Ausstellung des AK 68 mit Werken von Adidal Abou-Chamat im Ganserhaus eröffnet
Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater Syrer. Aufgewachsen ist sie in Deutschland und Saudi-Arabien. Ihr ganzes Leben sei, so sagt sie es im Interview mit der Wasserburger Stimme, vom Gegensatz und der Gemeinsamkeit von Kulturen und Identitäten geprägt. Und dieses Geprägtsein bestimme eben auch ihre Kunst: Da gehe es um das Fremd-Sein, aber auch um politische Gegensätze. So habe sie sich immer gegen das alawitische Regime in Syrien ausgesprochen, habe, obwohl sie gar nicht religiös sei, in Deutschland häufiger islamophobe Verhaltensweisen erfahren und habe während ihres Lebens immer wieder gesehen, dass Gewalt erhebliche Auswirkungen auf die Psyche habe.
Obwohl sie in Deutschland aufgewachsen sei und sie heute kaum arabisch spreche, habe sie Deutschland immer wieder als kalt in den Herzen erfahren. Ganz anders in Syrien, wo sie sich, obwohl sie die Sprache nur schlecht beherrscht, immer auch daheim gefühlt habe.
Adidal Abou-Chamat macht diese Zerrissenheit in ihren Installationen und Fotografien, die sie in Wasserburg ausstellt, sehr deutlich. Man fühlt sich an Raymonda Tawil erinnert, die Schwiegermutter von Jassir Arafat, die einmal ein Buch mit dem Titel schrieb: „Mein Gefängnis hat viele Mauern.“ So ist es auch hier. Die arabisch- und deutschstämmige Künstlerin ist auf der Suche nach der Identität und stößt immer wieder auf Paradoxien, wenn sie daran erinnert, dass Kolonialismus zu sehr viel Gewalt geführt habe und die Kolonialisten auch versucht hätten, den Einwohnern Afrikas ihre Kultur zu oktroyieren.
Eine lesbische Atheistin in einer religiös und heterosexuell geprägten Welt, mit ihren ausgestellten Kunstwerken will sie diese Zerrissenheit des Menschen in einer zerrrissenen Welt deutlich machen. Deshalb arbeite Adidal Abou-Chamat auch heute als Kunst- und Traumatherapeutin, denn die Traumata, die die Zerrissenheit nach sich zögen, seien vielfältig und zahlreich.
Doch dann verweist sie auf das Künstlergespräch am 17. März im Ganserhaus um 15 Uhr. Da möchte Adidal Abou-Chamat über ihre Geschichte sprechen, und da spielt die innere Zerrissenheit auch der Familien eine bedeutende Rolle. Adidal Abou-Chamat verweist auf ein Bild mit Wasserpfeifen und erläutert hierzu: Die Wasserpfeife stehe für die arabische Kultur. Bei einer Wasserpfeife und einem Glas Tee könne man friedlich und friedfertig miteinander plaudern, aber auch einen Krieg vorbereiten.
Und so stoßen in dieser Ausstellung viele Aspekte unserer Lebenswirklichkeit aufeinander: Kolonialismus und Antikolonialismus, Fiktionen und Realitäten, Anpassung und Widerstand, Subversivität und Affirmativität. Alles hat mit allem zu tun und ist mit allem verwoben.
Im zweiten Obergeschoss stellt die Wasserburger Nachwuchskünstlerin Josefine Pytlik Arbeiten von sich aus. Sie hat sich unter anderem mit den verschiedenen Ausdrucksformen von Kugeln beschäftigt. Man könne aus Kugeln sehr viel fertigen, auch Gesichter. Gesichter, die einen Kussmund haben, aber auch manche andere Ausdrucksform der Kugel sind in der kleinen Ausstellung von Josefine Pytliks Werken zu sehen. In einer Videoprädentation kann man ein Interview sehen, das Ingolf Hatz mit Josefine Pytlik in der Akademie der Bildenden Künste in München geführt hat.
Und im ersten Obergeschoss präsentierte Gülcan Turna ihre Performance zum Thema „Patik und Zyklon (Fantasie)“.
Die Ausstellung von Adidal Abou-Chamat im Ganserhaus in der Schmidzeile ist sehenswert. Die von ihr präsentierten Fotografien und Installationen dokumentieren den für unsere Tage so aktuellen Zusammenprall von Kulturen sehr eindringlich und regen intensiv zum Nachdenken an.
Die Ausstellung kann noch bis zum Sonntag, 31. März, angesehen werden, und zwar immer donnerstag, freitags, samstags und sonntags von 13 bis 18 Uhr.
Am Sonntag, 17. März, um 15 Uhr findet das bereits erwähnte Künstlergespräch mit Adidal Abou-Chamat statt. Parallel wird Gülcan Turna eine weitere Performance zeigen mit dem Thema „Stuhlgang schauen“.
PETER RINK
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