Gestern in Pfaffing: Sozialforscher stellte Arbeit zur Bevölkerungsprognose vor
Gestern Abend ging es nur um ein Kennenlernen – des Statistikers und Sozialforschers Christian Rindsfüßer, Gründer wie Institutsleiter der SAGS und von Augsburg angereist, um die Erstellung einer Bevölkerungsprognose für Pfaffing vorzustellen. Mit dem Schwerpunkt Kindertagesbetreuung und Grundschule. Schnell wolle er im kommenden Jahr Daten dazu liefern.
Die Tatsache, dass die Anzahl von Kindern in ganz Deutschland seit über drei Jahrzehnten unter dem Wert liegt, der für eine langfristig stabile Bevölkerungs-Entwicklung notwendig wäre, spüren in erster Linie die Kommunen. So auch Pfaffing, das laut Statistiker Rindsfüßer zwei Kinder im Schnitt pro Haushalt brauche, um quasi bestandserhaltend zu sein – Pfaffing habe aber nur 1,78 Kinder pro Haushalt durchschnittlich. Und eine Veränderung sei aktuell nicht in Sicht, denn junge Leute seien ganz allgemein durch die wirtschaftliche Lage im Land und die Krisen der Welt stark verunsichert. Mal ganz abgesehen vom Zufall einer Familien-Planung …
Nur ein Effekt entwickle sich stetig: In allen Kommunen werde die Bevölkerung aufgrund der steigenden Lebenserwartung in Zukunft immer älter – so auch in Pfaffing.
Eine Bevölkerungsprognose sei ein Wegweiser, der hier viele verschiedene Blickwinkel öffne. Das Durchschnittsalter werde sich auch in Pfaffing deutlich erhöhen, die Zahl der älteren Menschen (vor allem die der Hochbetagteren über 80 Jahre) werde ansteigen, jene der Kinder hingegen im Verhältnis stärker abnehmen. Es sei wie eine Welle – nach geburtenstarken Jahrgängen seien bislang immer schwache gekommen wie aktuell in den Jahren 2022 und 2023 und das schlage sich entsprechend auf die Schulen in ein paar Jahren natürlich nieder.
Mit Hilfe der Bevölkerungsprognose könnten nun Vorhersagen über die zukünftigen Entwicklungen konkreter getroffen werden, der Nutzen bestehe entsprechend aus der erhöhten Planbarkeit zukünftiger, demographischer Sachverhalte, wie eben dem Bedarf an Kindergartenplätzen. Man könne grundlegend von gesicherten Tendenzen der Prognosen ausgehen, so der Sozialforscher.
Dass es wiederum aber auch nur Tendenzen blieben, das gab ÜWG-Gemeinderat Tobias Forstner gestern Abend zu bedenken. Schon allein das Thema Migration schlage doch zu Buche gerade auch in den Bereichen Kitas und Schule einer Gemeinde und sei nicht wirklich zu prognostizieren. Begeistert von dem Einwand zur Unberechenbarkeit innerhalb einer Prognose war der Statistiker, der Zahlen über Zahlen und Grafiken über Grafiken zu Pfaffing im Sitzungssaal präsentierte, nicht: „Also ich hab auch keine Glaskugel“, so erwiderte er.
Zwar können geeignete Schätzintervalle den Einfluss des Zufalls vorhersagen, die Güte einer Prognose der Gemeinde-Bevölkerung ergebe sich letztlich aber aus der Entwicklung der Haupteinfluss-Faktoren Geburten, Sterblichkeit und Wanderungen.
Zu Letzterem: Tendenziell erhöht sich das Durchschnittsalter in der Kommune besonders dann, wenn vor allem junge Menschen (18- bis 24-jährige „Bildungswanderer“) auf der Suche nach Bildung und Ausbildung aus der Kommune abwandern. Das gab es zuletzt auch vermehrt in Pfaffing, wie eine Grafik gestern Abend verdeutlichte für diese Altersstufe.
Auf den Trend der Alterung, der sich in den Städten und Gemeinden in vielen Facetten zeigt, sind bislang nur wenige Kommunen vorbereitet, obwohl dieser ja ein radikales Umdenken in der Ausrichtung kommunaler Seniorenpolitik erfordert. Pfaffing will nun diese Entwicklung in mehrerlei Hinsicht rechtzeitig bedenken:
Sehr aktiv ist der Arbeitskreis Generationen (wir berichteten), der in der älteren Bevölkerung eine Fragebogen-Aktion gestartet hatte und mit über 50 Prozent Rücklauf einen enormen Erfolg aktuell verbuchen könne, wie Bürgermeister Josef Niedermeier berichtete.
Um ein Feedback zu der Aktion zu geben, sollen die Bürger auch eigens zu dem Thema eingeladen werden.
Es ging gestern also nicht nur um die Kinder in Pfaffing: Zum einen birgt eine alternde Gesellschaft viele Potenziale, die für die bürgerliche Gesellschaft nutzbar gemacht werden können. Überkommene Altenbilder sind dabei neu zu diskutieren und man muss sich fragen, wie man für die vorhandenen Potenziale wie Zeit, Wissen, Lebenserfahrung einen strukturellen Rahmen schaffen kann, der es möglich macht, diese zu nutzen.
Zum anderen ist es wichtig, sich frühzeitig auf die größer werdende Gruppe älterer Menschen einzustellen, die Hilfs- und Pflegeleistungen benötigen. Welche sozialen Infrastrukturen werden benötigt? Wie kann die Selbstorganisation der älteren Menschen gestärkt werden? Welche Wohnformen können das unterstützen? Welche konkreten Bedarfe gibt es eigentlich in der Kommune? Auch das schwang mit gestern Abend bei der Präsentation zur Erstellung der Bevölkerungsprognose für Pfaffing.
Und letztlich stehe man ja auch vor der Frage, wie das Miteinander der Generationen zukünftig verbessert werden könne. Pfaffing will auch hier bereits jetzt aktiv werden und kommunale Zukunft im Dialog der Generationen neu denken.
Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung kommt
Zurück zu den Kindern und einer Situation, die im Schuljahr ab September 2026 auf alle Kommunen zukommen wird – so auch auf Pfaffing: Stufenweise wird da bundesweit ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter eingeführt, zunächst für die Erstklässler im Schuljahr 2026/27 und weiter bis zum Schuljahr 2029/30 für alle Kinder der ersten bis vierten Klassenstufe.
Damit wird der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr bis zum Ende der Grundschulzeit verlängert. Der Rechtsanspruch ist bundesgesetzlich im Ganztagsförderungsgesetz geregelt.
Die Kommunen sind für die rechtzeitige Bereitstellung und den Betrieb von Ganztagsangeboten im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe verantwortlich. Eine belastbare Bedarfsplanung ist Voraussetzung dafür, passgenaue Angebote schaffen zu können und dabei einen effizienten Einsatz der kommunalen Haushalts- und staatlichen Fördermittel zu gewährleisten.
Kurzum: Es heißt, ausreichend Plätze zu schaffen und Fachkräfte zu gewinnen. Das Dilemma ist, ausreichend Bedarf tatsächlich zu berücksichtigen und vorzuhalten. Bedeutet: Reserve muss eingeplant werden so oder so.
Der Rechtsanspruch sieht einen Betreuungsumfang von acht Stunden an allen fünf Werktagen vor. Also auch am Freitag-Nachmittag. Die Unterrichtszeit wird angerechnet. Der Rechtsanspruch soll zudem auch in den langen Sommer-Ferien gelten – bis auf maximal vier Wochen frei insgesamt.
Um dem allem näher zu kommen in einer Prognose, so Sozialforscher Christian Rindsfüßer, seien zum Beispiel Befragungen der Eltern geplant. Als Beispiel nannte er den Fragebogen für Eltern von Kindern unter drei Jahren. ÜWG-Gemeinderat Tobias Forstner fand es hier auch wichtig, die Frage nach der finanziellen Belastung der Familien zu stellen. Gerade in wirtschaftlich schwieriger Zeit …
In Bayern schwankt die elterliche Zuzahlung zum Beispiel aktuell für einen Krippenplatz zwischen 180 Euro auf dem Land bis 600 Euro in der Stadt München.
Erst am späten Abend endete in der Sitzung dann das Kennenlernen der Experten-Erfahrung zum Erstellen einer Bevölkerungsprognose für Pfaffing.
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