Hermann Straßgütl backt nicht mehr – Versorgung geht weiter

Es ist eine Hiobsbotschaft, die viele nicht verwundern wird: Die Traditionsbäckerei Straßgütl aus Reitmehring schließt die Bäckerei. Die Semmeln, Gebäck, das Brot – zukünftig werden die Straßgütl-Filialen von einem Kollegen beliefert. Fest steht: Die Versorgung geht somit in allen Läden, darunter am Bahnhof in Reitmehring sowie am Kirchplatz in Wasserburg, weiter. Doch die Produktion am Hauptstandort in Reitmehring wird eingestellt.

Ende einer Ära

Im Gespräch mit der Wasserburger Stimme erzählt der Bäcker, dass er den Betrieb im Jahr 2002 übernommen hatte, als sein Vater verstarb. Zuvor war er bereits Teil des Straßgütl-Bäcker-Teams: 1985 kam er in den elterlichen Betrieb und stand gerne selbst in der Backstube. Über die Jahre hinweg wurde das Unternehmen größer, zu besten Zeiten waren 13 Leute beschäftigt. Auch Lehrlinge durchliefen die Ausbildung im Bäckerhandwerk bei Hermann Straßgütl. Nun ist alles aus.

Viele Gründe für den Schluss-Strich

Leicht fiel ihm die Entscheidung nicht, ist im Gespräch zu merken. Seit Jahren stand er auch Sonn- und feiertags ständig selbst in der Backstube. Den eigenen Urlaub zum Erholen stellte er hintenan. Für seine Mitarbeiter war es ebenfalls oft anstrengend im Joballtag. Einige waren gesundheitlich angeschlagen, ein treuer Kollege verstarb, andere kündigten, weil die Arbeitszeiten nicht mehr mit dem Familienleben zu arrangieren sei.

Schritt für Schritt zum Stillstand

„Die Produktion habe ich bereits runtergefahren. Wir haben noch einige selbst hergestellte Tiefkühl-Teiglinge, die wir noch ausgeben. Danach werden wir beliefert. Ich finde keine Leute mehr, die als Bäcker arbeiten möchten“, heißt es von Straßgütl traurig. „Es geht einfach nimmer, mir selbst geht die Kraft aus und ich muss mehr auf meine eigene Gesundheit schauen. Mir wird es auch zu viel nach so vielen anstrengenden Jahren“, gibt der Bäcker zu bedenken.

Seine verbliebenen Kollegen, die durch die Betriebsaufgabe den Job verlieren, konnte er an andere Betriebe empfehlen. „Wehmut begleitet mich schon, der Betrieb war mein täglicher Begleiter. Es war mein Leben“.

Die Belieferungen übernahm er einige Wochen alleine, denn das Team reduzierte sich quasi wöchentlich. Auch zwei seiner Transporter sind schon abgegeben. Mit einem allein kann er zukünftig seine Filialen gut beliefern. Es war eine ergreifende Entwicklung, doch nun kommt ein notwendiger Umbruch. Nach der Übernahme des elterlichen Betriebs hatte er die Produktion verachtfacht.

Es müsse sich etwas tun, sonst sterbe das Bäckerhandwerk aus, ist sich Straßgütl sicher.

Seit Jahren gebe es einen erschreckenden Trend: Niemand möchte mehr Bäcker lernen, die Arbeitsmoral hätte sich auch enorm verschlechtert. „Ich war regelmäßig um Lehrlinge bemüht, bin zu Berufsfindungstagen an die Schulen gegangen. Aber nichts, keiner wollte Bäcker-Azubi werden“. Es komme ihm so vor, als wäre der Beruf des Bäckers geächtet. „Das gleiche ist doch bei den Metzgern auch“, findet Straßgütl. Die Versorgung sei essentiell, doch woher das Produkt komme, dass es hierfür Menschen brauche, werde zur Nebensache.

Im weiteren Gespräch wird der langjährige Bäcker aus Reitmehring deutlich und sagt: „Wenn ich Kinder hätte, könnte ich ihnen auch nicht mehr empfehlen, Bäcker zu lernen. Das ist irgendwie traurig, dass ich das so klarstellen muss, aber es bleibt einfach Realität“.

Läden bleiben geöffnet

Eine Produktion in seinem eigenen Betrieb wird es nicht mehr geben. Auch bei der Innung habe er die Betriebsaufgabe der Bäckerei zum Monatsende schon gemeldet. „Wo bleibt das Ehrgefühl für dieses wichtige Handwerk“, fragt sich Hermann Straßgütl oft. Und doch ist erkennbar, dass er in gewisser Weise auch erleichtert ist. Denn, jetzt kann er wieder stärker auf seine eigene Gesundheit schauen. „Auch wenn es immer eine Freude war, für die Region zu backen“, zeigt sich Hermann Straßgütl ergriffen. Dass die Versorgung der Umgebung durch seine Läden weitergeht, freue ihn. „Ich hoffe, dass sich das auch bewährt“.