Vorschläge eines Betroffenen zur besseren Integration Gehörloser und Schwerhöriger

Im März ist alle Jahre traditionell der „Welttag des Hörens“. Für Menschen mit Hör-Beeinträchtigungen ist gelingende Kommunikation und barrierefreies Hören die Voraussetzung zur gesellschaftlichen Teilhabe. Zu diesem Thema fand im Landratsamt Rosenheim der Vortag „Barrierefreies Hören“ statt (wir berichteten). Thomas Pistor wohnt seit zwei Jahren in Wasserburg; seit seinem vierten Lebensjahr ist er hochgradig an Taubheit grenzend schwerhörig. Die Redaktion der Wasserburger Stimme hat mit ihm über die Schwierigkeiten im Alltag und Lösungsvorschläge gesprochen.

Thomas Pistor geht gerne ins Kino. Als im Jahr 1999 der Film „Titanic“ lief, gab es noch keine Kinofilme mit Untertitel. Er setzte sich dafür ein, dass sich das änderte (siehe Bild unten). Als Resultat kam in seinem Stammkino dann alle vier Wochen ein Film mit Untertitel. Besonderen Wert legte Pistor darauf, dass es sich um aktuelle Filme handelte, denn „sonst kann man nicht mitreden“. Dies sei generell bei allen Informationen wichtig. „Wenn ein Hörgeschädigter keine Informationen bekommt, kennt er sich nicht aus, hat keine Kenntnisse und kann nicht mitreden“, führt Pistor aus. Und diese Unwissenheit führe schnell in die Einsamkeit. Auch sei es ein großer Unterschied, wann man sein Gehör verloren hat, bereits als Kleinkind oder Erwachsener.

In Wasserburg gebe es seiner Meinung nach für Gehörlose einiges zu verbessern. Sehr schön wäre es, wenn die Kino- und auch Open-Air-Kinoveranstaltungen mit Untertitel laufen würden. Es sei schade, dass man als Hörgeschädigter oft nicht an solchen Veranstaltungen teilnehmen könne, obwohl man dies gerne möchte. „Früher bin ich mit den hörenden Freunden ins Kino gegangen, davor habe ich immer die Kurzfassung auf dem Werbeplakat gelesen, damit ich wenigstens Bescheid wusste, worum es ging“, berichtet Thomas Pistor. Als „Schlüsselerlebnis“ beschreibt er den Film „Vom Winde verweht“ mit einer Dauer von drei Stunden. Damals sei er in der Filmpause nach Hause gegangen, weil er vom Inhalt des Films nichts mitbekommen habe. Seitdem ist er nur noch ins Kino gegangen, wenn es mit Untertitel war. Seiner Meinung nach bewahrheitet sich hier der Satz von Immanuel Kant „…nicht hören können heißt, die Menschen von den Menschen zu trennen“.

Pistor hat im vergangenen Jahr das erste Mal „Wasserburg leuchtet“ besucht, einem dort in der Ledererzeile gezeigten Film konnte er nicht folgen, weil dieser ohne Untertitel gezeigt wurde.

Ein weiterer Wunsch wäre, dass beispielsweise das Frühlingsfest der Senioren oder öffentliche Veranstaltungen mit Gebärdendolmetscher stattfinden könnten. Es sei auch gesetzlich vorgegeben, dass öffentliche Veranstalter sowie soziale Einrichtungen uneingeschränkt Gebärdendolmetscher zur Verfügung stellen müssen.  Alternativ auch via Schriftdolmetscher über Handy oder mit Beamerleinwand und Untertitel, bei öffentlichen Vorträgen mit Induktionsschleifen. Bei kirchlichen Veranstaltungen wäre es sowohl mit einem Gebärdendolmetscher als auch mit Induktionsschleife wünschenswert.

Auch in Museen könnte man viel für Hörgeschädigte  machen, es gebe mittlerweile Audio-Guides, natürlich sei dies mit hohen Kosten verbunden. „Das wäre nicht nur für uns Hörgeschädigte in beziehungsweise mit Gebärdensprache interessant, sondern auch im Interesse für hörende Besucher mit umfangreichen Informationen.

Thomas Pistor war schon immer Vorreiter in Belangen, die das Leben für Hörgeschädigte etwas einfacher machen. Am Herzen liegen würde ihm die Wiedereinführung des Gebärdenstammtischs in Wasserburg, der sich jeden Monat treffen könnte. „Ich hätte hierzu schon viele Ideen“. Außerdem wäre es toll, wenn Angebote in oder mit Gebärdensprache bei Volkshochschulkursen aufgenommen werden könnten. Hier liege die Schwierigkeit darin, geeignete Dozenten zu finden.

Der bekennende Fußballfan freut sich schon sehr auf die Europameisterschaft im Sommer und hofft, „dass die Spiele beim Public Viewing barrierefrei mit Untertitel übertragen werden“. Dies getrau nach seinem Motto: „Die zwischenmenschliche Kommunikation ist das wichtigste Glied am Leben mit Teilhaben und Zusammenleben“.

TANJA GEIDOBLER