Vom „Leben am Chiemsee“: Fotoausstellung im Bauernhausmuseum Amerang eröffnet
Der Gemüsestand der Gärtnerei Geyer stand neben dem Stadtturm an der Frauenkirche in Wasserburg – wie diese Fotografie zeigt. Der Fotograf Nikolai Molodovsky (1899 – 1986) hat solche Momente in Bildern festgehalten. Das Bauernhausmuseum in Amerang präsentiert seine schönsten Fotografien rund um „Das Leben am Chiemsee“ jetzt in der Furthmühle.
Die Ausstellung ist – wie berichtet – bis zum Saisonende am 3. November zu sehen.
„Die Auswahl aus seinem großen Nachlass ist nicht einfach gewesen“, sagt die Museums-Leiterin Claudia Richartz. „Molodovsky hat nicht nur die Schönheit der Natur rund um das bayerische Meer festgehalten. Der Chiemsee war von jeher ein begehrtes Ziel für Einheimische und Sommerfrischler. Die Fotos zeigen die Tourismus-Geschichte unserer Region ebenso wie Milieu-Studien aus den Orten rund um den Chiemsee. Das wird bei unseren Besuchern viele Erinnerungen wecken.“
Es ist nicht nur der VW-Käfer, der im Chiemsee von seinem stolzen Besitzer gewaschen wird oder es sind nicht nur die Menschen auf dem Campingplatz, die ihren Urlaub in Oberbayern genießen. Molodovsky hat auch den Alltag fest-gehalten und das Leben der Menschen in den Wirtschafts-Wunderjahren eindrucksvoll mit seinen Fotografien dokumentiert.
Etwa die Trachtlerin in ihrem schweren Gewand, die sich in großer Hitze ein erfrischendes Bier gönnt oder den Buben in den Gassen von Wasserburg, der allein Spaß beim Ballspielen hat.
Molodovsky zeigte Momentaufnahmen von Volksfesten, wie etwa das Rosenheimer Herbstfest. Besonders gefiel ihm die wachsende Zahl der Freizeit-Aktivitäten: Fahrende Autos, Ausflugsschiffe und Segelboote oder den Wintersport auf dem Chiemsee …
Sehenswert ist sein Blick auf den Wandel in der Landwirtschaft, etwa das Bild der Bäuerin, die am Rande der damals modernen Autobahn ihre Sense dengelt. Oder das stimmungsvolle Foto einer Fronleichnamsprozession auf dem Land. Eindrucksvoll dokumentiert wurden auch die Sicherungsarbeiten einer Felswand an der Deutschen Alpenstraße, an der ein Arbeiter mit einem Stock nach losen Brocken sucht.
Unvergessen auch der strenge Winter im Jahr 1962/1963, als der Chiemsee so zugefroren war und die Autos über das dicke Eis auf die Fraueninsel fuhren.
„Wer also in Erinnerungen schwelgen und in eine Zeitreise in die Freizeitaktivitäten der 1960er/70er Jahre machen möchte, sollte sich diese Fotografien nicht entgehen lassen“, so Claudia Richartz.
Nikolai Molodovsky wurde 1899 in Pinsk (damals Russisches Kaiserreich, heute Belarus) geboren. Er studierte ab 1916 in St. Petersburg Volkswirtschaft, emigrierte später über Finnland und Berlin nach Paris. Dort lernte er seine spätere Frau, die Malerin Doris Keetmann kennen. 1933 zog das Ehepaar nach Prien am Chiemsee, wo-hin die Künstlerfamilie Keetmann aus dem Rheinland umgesiedelt war.
Inspiriert von seinem Schwager, dem Fotografen Peter Keetmann, fing Nikolai Molodovsky zu fotografieren an. Zu Beginn seiner Laufbahn gründete er in den 1950er Jahren den Molo-Verlag für den Vertrieb von Ansichtskarten und nahm Aufträge für Kunst- und Kulturführer in Ober- und Niederbayern an, die in Büchern und zahlreichen Broschüren veröffentlicht sind.
Nach seinem Tod übergab seine Frau Doris im Jahr 2003 sein Fotoarchiv der Marktgemeinde Prien. Schließlich erwarb die Bayerische Staatsbibliothek 2022 von den Erben das komplette Fotoarchiv Nikolai Molodovskys mit rund 48.000 Schwarz-weiß-Negativen, 6.000 farbigen Diapositiven und 15.000 hochwertigen Abzügen.
Museums-Leiterin Dr. Claudia Richartz in der Furthmühle des Bauernhausmuseums Amerang. Sein Auto im Chiemsee waschen – unmöglich, oder? Genau das hat es früher aber gegeben. Ebenso Urlauber auf Campingstühlen, die am Rande der Autobahn Rosenheim – Salzburg die Autokolonnen beobachteten. Was für ein Urlaubsvergnügen in den 60er Jahren …
Foto: BHM Amerang / Rosi Raab
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