An allen Schulen jetzt eine „Verfassungs-Viertelstunde" im Unterricht pro Woche
In den bayerischen Schulen soll es künftig eine sogenannte „Verfassungs-Viertelstunde“ pro Woche geben. Das hat Ministerpräsident Markus Söder am gestrigen Donnerstag zum Abschluss der Koalitions-Verhandlungen mit den Freien Wählern bekannt gegeben. In diesen 15 Minuten solle zum Beispiel über eine Textstelle aus dem Grundgesetz oder der bayerischen Verfassung gesprochen werden oder über Werte diskutiert werden. Die Idee habe ihren Ursprung unter anderem im Ergebnis der U18-Wahlen, in der die AfD stark abgeschnitten hatte (wir berichteten).
Diese „Verfassungs-Viertelstunde“ ist eines von 70 neuen Projekten, die im 85-seitigen Koalitionsvertrag stehen, sagte Söder. Er kündigte aus dem Bereich Schulen auch mehr Sport- und Schwimm-Unterricht sowie eine Schwimmbäder-Förderung an.
Zum Foto: Gestern hatte es einen Wechsel an der Spitze des Kultusministeriums in Bayern – ein Minister-Amt der Freien Wähler – gegeben: Michael Piazolo ist nun nicht mehr der Minister, Er wird durch seine bisherige Staatssekretärin, die 41-jährige Anna Stolz, ersetzt.
Was bitte nützt eine „Verfassungs-Viertelstunde“, wenn z.B. die beiden Regierungsparteien in Bayern ihren Wahlkampf hauptsächlich mit Populismus und dem Diffamieren politischer Mitbewerber (Ampel-Bashing, etc.) betreiben?
Was soll jungen Leuten hier im Zusammenhang mit Demokratie vermittelt werden?
z.B., dass Kritik an der Regierung ein (unverzichtbarer) Teil des demokratischen Prozesses ist.
Beim Modewort bzw. Diffamierungsbegriff Populismus darf man ruhig einmal näher den Ursprung eruieren…
Eine Viertelstunde, bis da eine Diskussion starten kann, sind die 15 Minuten gleich vorbei.
Bitte nicht falsch verstehen, ich finde einen Unterricht über unsere Verfassung super und auch richtig und wichtig, aber dafür braucht es schon etwas mehr Zeit als nur eine „Alibi-Viertelstunde“.
Die Priorität der schulischen Bildung sollte doch (leider) erst mal wieder darauf fokussiert werden, dass ALLE junge Menschen nach der Regelschulzeit schreiben, lesen (in der deutschen und englischen Sprache) und rechnen können und so gut beherrschen, dass sie damit in ihrem Leben zurecht kommen.
Gerade das Lesen ist eine Schlüsselkompetenz für jede weitere Bildung.
Dann kann man, wann immer man will, auch das GG lesen.
Dass schulische Bildung noch weitere Inhalte anbieten muss, zB Grundsätze unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, versteht sich doch von selbst.
Aber Ideologie gibt es schon mehr als genug an (Hoch-) Schulen.
Demokratie-Erziehung und politische Bildung gehören unabdingbar in die Schulen.
Ein Blick in die Lehrpläne zeigt auch, dass das definitiv nichts Neues ist.
Eine Viertelstunde pro Woche ist aber sowohl pädagogisch als auch didaktisch völlig ungeeignet.
Besser wären zum Beispiel umfassende Projekte – etwa im Zuge anstehender Wahlen, konkrete Auseinandersetzung mit Inhalten und Themen, die auch in den Medien gerade besprochen werden (Fakten-Check usw.) und die Erfüllung der Fachlehrpläne!
Gerade Geschichte, Sozialkunde, GPG und HSU fordern Lehrkräfte und SchülerInnen genau hierzu auf.
Wie wäre es damit, den Lehrkräften gezielt inhaltliche und praktische Unterstützung an die Hand zu geben, um ihnen die Umsetzung politischer Bildung und Demokratieerziehung zu erleichtern?
Es gibt bereits vielfältige Hinweise und Anlaufstellen auch auf den Seiten des KMs, wie aufklärende und auch präventive Programme organisiert werden können. Fortbildungen in den oben genannten Fächern oder für gesamte Kollegien sind sinnvoll, um die Themen dann auch nachhaltig in den Unterricht zu bringen.
So wie aktuell die Polizei an allen Schulen Fortbildungen für Lehrkräfte und Programme für Kids zum Thema Kinderpornografie durchführt. Das ist gut und sinnvoll organisiert. Aber …
Diese Viertelstunde wird verpuffen, ergebnislos bleiben und im Alltag des Schulwahnsinns auch schnell untergehen.