Haushaltsdebatte in Wasserburg: Das sagen die Fraktionsvorsitzenden
Geht noch mehr, geht es schneller? Wieviel denn noch? Beim Schlagabtausch in den Reden zum Haushalt der einzelnen Fraktionen im Wasserburger Stadtrat waren die Meinungen ganz unterschiedlich. Und doch gab es gleiche Impulse, Momentaufnahmen und Ansichten. Dem Dank an den Wasserburger Kämmerer, den Bürgermeister Michael Kölbl aussprach, hingen sich alle Fraktionen gleichermaßen an.
Der Rathauschef blickt ohnehin zuversichtlich in die nächsten Monate. „Herzthemen treffen auf Herausforderungen, aber es wird ein Jahr voller Perspektiven“, heißt es in den Ausführungen des Stadtoberhaupts. Die weltweiten Problemlagen seien auch in Wasserburg spürbar. Von der Energiekrise bis zur Inflation und den Lieferengpässen – alle seien davon betroffen. „Auch die Coronapandemie hat uns noch Auswirkungen beschert“, blickt Michael Kölbl zurück.
Doch selbst wenn die Ausgangslage mit Blick auf den Haushalt 2024 nicht als ideal erkannt werde, seien die Aufgaben der Gegenwart und Zukunft wichtig und auch stemmbar. Kommunale Aufgaben mit Fokus Infrastruktur, Schulen und Kitas sowie die Feuerwehren in der Stadt sowie in Attel-Reitmehring blieben ebenso wichtige Pfeiler wie der Wohnungsbau, die Kultur und das Badria (separater Bericht zum Badria Wirtschaftsplan folgt).
„Wer hätte vor drei bis vier Jahren gedacht, dass wir eine so grundsolide Ausgangslage haben, obwohl so vieles auf uns zukommt?“, betonte Michael Kölbl. Natürlich sehe er die vielen Herausforderungen, und dennoch überwiege die Zuversicht. Das Jahr 2024 sei ein „Jahr des Durchatmens“, „Jahr der vielfältigen Planungen“, „Jahr der Perspektiven“, ist sich das Stadtoberhaupt sicher. Ein solides Wirtschaften und solide Entscheidungen mit Folgenkostenanalyse sei freilich unabdingbar.
Zukunftsfähiges Investieren sei ein großer Wunsch für das Gremium, wurde in den einzelnen Stellungnahmen deutlich. Für den Bürgermeister eine besonders erfreuliche Meldung wert: Das wechselseitige Vertrauen der Fraktionen, der Stadträtinnen und Räte untereinander freue ihn und die Arbeit sei konstruktiv.
Die Haushaltsreden im Wortlaut (es gilt das gesprochene Wort):
Friederike Kayser-Büker (SPD) …
„Wir erleben heute, dass unsere Kinder in der Zukunft mit zunehmenden militärischen
Konflikten, und das vor der Haustüre und einem nicht mehr aufzuhaltenden Klimawandel werden leben müssen“, bringt Friederike Kayser-Büker (SPD) in ihrer Stellungnahme vor. Einen Zusammenhang zur Stadtpolitik und den Notwendigkeiten sieht sie im Vorhalten einer funktionierenden Infrastruktur, weil es Planbarkeit und Sicherheit für die Bevölkerung bedeute.
„Gepflegte öffentliche Räume, Kindergarten und Schule, Kultur, Sport und den ÖPNV gehören mit dazu“, so Kayser-Büker. Mit einem Augenzwinkern, aber nicht weniger stark fordernd, hofft die SPD-Stadträtin, dass in Wasserburg auch der Frauenfußball Fuß fassen werde.
Man könne viel diskutieren, doch etliche Positionen würden keinerlei Diskussion erlauben. Diese seien zukunftsweisend. Dazu gehört nach Auffassung von Kayser-Büker unter anderem die Kläranlage, der Wertstoffhof, die Feuerwehren und auch die Grundschule Am Gries. Einen Seitenhieb in Richtung Landkreis konnte sich Kayser-Büker nicht verkneifen und beschrieb die diesjährige Erhöhung der Kreisumlage, die auch während der Haushaltungsberatungen Thema gewesen seien einen „Elefant im Raum“.
Heike Maas (CSU, Freie Wähler-Wasserburger Block) …
Die Fraktionssprecherin Heike Maas konzentrierte sich in ihrer Stellungnahme auf den „Haufen Geld“, der süffisant gesagt der Stadt vorliegt. „Wir holen seit Jahren raus, was geht, und landen in Summe der Steuereinnahmen landkreisweit auf dem glänzenden Platz fünf hinter Kolbermoor, Bruckmühl, Bad Aibling und Raubling“, betonte Maas.
Dank der erfolgreichen Unternehmen im Stadtgebiet würden Millionen an Gewerbesteuereinnahmen erwartet und damit neben Pflichtaufgaben alle großen und kleinen, sinnvollen und sinnfreien Wünsche erfüllt, monierte die CSU-Politikerin. „Wir nehmen also richtig viel Geld ein und schaffen es trotzdem nicht, für unsere großen Investitionen Mittel anzusparen“, so Maas weiter.
Das Defizit rund um das städtische Museum sowie dem Depot prangert die Fraktionsvorsitzende von CSU/Freie Wähler-Wasserburger Block im Speziellen an. „Wir leisten uns ein Museum nebst Depot. Zieht man die Eintrittsgelder in Höhe von 7.000 Euro (Ansatz pro Jahr) ab, verbleibt ein Defizit von 590.000 Euro. Darin sind für den Depotumzug 150.000 Euro angesetzt“, führt Maas weiter aus. Weitere Punkte in den Ausführungen waren unter anderem die Unterhaltskosten der Parkhäuser, die allgemeine Finanzwirtschaft und die Entwicklung von Kosten bei etlichen Themen, auch für das Badria. „Absolute Priorität haben die Pflichtaufgaben“, forderte Maas.
Für den Fraktionssprecher von Bündnis 90 / Die Grünen gab es heuer mehr positive Erinnerungen und Ausblicke, als negative Aufreger. So lobte er die Entwicklung in Bezug auf Radwege und Service-Themen für alle Radler sowie Nutzer des ÖPNV.
„Selbst bei einem Verwaltungshaushalt von über 49 Millionen Euro und einem Vermögenshaushalt über 8 Millionen Euro können gar nicht so viele Mittel hin und hergeschoben werden, wie man meinen möchte. Den Mammutanteil im Verwaltungshaushalt machen unabwendbare Fixkosten aus, der Vermögenshaushalt samt Investitionsplan wird dominiert von Großprojekten, an denen kein Weg vorbeiführt, über die grundsätzlich Einigkeit besteht und die auch schon mehrfach aufgezählt wurden“, zeigt sich Christian Stadler einig mit etlichen Stadtratskolleginnen und -kollegen.
Erfreut zeigte sich der erfahrene Grünen-Stadtrat, dass für das schon länger gesetzte Ziel der Fahrradfreundlichen Kommune nun endlich auch Mittel für das im zweiten Anlauf beschlossene Radverkehrskonzept vorgesehen seien. Gelder für erste Infrastrukturmaßnahmen im Radwegenetz stünden ebenfalls zur Verfügung. „Damit müssen wir also nicht warten, bis das Konzept fix und fertig ist“, so Stadler. Neben weiteren Maßnahmen zur Energiewende sei seiner Fraktion auch die Umsetzung, Entwicklung und Nutzung von integrativen Spielplätzen im Stadtgebiet wichtig. Als Vorzeige-Beispiel nannte Christian Stadler das Spielplatzprojekt am Holzhofweg.
Edith Stürmlinger (Bürgerforum, Freie Wähler Reitmehring, ÖDP) …
Die Kulturreferentin der Stadt Wasserburg wird nicht müde, die Werbetrommel für Kultur und Sport zu drehen. Auch in ihrer Stellungnahme als Vertreterin für den Fraktionssprecher Norbert Buortesch, der krankheitsbedingt nicht anwesend war, wurden beide Themen mit viel Wertigkeit platziert. Es sei wichtig, dringend erforderliche Sportstätten zu bauen. „Auch das sind in unseren Augen Pflichtaufgaben und nicht nur Wunschkonzert“, räumte Stürmlinger ein.
Investieren für die Jugend sei Investieren in die Zukunft, spricht sich die gut vernetzte Stadträtin für unermüdliches Entwickeln aus. „Wasserburg gibt tatsächlich schon sehr viel Geld für Kultur aus, aber ein Großteil unseres Kultur-Etats geht in die Bewahrung unserer Geschichte. Wir leisten uns ein hervorragend geführtes Archiv, ein Heimatmuseum und dazu jetzt endlich auch das dringend notwendige Depot zur Bewahrung unserer Kultur aber auch zum Vorzeigen unserer Vergangenheit“, betont Stürmlinger. Trotz dieser wichtigen Aufgaben müsse die Stadt aufpassen, dass noch genug finanzielle Mittel für Gegenwart und Zukunft blieben.
Neben Theater, bildender Kunst, Rathauskonzerten, Bachchor, Volksmusikabenden, Stadtkapellenkonzerten, Heimatverein und vielem mehr, brauche es Platz für Kultur. „Wasserburg braucht in unseren Augen dringend einen bleibenden Veranstaltungsraum oder besser ein Kulturzentrum für das, was nicht „nur“ die jüngere Generation braucht. Diese Art von Kultur passt nicht in den historischen Rathaussaal, der sowieso schon so gut wie ausgebucht ist mit Veranstaltungen“, fordert Stürmlinger.
Einstimmigkeit beim Beschluss
Bürgermeister Michael Kölbl lobte die Fraktionssprecher für die eingehaltene Redezeit und die vielfältig dargestellten Themen. Das anwesende Stadtratsgremium stimmte einstimmig für den Beschluss der Haushaltssatzung. (wir berichteten)
Hinterlassen Sie einen Kommentar