwerk über die Jahrzehnte und muss zu Gunsten des dauerhaften Erhalts der Stadtmauer davon ferngehalten werden. „Als Ersatz sind mit der Naturschutzbehörde Rankhilfen vor den neuen Pfosten im Friedhofsbereich abgestimmt an denen der Efeu künftig wachsen kann“, so der Ingenieur.
Mit dem Beginn des ersten Sanierungsabschnittes wird im kommenden Frühjahr gestartet werden, denn für die Bauarbeiten sind Temperaturen über fünf Grad erforderlich. Die gesamte Sanierung wird einige Jahre in Anspruch nehmen und rund zwei Millionen Euro kosten, wobei die Stadt mit einem Zuschuss in Höhe von 50 Prozent rechnet.
Leider sind mit Ausnahme dass es sich um ein Millionenprojekt handelte keine abschließenden Zahlen für die Sanierung mitgeteilt worden.
Dass die Gabionen weder einen Ersatz noch einen Ausgleich für das Naturdenkmal Efeu sind dürfte jedem bewusst sein. Meiner Meinung nach hätte man darauf verzichten können, da dadurch das Erscheinungsbild stark verändert wird. Anstelle dieser berankten Gabionen wäre es sinnvoller gewesen, die für die Stabilisierung der Stadtmauer gewählten Betonstützen mit Efeu bewachsen zu lassen. Damit wäre wenigstens diese nicht erfreuliche Konstruktion etwas in den Hintergrund gerückt. Im Übrigen hat mir Herr Scholter vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege dies als mögliche Option zur Verbesserung der Gestaltung dieser Hilfskonstruktion in Aussicht gestellt.
Dass jetzt der Vorschlag der Gabionen vom BLfD kommt finde ich seltsam.
Aber manche Dinge die hier entschieden werden muss man nicht unbedingt verstehen. So ist es auch möglich unmittelbar zwischen denkmalgeschützten Gebäuden einen Streetball-/Baketballplatz mit umlaufenden Käfig zu errichten, anstelle einer alternativen Örtlichkeit die das Erscheinunsbild der Altstadt nicht so sehr beeinträchtigt.
Also, du böser, böser Efeu. Jetzt tust du dann in Zukunft nur entlang der greislichen Gabionen wachsen, gell, sonst gibt´s Haue!
Einfach nur peinlich.
Eigentlich schon ein Wahnsinn, dass für sowas so einen Haufen Geld zum Fenster rausgeschmissen wird. Was man mit dem Geld alles an sinnvolleren Dingen hätte machen können. Beispielsweise Schulen sanieren, Kita-Plätze schaffen, Spielplätze aufwerten…
Lieber versenkt man Millionen in die Erhaltung einer maroden Mauer aus dem Mittelalter. Es ist zwar schön und toll was die Menschen damals gemacht haben, aber wir leben nun mal im hier und jetzt. Aber die Denkmalschützer brauchen halt auch eine Daseinsberechtigung.
Bei der nächsten Sanierung bitte einen Experten mitwirken lassen das nicht wieder so eine Verschandelung stattfindet .
Wenn man den Friedhof betritt hat man das Gefühl man wird erschlagen. Wer hat denn das verursacht. Jeder Bau-Student würde durchfallen .
@Eva: Sie haben Recht: echt peinlich, dieses Gedöhns um den Efeu!
Die Gabionen sind doch ein gut gelungener Kompromiss, um Efeu und Stadtmauer zu erhalten und sie werden auch nicht die Welt gekostet haben.
@ Karl Ranseier: da müsste man halb Wasserburg wegreissen und durch Wohnsilos wie im ehemaligen Fletzinger-Biergarten ersetzen, wenn nichts für Denkmalschutz ausgegeben werden dürfte.
Und @alle, die den Anblick der Gabionen nicht ertragen können bzw. sich erschlagen fühlen: Gehns doch die paar Meter aussen um den Friedhof rum, Sie landen noch früh genug innerhalb dessen Mauern!
Das schreibt doch keiner. Wenn etwas aus vergangener Zeit auch heute noch zu gebrauchen ist und den Menschen dient, dann macht es natürlich Sinn das zu erhalten.
Aber in den alten Steinhaufen (=Stadtmauer) Millionen von Euro zu stecken ist schon ziemlich dämlich. Vor allem wenn für Dinge, die uns heute und morgen nutzen würden, keine Geld da ist.
Was hilft uns eine Stadtmauer, die nach der Sanierung wahrscheinlich neuer als im Jahr der Erbauung strahlt, aber kein Geld z.B. für energetische Sanierungen vorhanden ist. Unsere Kinder und Enkelkinder werden uns für diese Meisterleistung sicher nicht auf die Schulter klopfen.