Bekanntes Streichquartett bot Werke der Romantik und der Klassik
1988 wurde das in Köln angesiedelte Streichquartett „Minguet-Quartett“ gegründet. Heute ist dieses Ensemble international sehr gefragt und gastiert in zahlreichen großen Konzertsälen. Der Namenspatron der Gruppe, Pablo Minguet, war ein spanischer Philosoph im 18. Jahrhundert. Er bemühte sich in seinen Schriften darum, dem breiten Volk Zugang zu den Schönen Künsten zu verschaffen: „Das Minguet Quartett fühlt sich dieser Idee auf seinen Konzertreisen mehr denn je verpflichtet“, so lesen wir es auf der Publikation des Minguet-Quartetts. Am Wochenende gastierte diese Gruppe in Wasserburg und gestaltete das erste Rathauskonzert 2024.
Annette Reisinger und Ulrich Isfort an der Violine, Aida-Carmen Soanea mit der Viola (Bratsche) sowie Matthias Diener am Cello präsentierten zuerst das „Scherzo für Streichquartett“ (in D-Dur) von Arnold Schönberg, das dieser 1897 komponiert hatte. Schönberg gilt ja als die zentrale Gestalt der „Zweiten Wiener Schule“, die später auch „Wiener atonale Schule“ genannt wurde. Das Streben Schönbergs, die Tonalität in ihrer spätromantischen Erscheinungsform konsequent zu Ende zu denken“, konnte das Publikum im nahezu vollbesetzten Rathaussaal gut nachempfinden. Das Quartett spielte dieses Scherzo mit größter Hingabe und höchstem Einfühlungsvermögen, wenngleich nicht alle Zuhörer zu dieser Musik Arnold Schönbergs ihren unmittelbaren Zugang gefunden haben dürften.
Im Anschluss daran bot das Quartett „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ von Gustav Mahler. Gustav Mahler hatte 1901 das Gedicht von Friedrich Rückert mit dem gleichen Titel vertont und man hat seinerzeit über Mahler gesagt, „dass er das Lied 1901 wie nebenbei in die Kompositionsarbeit der Sommerferienmonate hineingenommen und über die ungemein erfüllte und gehaltene Art“ gesagt habe: Das ist Empfindung bis in die Lippen hinauf, die sie aber nicht übertritt!“. Das Minguet-Quartett bot auch dieses Lied mit großem Einfühlungsvermögen dar, der lang anhaltende Applaus des Publikums machte deutlich, dass die Darbietung auch als sehr gelungen empfunden wurde.
Schließlich entbot das Quartett noch Beethovens „Heiliger Dreigesang“ aus dem Streichquartett Nr. 15 in a-moll (op. 132). Eigentlich heißt dieser Satz „Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit, in der lydischen Tonart. Molto adagio – neue Kraft fühlend.“ Beethoven hatte dieses Werk 1825, also knapp zwei Jahre vor seinem Tode, geschrieben. Und man kann aus der Musik recht gut herauslesen, wie es dem Komponisten beim Abfassen dieses Stückes bereits gegangen sein dürfte. Das Quartett führt auch den „Heiligen Dreigesang“ mit großer Präzision für die Komposition durch. Annette Reisinger und Ulrich Isfort an der Violine, Aida-Carmen Soanea mit der Bratsche und Matthias Diener am Cello vermochten das Publikum auch mit diesem Stück zu faszinieren.
Nach der Pause wurde das Ensemble durch den Cellisten Jens-Peter Maintz verstärkt und wurde auf diese Weise zum Quintett.
Jens-Peter Maintz spielt mit einem Cello von Giovanni Grancino aus dem Jahre 1697. Er lehrt seit 2004 als Professor an der Universität der Künste Berlin und seit 2017 zudem an der Escuela Superior de Musica Reina Sofia in Madrid. Bereits seine vorherige Solokarriere brachte ihn mit zahlreichen berühmten Dirigenten zusammen und er musiziert weltweit mit mehreren international bekannten Orchestern.
Zunächst wurde Gustav Mahlers „Urlicht“ präsentiert, dass die Violinistin Annette Reisinger für dieses Streichquintett bearbeitet hat. Als Gustav Mahler für seine zweite Sinfonie auf das Gedicht „Urlicht“ zurückgriff, hatte er es bereits für Singstimme und Klavier angelegt und als Orchesterlied. Damit trat er nicht nur in die Fußstapfen seiner berühmten Kollegen sondern läutete auch eine neue Ära in der sinfonischen Musik ein. Denn „Urlicht“ greift zurück auf die Gedichtsammlung „Des Knaben Wunderhorn“. 1805 veröffentlichten Clemens Brentano und Achim von Arnim den ersten Band von „Des Knaben Wunderhorn“, einer Gedichtsammlung altdeutscher Volkslieder. Die beiden Schriftsteller waren Anfang 30 und gehörten damit zur jungen Generation der Romantiker.
Gustav Mahler vollendete das Gedicht „Urlicht“ zu einer Komposition, die den romantischen Charakter ebenso zu verdeutlichen wusste wie die musikalische Vielfalt, die in diesem Stücke steckt.
Das Quintett bot dieses Werk dar in einer höchst überzeugenden Weise, wobei sich Jens-Peter Maintz’ Spiel wunderbar in die Klangfülle des Minguet-Quartetts einzufügen wusste und gleichzeitig auch zu brillieren verstand.
Und zum Abschluss kam Franz Schubert mit seinem Streichquintett in C-Dur auf die Bühne. Und hier wurden all jene versöhnt, die mehr Kompositionen der Wiener Klassik hätten hören wollen. Denn das Ensemble entbot dieses Streichquintett abermals mit höchster Überzeugung. Im vierten Satz, dem Rondo der klassischen Symphonie, überzeugten die fünf Streicher durch eine Beschwingtheit im Strich, die auch den letzten möglichen Zweifler zur Begeisterung riefen.
Auch hier überzeugten Annette Reisinger und Ulrich Isfort durch gekonntes, virtuos vorgetragenes Violinspiel, das einen wirklich zu begeistern wusste. Aida-Carmen Soanea, die sich bereits als eine charismatische und vielseitige Bratschistin ihrer Generation im solistischen wie im kammermusikalischen Fach durchgesetzt hat, stellte diese Fähigkeiten auch an diesem Abend mehr als deutlich unter Beweis. Matthias Diener vermochte es dem Zusammenspiel des Quartetts und Quintetts eine gelungene, wichtige getragene Basis zu verschaffen und Jens-Peter Maintz beeindruckte durch seine Cellopräsentation auf ganz besondere Weise.
Dass dieses außergewöhnliche Ensemble in Wasserburg in diesem sehr schönen Rathaussaal gastierte, dürfte schon etwas Besonderes gewesen sein für Wasserburg. Und so darf man hoffen, dass auch Anke Hellmann als neue Kulturreferentin eine ebenso glückliche Hand bei der Auswahl der Ensembles für die Rathauskonzerte haben werde wie ihr Vorgänger.
Das nächste Rathauskonzert findet am Freitag, 19. April 2024 um 20 Uhr statt. Es wird ein Festival der ARD-Preisträger geben und es werden Werke von Mozart, Saint-Saëns, Haydn, Goosens und Farrenc gespielt werden.
PETER RINK
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