Mit Dr. Evelyn Pechinger-Theuerkauf aus Rott, der neuen Kreisheimatpflegerin
Dr. Evelyn Pechinger-Theuerkauf aus Rott (Foto) ist seit Januar 2023 die neue, ehrenamtliche Kreisheimatpflegerin für den nördlichen Landkreis Rosenheim. Sie ist hier für insgesamt 19 Gemeinden von Soyen im Norden bis nach Stephanskirchen und Schechen im Süden und bis Höslwang im Südosten zuständig. Die Wasserburger Stimme wollte von ihr wissen, wie sie denn zu dieser Aufgabe überhaupt gekommen sei und hat Dr. Evelyn Pechinger-Theuerkauf in Rott getroffen …
Die promovierte Kunsthistorikerin lebt seit 20 Jahren in der Region, war zuerst in Wasserburg zu Hause und ist dann 2005, nachdem sie zwischenzeitlich in Schloss Hart bei Edling gewohnt hatte, nach Rott am Inn gezogen. Und hier treffen wir sie vor der ehemaligen Klosterkirche. Sie berichtet von ihrem Wirken am Haus der Bayerischen Geschichte und ergänzt, dass sie seit 2019 nicht mehr am Haus der Bayerischen Geschichte beschäftigt sei.
Wir stehen vor der katholischen Pfarrkirche St. Marinus und Anianus in Rott am Inn – Kirchenpfleger Georg Dünstl kommt hinzu, der gleich von Ignaz Günther spricht, der hier in der Rotter Kirche – die im 18. Jahrhundert im Stile des Rokoko auf Grundmauern einer Kirche aus dem 11. Jahrhundert errichtet wurde – mehrere Altäre mit seinen Arbeiten ausgestattet hat. Zu Ignaz Günther kommen wir später noch genauer …
Wir dürfen auf die Empore gehen, wo hinter einer reflektierenden Glasscheibe eine umfangreiche, österreichisch-schlesische Krippe aufgebaut ist – siehe Foto unten – die an neapolitanische Krippen erinnert.
Es sei schade, dass diese Krippe hier so im Verborgenen stehen müsse, so Dr. Evelyn Pechinger-Theuerkauf . Und da sind wir bei den Aufgaben einer Kreisheimatpflegerin …
Evelyn Pechinger-Theuerkauf erläutert, dass ihre Aufgabe eine rein ehrenamtliche sei, dass sie zwar die Ehrenamtspauschale erhalte und sie die ihr entstehenden Kosten abrechnen könne, aber eben nicht mehr.
Ob man diese Position in eine feste Beschäftigung umwandeln sollte, wollen wir von ihr wissen und da ist sie verhalten in ihrer Antwort. Eigentlich wolle sie das, aber unter den Kreisheimatpflegern sei das umstritten. Es gebe nicht wenige, die die Struktur des Ehrenamtes beibehalten wollten. Dabei, so betont sie, würde eine abhängige Beschäftigung die Bedeutung der Aufgabe steigern, sie besäße dann zum Beispiel einen Dienstausweis und könnte ihrer Aufgabe eine größere Bedeutung verleihen und würde die gesamte Aufgabe der Kreisheimatpflege auf eine stabilere Basis stellen.
Wie groß ist der zeitliche Aufwand für die Kreisheimatpflege?
Sie reserviere dafür zwei Tage pro Woche, sagt Evelyn Pechinger-Theuerkauf – aber das sei immer zu wenig. Und dann fängt sie an zu erzählen. Sie berichtet von einem Projekt, Sagen der Region aufzuarbeiten und vielleicht dann in einem Buch herauszugeben. Es gebe in der Region zahlreiche Geschichten, die für Sagen und Legenden taugten, die müsse man aber systematisch aufarbeiten. Dabei erinnert sie an den Ortsteil Sunkenroth (Gemeinde Vogtareuth) und erzählt von der Sage, die sich um diesen Ortsnamen rankt.
Was sind ihre Ziele mit der Position der Kreisheimatpflegerin?
Es gebe im Landkreis drei Kreisheimatpfleger, einen für den nordöstlichen Landkreis, einen für die Region rund um Prien und einen für die Region rund um Bad Aibling. Daneben gebe es noch einen Kreisheimatpfleger für den Bereich Baudenkmalpflege. Gerade der Bereich Baudenkmalpflege sei ihr sehr wichtig, hier bekomme sie aber leider so gut wie keine Informationen. Sie bedauere diese Aufteilung in der Kreisheimatpflege, die dazu führe, dass sie gerade in den Bereich Baudenkmalpflege nicht besser eingebunden sei.
Für die 19 Gemeinden, für deren Heimatpflege sie zuständig ist, wolle sie ein Netzwerk aufbauen, damit diese 19 Gemeinden eine Anlaufstelle für Fragen der Heimatpflege hätten. Dabei denkt sie auch an die Familienforschung, wo sie sich in der Rolle einer Koordinatorin sehen könnte. Gleichzeitig betont sie, dass solche ehrgeizigen Maßnahmen im Ehrenamt wohl kaum zu bewältigen seien.
Schließlich fragen wir noch, wie die Amtsübergabe vor einem Jahr funktioniert habe und da erfahren wir, dass ihre Vorgängerin sie überhaupt nicht in ihre Aufgabe eingewiesen habe und dass ihr Vorvorgänger sich immerhin zwei Stunden Zeit genommen habe, sie mit den Aufgaben ein wenig vertraut zu machen.
Und dann spricht sie noch zwei Projekte an, die sie gerne umsetzen würde:
Im Jahr 2025 jährt sich der 300. Geburtstag des über Bayern und Europa hinaus bekannten Rokoko Bildhauers Ignaz Günther, der insbesondere im Altlandkreis Wasserburg einige Kirchen ausgestattet hat. Hier sind seine Werke überwiegend noch in den Kirchen zu sehen, für die sie geschaffen wurden. Das 300. Geburtstagsjahr dieses Ausnahmekünstlers soll mit verschiedenen Angeboten gefeiert werden.
Das andere Projekt ist der übrigens zweifachen Hundebesitzerin – einer davon ein zertifizierter Spürhund – ebenfalls ein wichtiges Anliegen:
Evelyn Pechinger-Theuerkauf schwebe ein Forschungsprojekt vor, bei dem Hunde frühzeitig Schadorganismen identifizieren könnten, so dass Gefährdungen für Denkmäler aus Holz zeitiger als bisher möglich, erkannt und dann ohne großen Einsatz von toxischen Chemikalien bekämpft werden könnten.
Hierzu müsste man Hunde dahingehend ausbilden, dass sie Holzwurmeier und -larven identifizieren könnten, damit man sie in einer möglichst frühen Phase unschädlich machen und so einen wichtigen Beitrag zum konservatorischen Erhalt der Denkmäler liefern könne.
Schließlich bedankt sich Evelyn Pechinger-Theuerkauf insbesondere beim scheidenden Kulturreferenten des Landkreises Rosenheim, Christoph Maier-Gehring, ausdrücklich für dessen stete Unterstützung ebenso wie beim Wasserburger Stadtarchivar, Matthias Haupt. Beide Herren hätten ihr in ihrer neuen Aufgabe intensiv geholfen.
Es bleibt also noch sehr viel zu tun für die neue Kreisheimatpflegerin. In vier Jahren, so lange geht die Amtszeit der Kreisheimatpflegerin, wird man wissen, an welchen Stellen Fortschritte in der Kreisheimatpflege möglich sein werden.
Peter Rink
Ein paar weitere Impressionen aus der Rotter Kirche, von der Kardinal Reinhard Marx einmal sagte, es sei eine der schönsten Rokoko-Kirchen der Welt …
Danke für den Bericht, Herr Rink!