„Wir konnten Kollegen und Kolleginnen überzeugen zu bleiben, die bereits überlegt hatten, den Pflegeberuf zu verlassen“

PR – Maria Gschwendtner und Melinda Bernhardt-Lakner haben sich bei der Fortbildung zur Stationsleitung bei RoMed besser kennengelernt und im Rahmen ihrer gemeinsamen Projektarbeit ein komplexes Thema angepackt, das Kliniken in Zeiten des Fachkräftemangels stark beschäftigt: Starre Dienstmodelle bei Früh-, Spät- und Nachtdienst, die keinen Spielraum lassen, auch mal später anzufangen oder zwischendurch zu unterstützen. Viele Pflegekräfte die wollen, können auf diese Weise nicht oder nur eingeschränkt in ihrem Beruf arbeiten. Auf familiäre Rahmenbedingungen nimmt das Arbeitszeitmodell bislang zu wenig Rücksicht. Wir haben die beiden gefragt, warum sie für ihr Modell-Projekt zur Dienstzeit-Flexibilisierung an der RoMed-Klinik Wasserburg den Frühdienst ausgewählt haben, welche Reaktionen es gab, und wie sich der neue Ansatz bewährt:

Maria, das klassische Dreischicht-Modell kommt derzeit an seine Grenzen. Für Euer Modellprojekt hattet Ihr entsprechend drei Ansatzpunkte, den Früh-, Spät-, oder Nachtdienst. Weshalb habt Ihr Euch für den Frühdienst entschieden? Und für welche Stationen habt Ihr den sogenannten „Flexi-Dienst“ ausgerollt?

Maria: Das Projekt umfasste erst einmal unsere beiden Bereiche, also bei mir Gynäkologie, Geburtshilfe und Neugeborenen-Station und bei Melinda die Innere mit der Kardiologie. Zu Beginn wussten wir nur aufgrund von Zurufen, der Bedarf nach mehr Arbeitszeitflexibilität ist da. Aber wir mussten erst mal klären, welche Personengruppen tatsächlich welche Bedarfe haben und über welchen Dienst wir am meisten KollegInnen zurück in den Arbeitsablauf holen können. Nach einer Befragung stellte sich heraus, dass im Frühdienst am meisten Potenzial besteht. Interessant war die Idee besonders für Eltern, die morgens einfach erst starten können, wenn die Kinder im Kindergarten oder in der Schule abgegeben sind. Oder für diejenigen, die nach der Elternzeit nur mit einem reduzierten Zeitrahmen einsteigen können.

Melinda, wie muss man sich die Versorgung der Patienten und Patientinnen vorstellen, wenn der bisherige Frühdienst, von 6 bis 14.12 Uhr mit seinen 7,7 Stunden nun flexibilisiert ist? Wie funktioniert das zum Beispiel morgens, nach dem Aufwachen der Patienten?

Melinda: Praktisch funktioniert das in meinem Bereich so, dass zwei Pflegekräfte um sechs Uhr mit den Basistätigkeiten starten und die dritte Kraft kommt zur Unterstützung der komplexeren Aufgaben später mit einem verkürzten Dienst hinzu. Natürlich mussten wir damit auch die Taktung von Aufgaben anpassen. Was vorher von drei Personen parallel verrichtet wurde, wird jetzt stellenweise nacheinander umgesetzt. Die Aufgaben haben wir dabei passend für die verschiedenen Bereiche so angeordnet, dass sie gut ineinandergreifen und dass die Patienten bestens versorgt sind.

Welche Art von Erleichterung birgt das für Eure Teams? Hat das einen spürbaren Effekt?

Maria: Dazu muss man wissen, wo wir gestartet sind. Früher hatten wir phasenweise Mühe, Frühdienste überhaupt mit drei Personen zu besetzen. Kollegen mussten diese Mehrbelastung dann tragen, was zu viel Frust und Krankheitsausfällen geführt und die Situation weiter verschärft hat. Das konnten wir nun grundlegend verändern. Mit unserem Ansatz haben wir aber nicht nur KollegInnen wieder zurück in die Pflege geholt, die aufgrund familiärer Verpflichtungen, nicht um sechs Uhr morgens starten konnten. Weil es sich herumgesprochen hat, haben wir auf einmal viel mehr Bewerbungen erhalten. In meinem Bereich sogar von Kinderkrankenschwestern, die so rar gesät sind.

Als Ihr mit der Idee angetreten seid, waren Eure KollegInnen direkt begeistert? Oder gab es auch Wiederstände, beispielsweise wegen der neuen Arbeitsabläufe?

Melinda: Neben Unterstützung für die Idee gab es natürlich auch Zweifel. Wir mussten durchaus Überzeugungsarbeit leisten und argumentieren, warum sich die Mehrbelastung der zwei Kräfte zum Dienstbeginn für das ganze Team langfristig auszahlt. Am deutlichsten ist das für das Team, wenn kurzfristig Krankheitsausfälle aufgefangen werden müssen. Durch die Flexi-Kräfte haben wir jetzt insgesamt mehr Personal an Bord und schneller jemanden an der Hand, der einspringen kann.

Maria: Auch die neuen Flexi-Kräfte waren zunächst etwas skeptisch, ob sie ihr Pensum mit einer verkürzten Dienstzeit überhaupt schaffen können. Dadurch, dass wir die Tätigkeiten jedoch so gelegt hatten, dass die um sechs Uhr startenden Hilfskräfte vorher beispielsweise schon waschen und Vitalzeichen messen, haben sich auch diese Sorgen in Luft aufgelöst.

Und was sagen Eure Teams heute zu dem neuen Modell?

Maria: Die Akzeptanz in den Teams liegt heute nahezu bei 100 Prozent. Einfach, weil wir unser gemeinsames Ziel, die PatientInnen bestmöglich zu versorgen, wieder auf mehreren Schultern verteilen können. Die KollegInnen können endlich wieder Überstunden abbauen und werden nicht mehr so oft aus der Freizeit geholt, um einzuspringen. Dadurch konnten wir sogar einige KollegInnen überzeugen zu bleiben, die bereits überlegt hatten, den Pflegeberuf aufzugeben.

Melinda: Ein weiterer spannender Effekt ergibt sich daraus, dass wir KollegInnen, die familienbedingt nur Nachts- oder am Wochenende arbeiten konnten, jetzt Dienste unter der Woche anbieten können. Dadurch treffen sie wieder viel mehr Kollegen und Kolleginnen, bekommen Abläufe in der Klinik mit, wie Besprechungen, Visiten und Untersuchungen, und fühlen sich dadurch wieder stärker dem Team zugehörig. Das freut uns total.

Und haben die Flexi-Dienste an der RoMed Klinik Wasserburg Zukunft? Werden auch weitere Stationen das Modell übernehmen?

Maria: Aktuell ist geplant, dass auch die bettenführenden Stationen das Modell einführen. Manche sind offen dafür, andere haben noch Zweifel. Und das ist bei einigen Fachabteilungen durchaus verständlich. Beispielsweise wenn es um geplante OP-Fahrten geht, die morgens einfach funktionieren müssen. Da ist es zum Teil nicht so einfach, die dritte Kraft erst später einzusetzen. Aber auch hierfür gibt es Lösungen, die derzeit im Gespräch sind.

Man kann also sagen, ihr habt richtig etwas in Bewegung gesetzt.

Melinda: Ja definitiv. Nicht nur wir in Wasserburg, RoMed insgesamt bemüht sich stark um mehr Flexibilität in den Dienstzeitmodellen. Deshalb bekommen wir ja auch den Spielraum, um so etwas auszuprobieren. Wir haben auf jeden Fall viel gelernt und können unsere Erfahrung jetzt an Teams weitergeben, die dem Vorbild folgen möchten.

Danke, Maria und Melinda

 

 

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Über RoMed:

RoMed stellt die medizinische Versorgung der Region sicher und ist rund um die Uhr für Menschen da, stationär und ambulant. Mit aktuell rund 4.000 Mitarbeitenden zählt RoMed zu den größten Arbeitgebern des Landkreises. Zum RoMed-Verbund gehören das Klinikum Rosenheim, die Kliniken Bad Aibling, Prien am Chiemsee und Wasserburg sowie das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) am Standort Rosenheim mit insgesamt 22 Facharztpraxen. Gemeinsam versorgt der Verbund rund 160.000 PatientInnen pro Jahr. Mit insgesamt sechs RoMed-eigenen Berufsfachschulen sowie in der Zusammenarbeit mit der TH Rosenheim bietet RoMed die Möglichkeit für eine fundierte und ortsnahe Ausbildung. Zudem sind die Kliniken universitäre Lehrkrankenhäuser der LMU und der TU München.

Foto: Maria Geschwendtner, Stellvertretende Bereichsleitung, Gynäkologie und Geburtshilfe sowie der Neugeborenen-Station an der RoMed Klinik Wasserburg (links) und Melinda Bernhardt-Lakner, Stellvertretende Stationsleitung, Innere und Kardiologie an der RoMed Klinik Wasserburg.Foto Berger