Pfaffing feiert den Kabarettisten Philipp Weber - Plädoyer für die wahre Begegnung im Leben

Man spürt es ab der ersten Minute: Philipp Weber ist gerne auf der Bühne. Der Kabarettist aus dem Odenwald springt, läuft, dreht sich, wandert von rechts nach links und wieder zurück, setzt sich auf einen Stuhl, rutscht vor und zurück und wippt. Temporeich ging es ab im Pfaffinger Gemeindesaal am Samstagabend bei der Kunst in der Filzen. Ja, man durfte lachen – und wie.

Zwei Stunden wie im Fluge. Ein Humorist mit besonderer Inbrunst, der selbst lacht und kichert – und der als Energiebündel geradezu übers Parkett fegt. Er will unterhalten und das gelingt unnachahmlich. Und er will auf diese Weise vor allem das ankurbeln: Das Denken.

Das Pfaffinger Publikum jubelte über Webers Intelligenz-Programm „KI: Künstliche Idioten“ mit dem neuen Homo digitalis im Visier.

Fotos: Renate Drax

 

Über allem diese Frage: Wie verändert sich der Mensch mit der Kultur durch den Fortschritt? Klare Antwort: Stürmisch.

Aber mit Maschinen menschliche Probleme lösen?

Den Besuchern im Pfaffinger Gemeindesaal wurde es von Philipp Weber ganz nahe gebracht, dass der Fortschritt passiert – egal, ob man das gut oder schlecht finden mag. Und Fortschritt sei wichtig, verteufeln dürfe man ihn nicht. Aber mal durch die Lupe anschauen, mal durchleuchten.

Und eins stehe auch fest: Bei was der Mensch der Maschine überlegen sei, das sei und bleibe der Humor, so die Webersche Kabarettisten-Hoffnung.

Dabei sucht sich der studierte Biologe, der schon vor 20 Jahren in Passau das Scharfrichterbeil mit nach Hause in den Odenwald nahm, stets kritische Gegenwarts-Themen aus. Aktuell treibt ihn ganz besonders der Fortschritt um, genauer gesagt dessen elektrische und digitale Auswüchse. „Fünf Webersche Gesetze“ des menschlichen Fortschritts hatte er deshalb nach Pfaffing mitgebracht – sie bilden den roten Faden seines Programms.

Das Publikum war gefordert: Nicht nur im ersten Teil, weil für den zweiten Teil des Abends vom Protagonisten klar angekündigt wurde – im zweiten Teil könne „jederzeit abgefragt werden“. Nein, körperlich wegen des dauernden Lachens und geistig wegen des dauernden Denkens war es nun wirklich kein gewöhnlicher Kabarett-Abend.

„Das Können wird zum Müssen“ – so lautet zum Beispiel „das zweite Webersche Gesetz“. Und an dieser Stelle nur so viel – alles andere würde den Rahmen sprengen: So schnell wird das keiner der Anwesenden in Pfaffing mehr vergessen. Die Lach-Salven inklusive.

Die Superlativen gehen einem fast aus. Raffiniert durchdacht, zielgerichtet pointiert, geistreich – Philipp Weber live eben …

Nebenbei erzählte Weber auch immer wieder von seinem Freund Konrad, ein bekennender Transhumanist. Für den sei Selbstoptimierung das Gebot der Zeit. Man wisse schon, die mit diesen Uhren und Apps am Handgelenk – und den Grünkohl-Smoothies im Bauch.

Oder anders gesagt: Hallo, überwachter Mensch, wach auf! Fortschritt-Zweifel, die wie Blitze durch den Pfaffinger Saal leuchteten und wohl so manchen direkt trafen. Alexa ließ nämlich derweil grüßen vom heimischen Wohnzimmer aus wohl eines so manchen Besuchers.

Ach ja, und bitte fürs Wetter einfach mal im neuen Jahr aus dem Fenster schauen und nicht auf die App.

Man müsse ja nicht wirklich komplett ungeschickt sein, dass für einen die Technik nicht funktioniere. Es werde einem nur immer suggeriert, dass alles so leicht sei, so super easy– nach dem Motto: Folgen Sie nur dem Online-Pfad. Ja, dem Pfad ins Nirwana oder zumindest in die Verzweiflung.

Er sprach aus Erfahrung, der Weber Philipp, und berichtete über Fortschritts-Wahrheiten der Welt, die nicht nur ihn gruseln lassen.

Zwischen den Zeilen stellte er immer wieder die mehr als berechtigte Frage: Sind passwort-gepflasterte Lebens-Wege, hyper-intelligente Häuser oder gar Toiletten der Fortschritt, den wir uns alle gewünscht haben? Früher habe der Fortschritt unseren Träumen gedient. Heute sollte man gut darüber nachdenken, wovon man träumt.

Mit einer Zugabe rund ums Webersche Grillen mit wem – ja klar, dem Weber-Grill – gab’s dann am späten Abend in Pfaffing auch noch diese Botschaft vom Kabarettisten:

Die Kultur habe es nicht leicht, das Theatersterben sei unglaublich und Pfaffing solle es doch bitte besonders hoch schätzen, so eine engagierte Gruppe wie das Team der „Kunst in der Filzen“ zu haben. Und dann zitierte Philipp Weber den Philosophen Martin Buber.

Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Wenn wir aufhören, uns zu begegnen, ist es, als hörten wir auf, zu atmen.